Pfr. Martin Dubberke
Die Auferstehung Jesu Christi - Kirchenfenster der Johanneskirche zu Partenkirchen | Bild: Martin Dubberke

Frohe Ostern

Ich liege und schlafe und erwache; denn der HERR hält mich.
Psalm 3,6

Als Jesus auferstanden war früh am ersten Tag der Woche, erschien er zuerst Maria Magdalena, von der er sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Und sie ging hin und verkündete es denen, die mit ihm gewesen waren, die da Leid trugen und weinten.
Markus 16,9-10

Die Menschen gehen auf ihrem Weg zum Ostergottesdienst in der Johanneskirche an meinem Pfarrhaus, an meinem Fenster vorüber. Die Sonne scheint. Es ist schönstes Osterwetter. Ein Ostersonntag wie er im Buche steht. Die Glocken haben schon einmal geläutet und ich höre aus der Kirche den Chor bis zu mir ins Zimmer. Eigentlich würde ich jetzt gleich mit allen gemeinsam Gottesdienst feiern, die Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus, dieses wunderbare, einmalige Wunder und zugleich Geschenk. Gemeinsam das Ja zum Leben zu feiern, ist etwas ganz Besonderes, insbesondere in diesen Zeiten. Aber heute hält an meiner Stelle eine Kollegin den Gottesdienst, weil es mich noch einmal erwischt hat. Der Virus hatte wohl noch einmal Sehnsucht nach mir. Es ist ein komisches Gefühl, in diesen besonderen Tagen keine Gottesdienste feiern zu können. Mir fehlt etwas.

Meine Jungs verstecken während des Gottesdienstes noch im großen Pfarrgarten Ostereier für die Kinder und jetzt stehen sie in unserer Hütte und warten darauf, dass die Gottesdienstbesucher alle aus der Johanneskirche kommen und noch einen Kaffee trinken. Auch darauf habe ich mich gefreut. In Ruhe nach einem Ostergottesdienst wieder mit meiner Gemeinde einen Kaffee trinken zu können, die Kinder mit Ihrer Ostereierausbeute zu beglückwünschen, mir von ihnen anzuhören, wo die raffiniertesten Verstecke waren.

All das ist in diesem Jahr anders. Kann es nicht einfach wieder ein ganz normales Ostern geben, wie ich es von früher kenne?? Seitdem ich hier in Garmisch-Partenkirchen Pfarrer bin, hat es kein normales Osterfest gegeben. Einmal ausgefallen wegen Corona, weil die Gottesdienste verboten waren, einmal mit gebremstem Schaum, weil es Zugangsbeschränkungen gab, und dann begann der Krieg. Wieder ein überschattetes Ostern – und heute? Heute bin ich stiller Beobachter von meinem Fenster aus, trinke von hier oben meinen Kaffee und bin versucht, von meinem Fenster aus einen Segen zu spenden. Wenigstens etwas, wenn ich schon nicht mit meiner Gemeinde feiern kann.

Aber wisst Ihr, das, worauf es ankommt, ist etwas anderes: Jesus ist Christus ist auferstanden. Der Herr ist wahrhaftig auferstanden.

Das ist das Einzige, was zählt. Und es ist das, was uns alle miteinander verbindet, die wir daran glauben. Und aus diesem Glauben ziehen wir die Kraft für unser Leben. Gott hat uns Menschen einen Neuanfang geschenkt. Er hat uns die Möglichkeit eröffnet, immer wieder neu anzufangen. Und Ostern erinnert uns daran, dass Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist.

Aber das mit den Sünden ist so eine Sache. Er hat einfach mal vor rund zweitausend Jahren reinen Tisch gemacht. Doch das bedeutet nicht, dass keine neue Sünde in unser Leben gekommen ist. Ganz im Gegenteil. So verrückt es ist, aber Ostern erinnert mich auch ein wenig an ein Überraschungsei. Das Ei ist ja das Symbol für das neue Leben. Ostern ist ja ein wenig wie eine Geburt. Was hat ein neugeborenes Kind schon ausgefressen? Es kann niemanden umgebracht haben, keinen Krieg angezettelt haben, kann auch noch nicht die Umwelt zerstört haben. So ein neugeborenes Kind ist wie ein Wunder. Es bringt alle zum Lächeln. Ihr müsst mal darauf achten, was geschieht, wenn plötzlich junge Eltern mit einem Baby in den Raum kommen. Alle verändern sich. Sie werden alle mit einem Mal so freundlich, so liebevoll, so neugierig, so aufmerksam. Sie sind eigentlich immer alle ganz verzückt von so einem Kind, nicht nur, weil es niedlich aussieht, sondern einen selbst auch daran erinnert, dass man auch einmal so ein kleiner Wurm mit allen Chancen gewesen ist.

Aber ich möchte noch einmal auf das Überraschungsei zurückkommen. So ein Überraschungsei macht neugierig. Es ist glänzend verpackt und sieht in seiner Form vollkommen aus. Das neue Leben macht eben neugierig. Tja, und dann packe ich das neue Leben an und begebe mich auf den Weg. Sprich, ich packe das Überraschungsei aus. Tja, und, was machst Du als erstes, wenn Du es ausgepackt hast? Brichst Du es auf? Na, sicherlich. Und was machst Du dann? – Ach, Du naschst schon mal ein Stückchen von der Schokolade. Tja, und schon hast Du Deine Unschuld verloren. Die Schokolade steht nämlich für die Versuchung, die es natürlich im neuen Leben nach wie vor gibt. So schaut’s aus. Das neue Leben ist nicht ohne Versuchungen. Das neue Leben ist nicht ohne Sünde. Und ich lasse mich schneller versuchen, als es mir manchmal vielleicht bewusst ist. Und dann kommt noch etwas hinzu: Die Versuchung lenkt mich erst einmal vom Kern ab, dem Eigentlichen, nämlich der Überraschung, die das neue Leben für mich bereithält.

Gut, der Vergleich mit dem Überraschungsei mag vielleicht nicht in jeder Beziehung aufgehen und wohl auch theologisch fragwürdig sein. Aber, er macht deutlich, dass wir im neuen Leben auf der Hut sein müssen, dass wir ein Wertesystem brauchen, an dem wir uns orientieren können, um nicht gleich bei der ersten Versuchung schwach zu werden. Wir brauchen mehr denn je Werte, um zu erkennen, wo uns jemand über den Tisch ziehen möchte, wo uns jemand verführen möchte. Es braucht die christlichen Werte, um zu erkennen, was uns Menschen eine gemeinsame Zukunft ermöglich. Und es braucht diese Werte, um zu erkennen, was die Sünde ist. Und Sünde können wir erst erkennen, wenn wir die Frage beantwortet haben, nach welchen konkreten Richtlinien wir grundsätzlich miteinander leben wollen. Aus meiner Sicht sind die christlichen Werte der beste Weg. Ich weiß, dass das heute nicht so beliebt ist. Aber an die Stelle christlicher Werte tritt heute mehr und mehr etwas, das sich Political Correctness nennt. An die Stelle christlicher Werte treten heute wieder mehr und mehr Ismen und Ideologien. Ich erlebe mehr und mehr in unserer Zeit etwas, was mich erschreckt und an eine moderne Form der Inquisition samt Bücherverbrennung erinnert. Ich erlebe, dass manche Partei, manche gesellschaftliche Bewegung moralisierender, vorschreibender und belehrender ist, als man es allen Kirchen gemeinsam vorwirft. Auch hier muss man genau aufpassen, was Schokolade ist.

Ich glaube, dass es kein Zufall ist, dass der Auferstandene zuerst Maria Magdalena begegnet ist, der er sieben Dämonen ausgetrieben hat. Sie wusste, was es bedeutet, wenn der Dämon von einem geht und ein wirklich neues, ein um ein vielfaches erleichtertes Leben beginnt. Sie wird damit zu einem Symbol des österlichen Lebens, das uns allen geschenkt worden ist.

Und damit komme ich zu den Menschen, die nur an der Überraschung interessiert sind. Sie legen die Schokolade zur Seite, weil sie daran nicht interessiert sind, sie ihnen nicht schmeckt, zu süß oder zu schleimig ist. Ja, die meisten Versuchungen kommen einem eben schleimig entgegen.

Also, die Botschaft von Ostern ist eigentlich sehr einfach: Das neue Leben ist nicht ohne Versuchungen, aber dank Jesus Christus können wir die Versuchungen erkennen und uns auf das Eigentliche konzentrieren: Das neue Leben, das Gemeinschaft, Gerechtigkeit, Freiheit und nicht zuletzt Frieden schafft und ist.

Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!

Und so wünsche ich Euch allen frohe und gesegnete Ostern.

Pfarrer Martin Dubberke, Gedanken zu Ostern, Losung und Lehrtext vom Ostersonntag, 9. April 2023

Pfr. Martin Dubberke
Pfr. Martin Dubberke

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