Pfr. Martin Dubberke

Vom Segen des Kreuzes

Ich bekomme ja manchmal so Anwandlungen, wenn ich eine Andacht über Losung und Lehrtext vorbereite und schaue mir dann so an, was alles so an diesem Tag im Laufe der Geschichte stattgefunden hat. Ich tue das, immer dann, wenn ich das Gefühl habe, ich könnte mich mit der Losung in der politischen oder gesellschaftlichen Gegenwart verstricken.Also, lassen Sie uns den Blick gemeinsam wagen:

Am 14. Juni 1648 fand mit der Schlacht bei Wevelinghoven die letzte Schlacht des Dreißigjährigen Krieges statt.

Am 14. Juni 1777 wird das Sternenbanner die Flagge der USA

Auch die Meuterei auf der Bounty im Jahr 1789 fällt auf einen 14. Juni.

Und natürlich ist es auch ein 14. Juni, als 1848 während der Revolution in Berlin das Zeughaus gestürmt wird.

Ebenso wenig wird es Sie jetzt auch nicht überraschen, dass Alois Alzheimer 1864 an einem 14. Juni geboren worden ist.

Und wenn Sie sich fragen sollten, wann die freie Ausübung des katholischen Glaubens in Preußen zwischen Preußen und dem Heiligen Stuhl in einem Konkordat vereinbart wurde, so kann ich Ihnen sagen, dass es der 14. Juni 1929 war.

Es war der 14. Juni 1940, als die Wehrmacht kampflos in Paris eingerückte.

Und jetzt bitte nicht lachen, aber es ist so: Heute feiert ein gewisser Donald Trump seinen 72. Geburtstag.

14. Juni 2018 – Heute beginnt die Fußball-WM in Russland.

Und wie lautet nun die Losung?

Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse sein Angesicht leuchten bei uns,
dass man auf Erden deinen Weg erkenne,
unter allen Nationen deine Hilfe.
Psalm 67,2-3

Die Losung ist ein Segen!

Wir sind gesegnet. Aber was bedeutet das?

Der Beter des 67. Psalms sagt, dass uns Gott gnädig sein solle. Also, ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen, aber wenn ich jemanden darum bitte, dass er mir gegenüber gnädig sein soll, dann habe ich doch irgendwas verzapft. Dann gebe ich doch zu, dass ich einen Fehler gemacht haben könnte. Pardon, der Beter sagt „uns“. Also, hat ein „wir“ Fehler gemacht.

Und dann bitte ich ihn darum, uns zu segnen und sein Angesicht bei uns leuchten zu lassen, auf dass man auf Erden seinen Weg erkenne.

Das ist eine sehr spannende Formulierung. Der Beter wechselt vom „uns“, zum „man“, von einer Gruppe zur Allgemeinheit, zur Allgemeingültigkeit, zum Weltumspannenden, weil alle Nationen nicht nur den Weg Gottes erkennen sollen, sondern vor allem auch, dass Gott eine universale Hilfe anbietet. Der Beter aus dem kleinen Israel hat erkannt, dass Gottes Schöpfung sich nicht auf ein einziges Land erstreckt, sondern auf die ganze Welt und damit alles mit allem zusammenhängt. Wir nennen das heute Globalität. Der Beter hat also global gedacht.

Schade, dass der Egoismus unsere Welt so sehr zerfressen hat, dass man immer mehr das Gefühl für Zusammenhänge in unserer Welt, unserer Gesellschaft, unserem Leben im Moment zu verlieren scheint. Wenn jeder nur das Seine will, dann steht er bald alleine da.

Der Psalmbeter macht deutlich, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, Gottes Hilfe anzunehmen. Doch was hindert uns, Hilfe anzunehmen?

Wo und wann haben Sie zum letzten Mal Hilfe angenommen? Wo und wann habe ich zum letzten Mal Hilfe ausgeschlagen? Und warum habe ich das getan?

Weil ich auf niemanden angewiesen sein möchte?

Die Welt ist aber nun einmal so von Gott gemacht, dass wir aufeinander angewiesen sind.

Das gilt für G7 genauso wie für uns hier, in unserem Land, in unseren Familien, in unserem Job.

Und genau das können wir sehen, wenn Gott sein Angesicht bei uns leuchten lässt. In diesem Licht und in dieser Güte können wir erkennen, wie weit ich, sie, wir uns von seinem Weg entfernt haben.

Als ich gestern in dem Evangelischen Magazin „Zeitzeichen“ einen hervorragenden Essay über den bayerischen Kreuzerlass gelesen habe, gingen mir dazu ein paar Gedanken durch den Kopf. Ein Kreuz, das im Eingang eines öffentlichen Gebäudes hängt, gilt nicht nur denen als Erinnerungszeichen, die in das Gebäude kommen, um dort Anträge zu stellen, sondern auch denen, die dort arbeiten.

Und damit stellt sich die Frage, ob die, die da arbeiten, auch wissen, welche Konsequenzen das Kreuz für ihre Arbeit hat, dass es sie auch in einen Loyalitätskonflikt mit dem Staat oder gegebenenfalls mit ihrer eigenen Kirche bringen kann?

Und natürlich stellt sich auch die Frage, ob der Freistaat, seine Beamten und Angestellten darin unterweist, was denn das Christentum für ihre Arbeit und ihr Land bedeutet?

Und wenn ich das jetzt konsequent weiterdenke, bedeutet es, dass sich hier ein Bundesland, ein Freistaat in seinem Handeln auf das Fundament des christlichen Glaubens stellt und sich auch daran messen lassen muss.

Damit wird z.B. die Asylfrage, die Abschottung der Grenzen nicht mehr zu einer politischen, sondern zu einer Glaubensfrage der besonderen Art. Und damit läuft ein Land plötzlich Gefahr, zum Sünder zu werden, weil es den von Gott gewünschten Weg zu verlassen droht.

Das Kreuz an der Wand, gilt nicht den anderen, sondern in erster Linie dem, der es an seine Wand hängt, weil das Kreuz ein öffentliches Bekenntnis ist. Deshalb hängt auch bei uns im Eingang das Kronenkreuz. Das Kreuz bringt dem anderen zum Ausdruck, was er hier in diesem Hause erwarten kann. Das Kreuz im Eingang ist ein Versprechen, dem anderen so zu begegnen, wie es die Gebote Gottes fordern.

Das Kreuz im Eingang erinnert auch uns daran, einander so zu begegnen.

Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse sein Angesicht leuchten bei uns,
dass man auf Erden deinen Weg erkenne,
unter allen Nationen deine Hilfe.
Psalm 67,2-3

Ja, hier klingt der aaronitische Segen an:

Der Herr segne dich und behüte dich;
der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
der Herr hebe sein Angesicht über dich
und gebe dir Frieden.
4. Mose 6, 24-26

Mit dem Segenswunsch, dass Gott sein Angesicht bei uns leuchten lasse, ist die Hoffnung und der Wunsch verbunden, in die dunklen Ecken und Winkel meiner Seele schauen zu können, Licht in mein dunkelstes Innerstes zu bekommen, um nicht nur zu sehen, wo ich mich von seinem Weg entfernt habe, sondern auch, warum ich mich von ihm entfernt habe.

Das Licht des Angesichts Gottes, ist aber auch Ausdruck der Gnade und seiner Liebe, die mich warm durchströmt und selber anderen öffnet, weil ich weiß, dass ich von ihm Hilfe bekomme, um die Herausforderungen des Lebens zu bewältigen.

Und was für mich als einzelnen Menschen in meinen Beziehungen zu anderen Menschen gilt, in meiner Familie, in meinem Job, in meiner Stadt, meinem Land, das gilt auch für Politiker, für Wirtschaftslenker…

Ich sage nur eine Milliarde Bußgeld für VW.

Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse sein Angesicht leuchten bei uns,
dass man auf Erden deinen Weg erkenne,
unter allen Nationen deine Hilfe.
Psalm 67,2-3

Das Leuchten des Angesichts Gottes ist mit Erkenntnis verbunden. Und Gott hat viele Erkenntnishelferinnen und Erkenntnishelfer, die das Licht Gottes ins Dunkle tragen und das sichtbar machen, was andere gerne immer vor der Welt verbergen möchten, sich aber vor Gott und damit der Welt nicht verbergen lässt.  Und dafür sind Diesel- und Dopingskandale nur Beispiele, die der Spitze eines Eisbergs entsprechen.

Und warum habe ich nun am Anfang, einen Blick auf einige Ereignisse des 14. Juni im Laufe der Jahrhunderte geworfen?

Weil das Leuchten des Angesichts Gottes auch in die Vergangenheit reicht und uns mit früheren Irrwegen beispielhaft konfrontiert und Geschichte uns für die Irrwege der Gegenwart und Zukunft sensibilisiert.

Und der Lehrtext fasst das sehr schön zusammen:

Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um die Fülle der Zeiten heraufzuführen, auf dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist, durch ihn.
Epheser 1,9-10

Mit dem Kreuz bringen wir zum Ausdruck, dass wir das Geheimnis seines Willens wissen. Mit dem Kreuz bekenne ich mich zu diesem Willen und dem damit verbundenen Handeln.

Und wenn ich dann vielleicht auch noch Politiker bin und meinen Amtseid mit der Hand auf der Bibel, in der das Geheimnis seines Willens offenbart ist, mit den Worten „So wahr mir Gott helfe!“ spreche, stelle ich mich unter diesen seinen Willen, was in letzter Konsequenz bedeutet, dass ich mich mit meinem Handeln in erster Linie vor Gott und erst dann vor meinen Wählern verantworten muss.

Und hier bekommt der Segen eine besondere Bedeutung: Der Segen stärkt mich, er soll mich vor der egoistischen Versuchung bewahren und mich mit der Erkenntnis des Weges Gottes ausstatten und vor der Anfechtung bewahren, den Weg Gottes zu verlassen.

Gott sei uns gnädig und segne uns,
er lasse sein Angesicht leuchten bei uns,
dass man auf Erden deinen Weg erkenne,
unter allen Nationen deine Hilfe.
Psalm 67,2-3

Amen.

Wochenandacht im LAFIM über Losung und Lehrtext am 14. Juni 2018