Pfr. Martin Dubberke
Tischgottesdienst am Sonntag Okuli 3. März 2024 in der Erlöserkirche in Grainau | Bild: Johannes Dubberke

Nach vorne gewandt – Vom Ernst der Nachfolge

Liebe Geschwister, heute ist alles anders. Ich stehe nicht vorne am Altar oder auf der Kanzel und Ihr sitzt nicht in den Bankreihen, sondern vor dem Altar mit mir um einen Tisch herum. Ich trage keinen Talar, sondern nur ein Collarhemd. Wir haben heute die Lesungen reihum gemacht. Auf dem Tisch steht eine Kanne Kaffee, eine Karaffe mit Wasser, Tassen und Gläser und schon verändert sich etwas.

Wir sind nicht nur Hörende, sondern auch Redende. Und so wollen wir auch heute in diesem Gottesdienst, nicht nur Hören, was ich, also Eurer Pfarrer zum Predigttext so alles zu sagen habe, sondern auch, welche Gedanken Euch tragen. Welche Gedanken Euch heute durch den Kopf gehen, wenn es um das Thema Nachfolge geht. Ihr wisst ja, dass Dietrich Bonhoeffer ein Buch mit dem Titel „Nachfolge“ geschrieben hat.

Wollten wir heute über dieses Buch miteinander ins Gespräch kommen, würde das den Rahmen sprengen, aber in diesem Buch gibt es das Kapitel, „Der Ruf in die Nachfolge“. Und hier beeindruckt mich gleich am Anfang des Kapitels. Bonhoeffer zitiert nach Markus die Berufung des Levi zum Jünger:

„Und da Jesus vorüberging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sprach zu ihm: Folge mir nach! Und er stand auf und folgte ihm nach“ (Mk 2,14).

Und dann schreibt er:

Der Ruf ergeht, und ohne jede weitere Vermittlung folgt die gehorsame Tat des Gerufenen. Die Antwort des Jüngers ist nicht ein gesprochenes Bekenntnis des Glaubens an Jesus, sondern das gehorsame Tun.
(Bonhoeffer, Nachfolge, 1994, S. 45)

Wie anders sind da die Männer, die Jesus ansprechen oder von ihm angesprochen werden, im nachzufolgen. Dem einen ist das Leben in der Nachfolge zu anstrengend. Der andere will noch rasch seinen Vater beerdigen, der nächste will erst einmal Abschied von seiner Familie nehmen. Alles nachvollziehbare Gründe, aber sieht so Nachfolge aus?

Jesus fasst das Erlebte mit einem heute geflügelten Wort zusammen:

Wer die Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt für das Reich Gottes.
Lukas 9,62

Wenn ich immer nach hinten schaue, verliere ich den Anschluss, verliere ich die Zukunft. Dann orientiere ich mich nur am Gewohnten, an dem, was ich schon mein ganzes Leben lang gemacht habe, aber genau da hat mich doch Jesus gerade rausgeholt. Es ist, als sagte er: „Mensch, konzentriere Dich auf die Zukunft, auf das, was vor Dir liegt!“

Wer nur nach hinten schaut, ist nicht für die Zukunft gemacht, ist nicht geschickt für das Reich Gottes. Das Ewiggestrige, so schön es auch sei, so schön es auch war, aber es ist vorbei und wird dennoch immer ein Teil von mir bleiben. So wie das alte West-Berlin ein Teil von mir ist, ich aber nie wieder in diese wunderbare Stadt, dieses wunderbare West-Berlin zurückfahren kann, weil es diese Stadt einfach nicht mehr gibt. Wollte ich in dieser Vergangenheit leben, könnte ich kaum die Herausforderungen dieser Zeit erkennen. Lots Ehefrau ist beim Blick zurück zur Salzsäule erstarrt. Und wer von uns will schon eine Salzsäule werden. Wir wollen doch alle leben und das Leben gestalten.

Jesus nachzufolgen, ist viel radikaler als es die meisten glauben. Jesus nachzufolgen ist harte Arbeit, bei der man auch Anfechtungen ausgesetzt wird. Jesus nachzufolgen, bedeutet auch, einen Blick auf die eigenen Ängste zu werfen.

Was es heißt, Jesus nachzufolgen, haben wir vorhin von Paulus gehört, was er den Ephesern geschrieben hat:

So ahmt nun Gott nach als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat…

Wir sind geliebt und deshalb dürfen wir selbst auch lieben. Und schließlich hält Paulus noch eine weitere Aufforderung an uns parat:

Wandelt als Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

So, und dann schauen wir uns doch mal die Welt an. Was haben wir in dieser Woche erlebt? Wo waren die Güte, die Gerechtigkeit und auch die Wahrheit?

So vorbereitet lesen wir nun den Predigttext aus dem Ersten Petrusbrief, um darüber miteinander ins Gespräch zu kommen:

Geheiligtes Leben

13 Darum umgürtet eure Lenden und stärkt euren Verstand, seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch dargeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi.

14 Als gehorsame Kinder gebt euch nicht den Begierden hin, in denen ihr früher in eurer Unwissenheit lebtet; 15 sondern wie der, der euch berufen hat, heilig ist, sollt auch ihr heilig sein in eurem ganzen Wandel.

16 Denn es steht geschrieben: »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.«

17 Und da ihr den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person einen jeden richtet nach seinem Werk, so führt euer Leben in Gottesfurcht, solange ihr hier in der Fremde weilt; 18 denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, 19 sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes.

20 Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt war, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, 21 die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, sodass ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.
1. Petrus 1, 18-21

Und so wollen wir miteinander folgenden Fragen nachgehen:

  • Wie können wir unseren Verstand stärken?
  • Wie können wir nüchtern sein?
  • Was bedeutet es, die Hoffnung ganz auf die Gnade Gottes zu setzen?
  • Welche Gefahren gehen von meinen Begierden aus? Und wie kann ich diesen Begierden begegnen?
  • Was ist ein heiliger Lebenswandel? Bin ich überhaupt dazu fähig und wenn nicht, was hält mich davon ab?
  • Was würde geschehen, wenn es mir gelänge andere Menschen ohne Ansehen der Person, sondern nur aufgrund ihres individuellen Handelns beurteilen?
  • Und was ist für mich Nachfolge?

Für mich ist Nachfolge jeden Tag der erneute Versuch, Jesus zu folgen, in der Liebe zu bleiben und im Scheitern immer darauf zu hoffen, dass Gott mir, wenn ich es erkenne und einsehe, eine neue Chance gibt. Nachfolge bedeutet für mich ein Bekennendes Leben.

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am Sonntag Okuli, 3. März 2024, über 1. Petrus 1,18-21, in der Erlöserkirche zu Grainau

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)

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