Pfr. Martin Dubberke
Der Heilige Geist - Die Taube des Friedens im Altarfenster der Johanneskirche zu Partenkirchen | Bild: Martin Dubberke

Versteht!

Liebe Geschwister, wie Ihr alle hätte ich gerne Frieden, dass sich Putin aus der Ukraine zurückzieht, er in Den Haag vielleicht sogar vor den Internationen Gerichtshof gestellt wird, dass die Menschen nicht aus ihren Ländern fliehen müssen, die Schlangen an den Tafeln in unserem Land kürzer werden, die Energie- und Heizkosten wieder bezahlbar werden, die Preise in den Geschäften nicht weiter steigen. Aber kann ich das mit dem, was ich predige, bewirken?

Ist denn die Welt so, wie sie gerade läuft, eine Welt, in der der Wille Gottes erkennbar wird? Kann es der Wille Gottes sein, dass wir so viel Krieg, Hunger und Unterdrückung haben?

Mit Stand vom 13. Oktober hatten wir in unserem Landkreis 2332 Asylsuchende, von denen allein 980 bei uns im Ort untergebracht worden sind, von denen 221 Kinder sind. Sie alle, sind das äußerlich sichtbare Zeichen dafür, dass eine Menge in unserer Welt verkehrt läuft.

Mit dem ersten Psalm haben wir vorhin gebetet:

Wohl dem,
der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
sondern hat Lust am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz
Tag und Nacht!

Und genau darum geht es. Was wäre denn das Ergebnis, wenn wir hier und heute über das Gesetz Gottes nachsinnen? Was lädt so viele Menschen ein, auf dem Rat der Gottlosen zu wandeln?

Wie gut ist eigentlich unser christlicher Impfstoff gegen den Populismus, gegen Vorurteile und Ausgrenzung und das Schüren von Neid und Angst, von Verteilungskämpfen in unserer Gesellschaft, auch hier bei uns in Garmisch-Partenkirchen, wo es langsam eng wird? Ich brauche nur beim Einkaufen in der Schlange an der Kasse oder im Café den Menschen zuzuhören. Dann weiß ich, welche Themen gerade die Menschen bewegen.

Wir sagen gerne: Das kann nicht Gottes Wille sein! Aber was ist denn nun Gottes Wille?

Wir erleben gerade Tag für Tag in den Medien, was es bedeutet, wenn Regierende keine Lust am Gesetz des Herrn haben. Wir erleben das Leid, das daraus entsteht. Wir erleben die Konsequenzen, die auch für uns damit verbunden sind, selbst, wenn es nicht unsere eigenen Politiker sind.

Und wir erleben, wie manche Politiktreibende Angst schüren, statt Hoffnung zu machen. Wir erleben, wie durch Populismus Zorn gesät wird. Die Abwanderung der Wähler in das rechtspopulistische Lager in einem so biederen Bundesland wie Niedersachsen, stimmt mich nachdenklich. Aber genau das meint der Psalmbeter, wenn er vom Rat der Gottlosen spricht.

Wenn wir uns in unserem Land auf den Rat der Gottlosen einlassen, erfüllen wir mit Sicherheit nicht den Willen Gottes.

Daher schließt der Psalmbeter sein Gebet mit den Worten:

Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht.

Und genau aus Versen wie diesen, ziehe ich all meine Hoffnung und Motivation, das Gute zu tun, weil ich davon überzeugt bin, dass der Gottlosen Weg vergeht, wenn es mir, wenn es uns gelingt, im Guten durchzuhalten.

Was also, soll mein Predigen bringen? Habe ich als einfacher Dorfpfarrer die Kraft, mit meiner Stimme mit meiner Predigt, jemanden wir Putin zu erreichen, der wohl niemals meine Predigt hören oder lesen wird oder sich für das, was ich predige, interessieren würde? Hat er doch mit dem Moskauer Patriarchen jemanden, der ihm als theologischer Scharfmacher nach dem Munde redet. Kann es mir je gelingen, Menschen wie ihn zu den christlichen Werten zu bekehren, um aus dem Massensünder ein weißes Schaf werden zu lassen? Nein, aber ich habe hoffentlich die Kraft, Euch im Guten zu halten, nicht dem Rat der Gottlosen in Ungeduld und Versuchung zu erliegen.

Und damit kommt nun Paulus mit seinem Brief an die Epheser ins Spiel, wenn er schreibt:

So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise, sondern als Weise, und kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse. Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist. Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen. Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

Epheser 5, 15-20

Ja, die Tage sind böse. Ich glaube, das hat auch der letzte unter uns verstanden. Und Paulus macht deutlich, dass wir einander als starke Gemeinschaft brauchen, um einander in dieser Zeit der Anfechtung durch unsere eigenen Ängste und das Schüren der Ängste, zu widerstehen.

Paulus mahnt uns, unser Leben nicht als Unweise, sondern als Weise zu führen, nicht unverständig zu bleiben, sondern zu verstehen, was der Wille des Herrn ist.

Aber, was ist der Wille des Herrn? – Erinnert Euch an die Geschichte vom reichen Jüngling, die wir gerade gehört haben. Er hat sich an die Gebote gehalten, hat nicht getötet, gestohlen, Ehe gebrochen, weder falsch Zeugnis geredet noch jemanden beraubt oder seine Eltern nicht geehrt. Also, eigentlich einer von uns. Aber dennoch gelang es ihm nicht, Jesus nachzufolgen. Sein Reichtum hinderte ihn daran und Jesus sagt:

Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.

Tja, und damit stellt sich die Frage, was uns daran hindert oder hindern könnte, Jesu bedingungslos nachzufolgen: Es ist unsere Angst, unseren Wohlstand zu verlieren.

Wie viele politische Entscheidungen sind wider alle Vernunft getroffen worden, um unseren Wohlstand nicht zu opfern? Wie viele Entscheidungen treffen wir tagtäglich, um unseren Wohlstand zu verteidigen?

Ich predigte nicht wider den Wohlstand, sondern wider die Versuchung, die durch den Wohlstand möglich wird. Ich muss von bestimmten Vorstellungen und auch angenehmen Gewohnheiten Abstand nehmen.

Es reicht nicht, wenn ich jetzt, wo der Krieg in der Ukraine herrscht – und dieser Krieg ist nur ein naheliegendes Beispiel, das gerade unseren Alltag beherrscht – sage: „So ein Krieg kann nicht der Wille Gottes sein!“ Es reicht nicht, nur festzustellen, dass etwas nicht dem Willen Gottes entspricht. Das ist eine bloße Feststellung ohne Konsequenz.

Ich weiß auch nicht, ob die Mahnwachen irgendetwas in der Welt verändern, weil es mit diesen nicht anders ist als mit meiner Predigt, die Putin nie erreichen wird. Aber die Mahnwachen mahnen uns, dass der Frieden nicht selbstverständlich ist.

Ich glaube, dass es Gottes Wille ist, sich vom Bösen nicht korrumpieren zu lassen, sich nicht von der Angst, die wir haben, korrumpieren zu lassen, sondern weiterhin an das Gute zu glauben, das Gute zu tun. Ließen wir uns vom Populismus, der mit unseren Ängsten spielt, überwinden, verlören wir alles, was wir haben.

Wir persönlich können den Krieg in der Ukraine nicht beenden, so gerne wir es auch wollten. Das muss anderen gelingen, für die wir gemeinsam beten, Psalmen und Lieder singen können und müssen, um ihnen die Kraft und den Mut zu machen, die Entscheidungen zu treffen, die dem Willen Gottes entsprechen.

Wir persönlich können aber dem Populismus, der mit der Angst spielt und unsere Gesellschaft spaltet unsere Demokratie zerstört, widersprechen.

Wohl dem,
der nicht wandelt im Rat der Gottlosen
noch tritt auf den Weg der Sünder
noch sitzt, wo die Spötter sitzen,
sondern hat Lust am Gesetz des Herrn und sinnt über seinem Gesetz
Tag und Nacht!

Und noch etwas, wenn uns jemand nach dem Willen Gottes fragen sollte, so können wir antworten, dass uns Gott seinen Willen in Jesus Christus offenbart hat, der gesagt hat:

»Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt« Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« In diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten.

Matthäus 22, 37-40

Wo das gelebt wird, gibt es keinen Platz für Hass, Populismus und Krieg. Wo das gelebt wird, entsteht Frieden und wird Frieden bleiben zum Wohlgefallen und zur Ehre Gottes.

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt über Epheser 5, 15-20 am 18. Sonntag nach Trinitatis, 16. Oktober 2022, Perikopenreihe IV, in der Christuskirche Garmisch und der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfarrer Martin Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke

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