Der Herr, der König Israels, ist bei dir, dass du dich vor keinem Unheil mehr fürchten musst.
Zefanja 3,15Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.
2. Timotheus 1,7
Irgendwie geht mir gerade ein Begriff durch den Kopf, die „German Angst“, diese diffuse Angst, die man uns Deutschen nachsagt. Ebenso muss ich daran denken, dass man mit Angst Menschen auch sehr gut lenken kann. Es gibt in unserem Land eine politische Richtung, die sehr gut versteht, mit dem Schüren von Ängsten politisch Kapital zu schlagen. Und es gibt die vielen persönlichen Ängste und Befürchtungen. Da gibt es die ganz reale Angst, ob ich noch morgen meine Wohnung bezahlen kann. Immer wieder kommen Menschen zu mir ins Pfarramt, weil sie die Sorge haben, ihre Wohnung zu verlieren, keine neue zu finden, die sie bezahlen können, weil bei uns ja die Mieten so hoch geworden sind, so dass sie Angst haben, in den Loisachauen zu landen. Das ist das Obdachlosenasyl in unserem Ort. Aber das sind nicht die einzigen Ängste und Befürchtungen. Es gibt noch viele mehr. Jede Angst ist auch eine persönliche Angst, die viel über meine Lebenssituation aussagt und zugleich auch über mich selbst.
Und so gehen wir in unserem Leben vielen Dingen aus dem Weg, versuchen sie zu vermeiden, weil wir eine unangenehme Begegnung fürchten. Wir sprechen Dinge nicht an, weil wir fürchten, dass es uns schaden könnte oder das Gegenüber unsere Ängste nicht ernstnimmt. Wie viele Liebesbeziehungen sind nicht zustande gekommen, weil einer die Furcht vor einem Korb oder einem Scheitern hatte?
Furcht verbaut uns im Leben viele Chancen. Und genau davor möchte Gott uns bewahren. An keiner Stelle und in keiner Situation unseres Lebens sind wir wirklich allein, weil Gott immer an unserer Seite ist. Das mögen heute vielleicht viele Menschen nicht mehr glauben, weil sie sich das einfach nicht vorstellen können. Dafür vertrauen sie lieber der KI, also der künstlichen Intelligenz, die ihnen das Beantworten von Emails oder das Schreiben von Hausaufgaben erleichtert. Aber sie können es sich nicht mehr vorstellen, dass es da einen Gott gibt, der über allem ist. Ja, viele verstehen auch die Sprache der Bibel und der Kirche nicht mehr, so wie sie auch nicht verstehen, wie KI funktioniert. Aber das ist ein anderes Thema.
Da fällt mir gleich noch etwas anderes ein. Es gibt ja auch so eine Richtung, die sagt, dass man positiv denken sollte. Hierbei handelt es sich um eine Methode, mit der ein Mensch sein Denken konstant positiv beeinflussen soll, bis er eine dauerhaft konstruktive und optimistische Grundhaltung in seinem Leben erreicht hat und so eine höhere Lebensqualität und Zufriedenheit erzielt. Das ist ja auch gar nicht verkehrt, aber wer ist der Erfinder des positiven Denkens?
Yepp! Es ist der liebe Gott. Und der hat uns nicht nur versprochen, an unserer Seite zu stehen, was ja grundsätzlich immer positiv ist, sondern der hat uns auch noch den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben. Das ist doch großartig! Da ist alles drin, was wir brauchen. Ja, wir brauchen jeden Tag Kraft, um mit dem umgehen zu können, was uns tagtäglich begegnet. Ja, die aktuelle Weltlage zieht Kraft an Geist und Seele. Ja, Konflikte am Arbeitsplatz ziehen Kraft. Krankheiten ziehen Kraft. Aber wir haben eine Kraftquelle, nämlich den Heiligen Geist. Und ich kann diese Kraft spüren, wenn ich mich darauf einlasse, wenn ich zur Ruhe komme, wenn ich bete.
Ja, und Gott hat uns den Geist der Liebe gegeben. Wer diesen Geist in sich wirken lässt, wird erkennen, wie sich die Welt, die Menschen um einen herum verändern, weil ich ihnen mit Liebe begegne und nicht mit Vorurteilen, denn die Vorurteile sind nur ein Symptom meiner Ängste.
Und mir scheint, dass der wichtigste und hilfreichste Geist, den uns Gott gegeben hat, die Besonnenheit ist. O, Gott, wie unbesonnen handeln wir doch oft, so als wäre die Brechstange das beste Mittel der Wahl. Aber es ist die Besonnenheit, die uns zum Ziel bringt. Ein schönes Wort. Ich liebe dieses Wort, auch weil es so schön altmodisch ist. Besonnen bedeutet, dass ich über eine Sache, eine Entscheidung nachgesinnt habe. Über eine Entscheidung nachzusinnen, ist weit mehr, als nur über eine Sache nachzudenken, weil hier nämlich auch meine Sinne ins Spiel kommen. Besonnenheit ist nämlich keine reine Rationalität, sondern viel mehr. Und für mich ganz persönlich bedeutet Besonnenheit, dass ich auch Gott in meine Entscheidungen hineinnehme, mit ihm ins Gespräch komme. Und ich glaube, dass die Kraft des Heiligen Geistes, die Kraft der Liebe und der Besonnenheit der beste Schutz vor Angst und damit auch vor Manipulation durch Angst sind.
Pfarrer Martin Dubberke, Gedanken zu Losung & Lehrtext vom 18. April 2023