Pfr. Martin Dubberke
Palmsonntag | Bild: Martin Dubberke

Leben in der Gemeinschaft mit Christus

Liebe Geschwister, was bedeutet es, in der Gemeinschaft mit Christus zu leben? Die Antwort auf diese Frage, ist die Antwort auf die Frage nach dem Frieden in der Welt.

Bedeutet das Leben in der Gemeinschaft mit Christus, dass man einander verleugnet, falsch Zeugnis ablegt, eigene Interessen durchsetzt, Menschen und Anlässe instrumentalisiert, durch Propaganda manipuliert? Bedeutet das, andere Menschen fertig zu machen, weil es um den eigenen Willen, die eigene Macht geht und die eigene Veränderungsunfähigkeit?

Im „Hosanna“ aus Jesus Christ Superstar haben wir es gerade gehört. Das Volk ist begeistert, es ruft laut und schwungvoll das Hosanna. Es ist wie eine Welle der Begeisterung. Jesus zieht in Jerusalem ein. Die Menschen sind außer Rand und Band. Er zieht als bescheidener Befreier auf einem Eselsfüllen ein. Kein Streitwagen, kein Panzer, keine Staatskarosse. Die Menschen hoffen, dass sie mit ihm einen neuen König bekommen. Die Menschen hoffen geradezu auf ein Wunder, als er da mit seinen Jüngern in Jesusalem einzieht. Sie hoffen und wünschen sich, dass sich ihre Lebenssituation verbessert, sie vielleicht von der römischen Besatzungsmacht befreit werden, König Herodes abgesetzt wird. Sie rufen freuden- und erwartungsvoll Hosanna – Hilf doch! Hilf bitte! Das Hosanna ist kein Freudenruf, sondern ein Hilferuf. Und Andrew Lloyd Webber erfasst mit seiner Musik genau das, was wir alle mit dem Hosanna-Ruf verbinden: Freudige Erwartung auf die Rettung durch Jesus.

Doch zwischen all diese Hoffnung auf Erlösung, auf Veränderung mischt sich der Sound, die Stimme der Veränderungsunwilligen, derer, die an ihrem Althergebrachten, ihrem so war es immer und es darf deshalb nicht anders werden kleben, ja gerade boshaft in ihm gefangen sind. Kaiphas bringt diesen dröhnenden Misston in die ganze Hoffnung der Menschen hinein:

Sag dem Pöbel, er solle still sein;
Wir rechnen mit einem Aufruhr.
Diese gewöhnliche Menschenmenge
ist viel zu laut.
Sag es dem Mob, der dein Lied singt.
Dass sie Narren sind und sich irren.
Sie sind ein Fluch, sie sollten sich zerstreuen.

Hier hören wir schon, was in den nächsten Tagen geschehen wird, was Kaiphas und seine Mitstreiter bewegen wollen und bewegen werden.

Doch am Ende werden sie den Prozess der Veränderung durch Jesus Christus nicht aufhalten können. Palmsonntag ist der Beginn der Veränderung. Auch wenn Kaiphas sich dem mit seinen Mitstreitern auf den ersten Blick erfolgreich entgegenstellen konnte, so hat er die befreiende Wirkung durch Jesus Christus nicht aufhalten können, ja am Ende durch den gewaltsamen Tod Jesu Christi am Kreuz sogar verstärkt, ja regelrecht potenziert.

Am Palmsonntag schrien die Menschen noch zu Jesus „Hilf doch! Hilf bitte!“ und wenige Tage später skandierten sie „Kreuzige ihn!“

Was war geschehen? Die Menge wollte die Veränderung, aber das Gift der Propaganda, der Manipulation durch Kaiphas und seine willigen Helfershelfer wirkte. Veränderung bedeutet ja nicht, dass wie auf Knopfdruck alles neu, alles toll ist, sondern Veränderung bedeutet, einen Prozess zu durchlaufen, in dem ich selbst Teil der Veränderung bin. Ein Prozess, in dem ich mich selbst auch bewegen muss, ein Prozess, in dem auch ich mit meinen Überzeugungen, meinen Einstellungen, meinen Gewohnheiten in Frage gestellt werde, ein Prozess, in dem ich auch manches loslassen muss, von manchem Abschied nehmen muss. Das ist nicht immer leicht, sondern auch ein Leidensprozess, also eine Passionszeit. Ich erlebe das gerade am eigenen Leib, weil wir in unserer Gemeinde vieles anders machen werden müssen, weil wir in unserer Gemeinde Kirchen schließen werden, was nicht allen gefällt.

Wir können aber auch außerhalb von Kirche das Leiden erkennen und erfahren. Ich nenne nur zwei Aspekte: Umwelt – Krieg und all die damit verbundenen Folgen.

Und wir erleben gerade in diesen Tagen nach dem furchtbaren Attentat in Moskau, wie die Propagandamaschine wieder anläuft und vor allem wie durchschaubar die Strategie von Putin ist, wenn er sagt, dass alle Spuren dieses Attentats in die Ukraine führen, obwohl es Bekenner gibt.

Die Menschen werden dadurch zum zweiten Mal Opfer, weil sie zu Opfern der Manipulation werden. Auch heute noch gehen Menschen solcher Manipulation auf dem Leim, genauso wie die Menschen, die am Palmsonntag noch begeisterte Fans von Jesus Christus waren, und dann durch die Propaganda des Kaiphas „Kreuzige ihn!“ schrien.

Und genau deshalb ist der Predigttext aus dem Brief an die Philipper heute so wichtig. Ich lese ihn noch einmal vor:

Leben in der Gemeinschaft mit Christus

5 Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:

6 Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, 7 sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.

8 Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.

9 Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,

10 dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, 11 und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Philipper 2, 5-11

In der Lutherbibel ist dieser Textabschnitt mit den Worten „Leben in der Gemeinschaft mit Christus“ überschrieben. Das, was Paulus hier seinen Philippern schreibt, gilt ja nicht allein den Philippern, sondern allen Menschen. Wir leben ja nicht nur in der Kirchengemeinde in der Gemeinschaft mit Christus, sondern wir sollten auch in der ganzen Welt in der Gemeinschaft mit Christus leben.

Wir als Kirchengemeinde sind ja nichts anderes als der Spiegel der Gesellschaft. Wir leben in unserer Gemeinde genauso, wie auch da draußen in der Welt, mit Anfeindungen, Auseinandersetzungen, übler Nachrede, die sich neben Liebe, Nächstenliebe, Aufmerksamkeit, Achtung und Achtsamkeit ereignen. Dabei sollen wir als Gemeinde die Gemeinschaft mit Christus so leben, dass sie zu einem Vorbild für die Welt da draußen wird, einem Vorbild, das alle Welt nachleben möchte, weil es gelingt.

Nicht umsonst schreibt Paulus:

9 Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, 10 dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind, 11 und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters.

Damit ist nichts anderes verbunden als der Wunsch nach Frieden und einem liebevollen Miteinander der Menschen unter Gottes weitem Himmel.

Die Kriege in unserer Welt, die auch uns jeden Tag aufs Neue beschäftigen, weil sie für uns greifbar und anfassbar geworden sind, das Aufkommen extremistischer Vorstellungen macht alles deutlich, wie weit wir davon entfernt sind, unsere Knie vor Jesus Christus zu beugen, macht deutlich, wie schwer es uns fällt, der zentralen Botschaft Jesu zu folgen, dem „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wir schaffen es mit Leichtigkeit, uns selbst zu lieben, doch der zweite Teil geht wie so oft verloren. Paulus macht deutlich, dass der Frieden in der Welt und zwischen allen Menschen nur dann funktionieren kann, wenn sich alle daran beteiligen. Und natürlich geht es nicht nur um die Liebe, sondern es geht auch um den Gehorsam. Für uns Deutsche ein leidvolles Wort, das mit vielen schlechten Erinnerungen verbunden ist, aber der Gehorsam gegenüber Gott ist der andere und entscheidende Teil des Doppelgebots: Wir sollen ja nicht nur unseren Nächsten wie uns selbst lieben, sondern auch Gott. Das hat Jesus Christus bis zu seinem letzten Atemzug getan.

Und damit geht es auch an diesem Sonntag wieder um das Thema, das uns in den vergangenen Wochen immer wieder begleitet hat: um die Nachfolge Jesu. Es geht darum, dass wir in der Nachfolge Jesu leben und Nachfolge kein gemütliches Kaffeetrinken ist, sondern wie immer harte Arbeit, aber eine Arbeit, die sich lohnt. Und damit wird für mich noch etwas anderes deutlich. Es geht am Ende nicht darum, dass wir an unseren Gebäuden, so schön sie auch sein mögen, erkennbar sind, sondern an unserem Handeln in der Welt, in der Gesellschaft, in der wir leben. Und genau da, haben wir eine der größten Baustellen, auf der zu arbeiten haben. Jesus Christus nimmt uns diese Baustelle nicht ab. So sehr wir auch auf Wunder hoffen, aber diese Baustelle hat uns Jesus Christus anvertraut und er hat uns jede Unterstützung zugesagt, wenn wir uns an seinen Bauplan halten, der uns zeigt, wie Leben in der Gemeinschaft mit Christus funktioniert und wie sehr das unser aller Leben am Ende bereichern wird. Lasst uns Jesus nachlaufen, denn er hilft uns. Hosanna!

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am Sonntag Palmarum, 17. März 2024, über Philipper 2, 5-11, in der Markuskirche zu Farchant

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)

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