Pfr. Martin Dubberke
Johannes der Täufer und Jesus - Die Taufe im Jordan - Kirchenfenster Johanneskirche zu Partenkirchen | Bild: Martin Dubberke

Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert

Liebe Geschwister, am Anfang des Gottesdienstes haben wir gehört, was bei Jesaja steht:

Bereitet dem Herrn Herrn den Weg;
denn siehe, der Herr kommt gewaltig.
Jesaja 40,3.10

Genau das ist die Situation, in der wir uns befinden. Wir haben heute mittlerweile den Dritten Sonntag im Advent. Nur noch eine Woche und Vierter Advent und Heilig Abend fallen auf einen Tag. Es bleibt uns also nicht mehr viel Zeit zur Vorbereitung. Jesaja macht uns deutlich, dass es um die Wegbereitung geht. Wir bereiten uns in der Adventszeit nicht nur auf das Kommen Jesu vor, sondern wir bereiten auch die Welt auf das Kommen Jesu vor.

Und dieses Kommen Jesu bedeutet eine Zeitenwende. Ich weiß sehr wohl um die Herausforderung, die mit diesem Begriff verbunden ist.

Seit dem 27. Februar 2022 ist dieses Wort durch die Regierungserklärung des Bundeskanzlers in aller Munde. Das Wort Zeitenwende geistert quasi jeden Tag durch unsere Gespräche. Das Wort Zeitenwende wird im politischen Kabarett durchdekliniert. Und Politiker der Opposition nehmen mit diesem Begriff die Regierung und den Bundeskanzler aufs Korn.

Der Begriff Zeitenwende ist zu einer Art Gradmesser geworden, um deutlich zu machen, was sich alles in unserem Land und in unserer Welt verändert hat. Es gibt eine Zeit davor und es gibt eine Zeit danach. Der 24. Februar 2022 ist gewissermaßen zu einer Art PRIIU geworden also zu einem Ära post Russia impetum Ucraina – einer Zeit nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine?

Das mit dem „post“ kennen wir schon: A.D. Anno Domini – im Jahre des Herrn oder einfach „nach Christi Geburt“.

Und damit stellt sich die Frage, ob post Russia impetum Ucraina die maßgebliche Zeitenwende ist, oder nicht vielleicht doch das Jahr des Herrn.

Wir rechnen ja aktuell in verschiedenen Zeitwenden: Das Dritte Jahr nach Corona, das zweite Jahr nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine, das zweite Jahr der Ampel, etc.

Oder gibt es eine Zeitenwende in der Zeitenwende?

Vor 2023 Jahren wurde im alten Israel ein Kind geboren, dessen Mutter eine Jungfrau war und dessen Vater der Heilige Geist. Dieses Kind war angekündigt als Sohn Gottes, als neuer König Israels. Doch wo wurde er geboren? In einem Palast oder in einem Stall? Dieser Königssohn wurde in extrem ärmlichen und prekären Verhältnissen geboren.

Er wurde nicht in einem Palast geboren, wie die drei Weisen aus dem Morgenland meinten und damit Herodes auf die Spur setzten, diesen Jesus zu vernichten. Doch Herodes scheiterte damit. Er richtete ein Massaker an, aber auch dieses Massaker machte deutlich, dass der Mensch, die Macht Gottes, den Willen Gottes und damit Jesus Christus selbst nicht brechen oder vernichten konnte. Auch das ist Teil einer Zeitenwende. Jesus Christus konnte und kann man nicht mundtot machen.

Und gleichermaßen macht der Ort der Geburt Jesu deutlich, dass sich eine Zeitenwende nicht von oben nach unten vollzieht, sondern von unten nach oben. Zumindest auf der Erde. Gott hat seinen Sohn in ärmlichen Verhältnissen das Licht der Welt erblicken lassen. Das Licht in der Welt der Dunkelheit, in der Jesus Christus selbst zum Licht geworden ist.

Es waren die Randständigen, die Hirten, die am untersten Ende der gesellschaftlichen Hierarchie standen, die die ersten Offenbarungszeugen wurden, als der Heiland geboren wurde. Das steht in einer Linie mit Palmsonntag und dem Einzug Jesu in Jerusalem. Jesus zog nicht in prächtiger Rüstung und mit einem Kampfwagen in Jerusalem ein, sondern auf einem Eselsfüllen.

Die Veränderung der Welt, die Zeitenwende vollzieht sich aus dem Volk heraus, das Jesus folgt, das ihm, wie schon Jesaja sagt, den Weg bereitet, weil er kommen wird. Aber auch schon damals wurde deutlich, dass die Zeitenwende für viele zugleich ein Ende ihrer Zeit bedeutet hätte, weshalb sie versucht haben, die Zeitenwende umzukehren, sie zu beenden. Dass ihnen das nicht gelungen ist, erleben wir Tag für Tag aufs Neue miteinander. Diese Zeitenwende hat dazu geführt, dass wir heute am Dritten Advent zusammengekommen sind, um uns miteinander auf das Kommen Jesu vorzubereiten.

Für die Zeitenwende steht auch der Predigttext aus dem Evangelium nah Matthäus:

Die Frage des Täufers

Da aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er seine Jünger 3 und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?

4 Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: 5 Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; 6 und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.

Jesu Zeugnis über den Täufer

7 Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk über Johannes zu reden: Was wolltet ihr sehen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das vom Wind bewegt wird? 8 Oder was wolltet ihr sehen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Menschen in weichen Kleidern? Siehe, die weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. 9 Oder was wolltet ihr sehen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein Prophet. 10 Dieser ist’s, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.«
Matthäus 11,2-10

Diese Episode trägt in der Lutherbibel zwei Überschriften:

„Die Frage des Täufers“ und „Jesu Zeugnis über den Täufer“. Schon allein diese beiden Überschriften machen deutlich, dass wir uns mitten in einer Zeitenwende befinden. Die Wirkungszeit des Johannes geht ihrem Ende zu und die Wirkungszeit von Jesus Christus nimmt an Fahrt zu.

Und mal ganz ehrlich: Es ist schon eine spannende Frage von Johannes, als er aus der Haft heraus seine Jünger aussendet, um Jesus zu fragen, ob er der sei, der er ist, obwohl er ihn ja selbst getauft hat und damit Zeuge dessen geworden ist, was sich während der Taufe Jesu durch ihn ereignet hat. Er weiß ja, dass Jesus der Christus ist, der dessen Weg er bereitet hat. Und da er nun im Gefängnis sitzt und nicht weiß, wie sein Leben weitergehen kann, ob er noch weiterhin die Menschen zur Umkehr aufrufen kann, will er wissen, ob sich die Zeitenwende vollzieht und Jesus ihm wirklich nachfolgt:

Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?

Und Jesus gibt ihm eine ganz eindeutige Antwort. Er sagt im Grunde genommen nichts anders, als: „Ich bin da. Ich mache meinen Job.“ Jesus antwortet auf die Frage des Johannes, mit einer Aufzählung der Wunder, die er inzwischen vollbracht hat. Diese Wunder sind Ausdruck seiner besonderen Fähigkeiten, seiner Vollmacht. Die Zeitenwende ist also in vollem Gange. Das Wort Jesu ist Lebenskraft.

Und nachdem Jesus den Jüngern des Johannes geantwortet hat und sich diese wieder auf den Weg zu Johannes begeben haben, redet nun Jesus zum Volk über Johannes. Er fragt die Menschen, was sie bewogen hat, in die Wüste zu Johannes zu gehen. Und natürlich läuft es darauf hinaus, dass die Antwort auf der Hand liegt. Sie wollten einen Propheten sehen und Jesus sagt, dass Johannes mehr als ein Prophet gewesen sei. Johannes ist ein wesentlicher Teil der Zeitenwende gewesen, denn er hat das erfüllt, was geschrieben steht:

»Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.«

Was für eine wunderbare Anspielung auf das 2. Buch Mose 23,20:

Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, der dich behüte auf dem Wege und dich bringe an den Ort, den ich bestimmt habe.

Natürlich steht bei Matthäus:

ἰδοὺ ἐγὼ ἀποστέλλω τὸν ἄγγελόν μου πρὸ προσώπου σου, ὃς κατασκευάσει τὴν ὁδόν σου ἔμπροσθέν σου.

τὸν ἄγγελόν – Der Engel, der Bote.

Im Mittelpunkt steht die Wegbereitung!!!! Wir werden immer wieder daran erinnert, dass wir nicht aufhören dürfen, den Weg Jesu zu den Menschen zu bereiten. Später, als Jesus Christus seinen Jüngern den Missionsbefehlt gegeben hat, hat er auch uns zu seinen Boten gemacht. Auch wir sind Boten! Wer, wenn nicht wir?

Der Dritte Advent ist die große Aufforderung zur Umkehr! Johannes ist der Mann gewesen, der uns vom falschen Weg zurückgerufen hat, der uns symbolisch in den Jordan getaucht hat, damit symbolisch unser altes Leben abgewaschen wird.

Durch Jesus haben wir nicht nur erfahren, was der Heilige Geist bewirken kann, sondern erleben selbst, wie in unserer Taufe der Heilige Geist auf uns übergeht.

Dieser Dritte Sonntag im Advent, erinnert uns an die eigentliche Zeitenwende in unserer Welt, in unserem Leben. Es wird deutlich, dass es eine ganz einfache Gleichung in unserem Leben gibt: Zeitenwende = Lebenswende = Umkehr = Buße.

Die Farbe des Advents, das Violett der Passionszeit, hält uns das seit drei Wochen vor Augen. Der Blick Richtung Stall in Bethlehem auf das kleine, unschuldige Kind in Krippe lässt uns unsere Verwicklungen spüren und erkennen, so dass es uns drängt, umzukehren und eine Wende in unserem Leben zu vollziehen, die dazu führt, dass wir diesem Kinde folgen.

Nichts anderes haben wir vorhin einander zugesungen, als wir die dritte Strophe des Liedes „Mit Ernst, oh Menschenkinder“ miteinander gesungen haben:

Ein Herz, das Demut liebet,
bei Gott am höchsten steht;
ein Herz, das Hochmut übet,
mit Angst zugrunde geht;
ein Herz, das richtig ist
und folget Gottes Leiten,
das kann sich recht bereiten,
zu dem kommt Jesus Christ.

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt über Matthäus 11,2-10, Perikopenreihe VI, in Farchant und Partenkirchen am 3. Advent, 17. Dezember 2023

 

Pfr. Martin Dubberke
Pfr. Martin Dubberke

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