Ich will euch retten, dass ihr ein Segen sein sollt.
Sacharja 8,13Nicht, dass wir tüchtig sind von uns selber, uns etwas zurechnen als von uns selber; sondern dass wir tüchtig sind, ist von Gott.
2. Korinther 3,5
Heute Morgen weiß ich nicht so recht, wie ich Losung und Lehrtext zusammenbringen soll. Bei Sacharja habe ich ganz andere Gedanken als beim Paulus. Vielleicht liegt das ja auch an den vollkommen unterschiedlichen Situationen, in die hinein die Worte gesprochen oder geschrieben worden sind.
So ist ja die Losung nicht der vollständige Vers, sondern nur die zweite Hälfte. Vollständig lautet der Vers:
Und es soll geschehen: Wie ihr vom Hause Juda und vom Hause Israel ein Fluch gewesen seid unter den Völkern, so will ich euch retten, dass ihr ein Segen sein sollt. Fürchtet euch nur nicht und stärkt eure Hände.
Im ersten Moment denke ich natürlich sofort an Völker, die aktuell einem Fluch gleichkommen. Und insbesondere eines davon bringt gerade viel Leid in diese Welt. Wie wird das eigentlich sein, wenn z.B. dieser eine Krieg, der hier in Europa stattfindet, mal vorbei sein wird? Wie wird man dann diesem Volk begegnen? Wie wird Gott dann diesem Volk begegnen, dessen kirchliches Oberhaupt den Krieg rechtfertigt? Dieses großartige und weite Land hat doch eigentlich alles, um für sich und alle anderen zum Segen zu werden.
Ich weiß nicht, wie es einmal sein wird. Ich merke nur, dass die Losung in mir Gedanken auslöst, die über diesen Tag hinausgehen. Und natürlich stelle ich mir die Frage, je nachdem wie die Geschichte einmal ausgehen wird, wie es die Welt verändern wird, weil ja dieses Land auch in vielen anderen Konflikten auf dieser Erde seine Hände im Spiel hat. Wie kann ein Land vom Fluch zum Segen werden? Und wie lange wird das dauern? Auch unser Land ist einmal ein Fluch gewesen. Und dieser Fluch ist ein Teil unserer Geschichte, der bis heute präsent ist. Ob wir zum Segen geworden sind? – Das ist eine schwierige Frage, aber wir haben versucht, aus der Geschichte zu lernen und sind wieder ein Teil der Weltgemeinschaft.
Ich hoffe darauf, dass es auch heute noch möglich ist, dass Völker vom Fluch zum Segen unter den Völkern werden können.
Und damit komme ich zum Lehrtext. Dieser Vers ist in der Tat ein echter Lehrtext, ein Merkvers, der uns erden darf in unserer Großartigkeit. Was sind wir doch zuweilen alles für große Macher. Männer – Achtung: Ironie – können das ja besonders gut, wenn sie sich ins rechte Licht stellen wollen, um zu zeigen, was für tolle Hechte sie sind. Aber das mit der Tüchtigkeit… Wer benutzt heute eigentlich noch dieses alte und angestaubte Wort? Und vor allem, wer weiß noch, was es bedeutet? Was bedeutet tüchtig? Dieses Wort hat seine Wurzeln im Mittelhochdeutschen und heißt nicht nur fleißig, sondern tauglich. Und genau das bedeutet auch das griechische Wort, das Paulus an dieser Stelle benutzt.
Wir sind nicht tauglich aus uns selbst heraus, sondern von Gott. Das, was wir tun und können, können wir uns nicht selbst zurechnen, weil Gott uns tüchtig macht. Er ertüchtigt uns für das Leben. Und er tut das auf eine Weise, die – wie schon gestern – für viele Menschen nicht mehr nachvollziehbar ist, nämlich durch den Heiligen Geist.
Denn der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig.
2. Korinther 3,6
Das bedeutet nicht, dass wir von Gott fremdgesteuerte oder manipulierte Wesen sind oder sein sollen, sondern, dass uns dieser Geist sensibel macht für das, was wir tun, für unser Gegenüber, dass unser Handeln nicht von unserem eigenen Willen gesteuert sein sollte, sondern aus dem Geist heraus geschehen sollte, der uns Menschen miteinander verbinden will. Eines Geistes zu sein bedeutet nicht immer einer Meinung zu sein, aber willens zu sein, einen gemeinsamen Weg zu finden. Von Gott ertüchtigt zu sein, bedeutet auch zu erkennen, dass wir Menschen nach seinem Bilde geschaffen sind. Was das bedeutet? – Naja, liegt das nicht auf der Hand? Wenn alle Menschen nach Gottes Ebenbild geschaffen sind, dann füge ich mir selbst Schaden zu, wenn ich einem anderen Schaden zufüge. Dann ist jedes Handeln gegen einen anderen auch ein Handeln gegen mich selbst. Und damit mache ich mich selbst untauglich.
Ich persönlich finde, dass es ein gutes Gefühl ist, sich dessen bewusst zu sein, von Gott durch sein Wort und seinen Geist jeden Tag neu für dieses Leben ertüchtigt zu werden und so seinen eigenen Teil von Verantwortung in Gottes Welt – in dieser Welt – wahrzunehmen und zu tragen.
Pfarrer Martin Dubberke, Gedanken über Losung & Lehrtext vom 19. April 2023
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