Pfr. Martin Dubberke
Mose | Bild: Martin Dubberke

Halsstarrigkeit

HERR, verdirb dein Volk und dein Erbe nicht, das du durch deine große Kraft erlöst hast!
5. Mose 9,26

Gott hat auch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?
Römer 8,32

Heute wird es hart. Denn wir müssen mit uns und unserer Bequemlichkeit ins Gericht gehen, um nicht zu sagen, mit unserer Halsstarrigkeit. Um die Losung dieses Tages wirklich zu verstehen, muss ein Blick in den Kontext gewagt werden:

So seid ihr dem HERRN ungehorsam gewesen, solange ich euch gekannt habe. Ich aber fiel nieder und lag vor dem HERRN vierzig Tage und vierzig Nächte; denn der HERR sprach, er wolle euch vertilgen. Und ich bat den HERRN und sprach: Herr HERR, verdirb dein Volk und dein Erbe nicht, das du durch deine große Kraft erlöst und mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt hast! Gedenke an deine Knechte Abraham, Isaak und Jakob! Sieh nicht an die Halsstarrigkeit und das gottlose Treiben und die Sünde dieses Volks.
5. Mose 9,24-27

Es geht um unseren Ungehorsam. Mose hält seinem Volk eine echte Gardinenpredigt, eine Umkehrpredigt: „Ich kenne Euch, Ihr halsstarrigen Ungehorsamen. Wie oft seid ihr mir und Gott in den Rücken gefallen? Wie oft habt ihr besseren Wissens wieder Scheiße gebaut? Wie oft habt ihr einfach Gott nicht glauben wollen, dass er es gut macht, dass er uns durch diese Wüste zum Ziel führt? Keiner, weder Gott noch ich, hat gesagt, dass das ein Sonntagsspaziergang wird. Aber ihr, ihr denkt ja, dass von euch nichts kommen muss. Ihr erwartet ja, dass alles bequem abgesichert ist und euch die Wachteln geraden Wegs gebraten in den geöffneten Mund fliegen. Ihr erwartet, dass Gott für euch alles tut, auch das, was euer Job an der ganzen Geschichte ist.“

Oh ja, das ist starker Tobak. Mose kämpft vor dem Volk für das Volk und er versucht Gott davon zu überzeugen diesem unzuverlässigen, stets murrenden, stets Gott in den Rücken fallendem Volk eine Chance zu geben. Er glaubt an den Erfolg Gottes. Er glaubt, dass Gott – auch mit seinen Geboten und damit auch mit dem Bund, den Gott exklusiv zwischen sich und diesem Volk geschlossen hat – das Volk in ein tolles Leben führen wird. Es sind alle Grundlagen dafür vorhanden. Er hat Mose sogar zum zweiten Mal die Gesetzestafeln mit den zehn Geboten mitgegeben. Und Mose, der ja angeblich nicht gut reden kann, zeigt sich hier Gott von seiner rhetorisch besten Seite. Er packt Gott bei seiner eigenen Ehre: „Willst Du etwa als Looser vor aller Welt dastehen, wenn Du Dein Volk nicht im Griff hast, es einfach vor die Hunde gehen lässt, was es – unter uns gesagt – wirklich verdient hätte. Auch mir geht dieses Volk mächtig auf die Nüsse. Aber, Du hast uns das Land versprochen. Du hast uns die Freiheit versprochen. Denke doch einfach mal daran, dass Gehorsam Dir gegenüber auch gelingen kann. Denke doch an Abraham, Isaak und Jakob. Dieser Gehorsam steckt trotzdem unserem Volk in den Genen, aber sie haben es in der ägyptischen Knechtschaft einfach verlernt. Du weißt doch, wie das mit diesen Fleischtöpfen Ägyptens war. Wer satt ist, ist zufrieden. Die Freiheit des Bauches. Und das Volk muss mühsam lernen, dass Freiheit nicht in erster Linie die Freiheit des Bauches ist. Dafür braucht es nach so vielen Generationen Zeit.“

Gott hat sich von Mose überzeugen lassen. Und wahrscheinlich hat Gott sogar schmunzeln müssen, weil er von Anfang gewusst hat, dass Mose ein brillanter Rhetoriker ist.

Und wie schaut das heute mit uns aus? Wir sind doch in der Tat genauso halsstarrig, weil es uns über Jahrzehnte so richtig gut gegangen ist, weil alles so selbstverständlich erschien. Aber ich weiß nicht, wie oft ich es noch sagen muss: Nichts, aber auch nichts ist selbstverständlich. Wir müssen auch etwas dafür tun. Und ich sage es mal so: Die Zehn Gebote, die Mose damals vom Berg Horeb mitgebracht hat, sind dafür nicht die schlechteste Grundlage. Wir müssen uns mal selbst beim Schopfe packen und bei uns eine Inventur machen. Bei welchen Geboten fehlt es uns denn? Wo müssen wir nachlegen?

Und der Himmel gibt uns ja genug Zeichen, dass es Zeit ist, sich auf den Weg zu machen. Die Polkappen schmelzen. In anderen Regionen unserer Erde sind Inselstaaten in ihrer Existenz bedroht, weil durch die Erderwärmung der Meeresspiegel steigt. Bei uns im Oberland hat dieser Tage ein gigantischer Hagel in einem Ort sämtliche Dächer zerstört und auch in Benediktbeuern das Dach der Klosterkirche abgedeckt. Der Ressourcenverschleiß allein in unserem Land ist gewaltig. Schaut euch doch nur einmal die ganze Verpackungsarie an. Ich gehe in einen Bioladen und ein paar Küchenkräuter sind in einer Plastikverpackung, in der in einem konventionellen Supermarkt ein Pfund Gehacktes verpackt ist. Was daran ist Öko?

Millionen Autos fahren auf deutschen Straßen, die immer weiter ausgebaut werden, weil es so bequem ist, sich ins Auto zu setzen, um geschmeidig ans Ziel zu kommen und gegebenenfalls gut klimatisiert im Stau zu stehen, während der öffentliche Nahverkehr, der doch eigentlich die Verkehrswende meistern soll, schlapp macht. Selbst bei uns im Ort fehlen mittlerweile ein paar Busfahrer im Ortsbusverkehr. Was das bedeutet, erleben viele Menschen an den Haltestellen, weil der Abstand zwischen den einzelnen Bussen sehr groß geworden ist. Das Schienensystem in unserem Land ist marode. Wie sehr, hat das Zugunglück im Juni des vergangenen Jahres deutlich gemacht, bei dem fünf Menschen sterben mussten. Hätte die Netzagentur der Bahn in den Erhalt des Schienennetzes investiert, würden diese Menschen heute noch leben. Jedes Auto muss regelmäßig zum TÜV, damit es als verkehrssicher gilt. Aber das Schienennetz? Seit über einem Jahr wird an dieser Strecke gebaut. Und es wird Jahresende werden, bis diese Strecke wohl wieder einwandfrei befahrbar sein wird. Aber diese Strecke von rund 100 Kilometern ist nur eine von vielen in ganz Deutschland. Die Verkehrswende ist ein Lippenbekenntnis und wie sehr sie ein Lippenbekenntnis ist, spüren wir im ländlichen Bereich. Wenn Menschen mit 90 Jahren noch immer Auto fahren müssen, weil sie sonst nicht zu ihrem Arzt oder zum Einkaufen kommen, dann stimmt etwas an unserer Struktur nicht. Und diese Struktur ändert sich aufgrund der Halsstarrigkeit nicht. Und damit geht es in der Tat auch um das Thema Glaubwürdigkeit.

Die Losung will uns heute aufrütteln. Sie hinterfragt unsere Halsstarrigkeit und Bequemlichkeit. Wo stehen wir selbst der Zukunft im Wege? Ja, das ist eine wichtige Frage. Wo stehen wir unserer Zukunft selbst im Wege, dem Ziel, das Gott für uns vorgesehen hat, Frieden und Freiheit.

Und ich muss es mal so sagen. So sehr ich die Rhetorik von Mose schätze, aber am Ende wäre nicht Gott der Looser, sondern der Mensch, weil er ob seiner Halsstarrigkeit alles verloren hätte.

Der Vers aus dem Römerbrief macht deutlich, wie viel Gott eingesetzt hat, damit wir es verstehen, damit wir leben können, damit wir eine Chance haben, es richtig zu machen. Er hat uns alles geschenkt, was wir brauchen. Wir müssen das Geschenk einfach nur annehmen, auspacken und mit Leben erfüllen.

Pfr. Martin Dubberke, Gedanken zu Losung & Lehrtext vom 30. August 2023

Pfr. Martin Dubberke
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