Pfr. Martin Dubberke
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Nachfolge

Liebe Geschwister, es geht heute um unsere Existenz als Schafe und um die Nachfolge:

Christus spricht: Ich bin der gute Hirte.
Meine Schafe hören meine Stimme,
und ich kenne sie und sie folgen mir;
und ich gebe ihnen das ewige Leben.
Johannes 10,11a.27-28b

Es geht also darum, ob wir gute Schafe sind und ob wir dem richtigen Hirten folgen. Es geht um den Hirten, der uns zu seiner Herde macht, also in seine Nachfolge ruft. Es geht um den Hirten, der barmherzig ist, der auf uns achtet. So wie es Psalm 23 beschreibt, der uns führt, der es uns an nichts mangeln lässt, mit dem wir auch in den finsteren Tälern unseres Lebens kein Unglück fürchten müssen, der uns einen Tisch im Angesicht unserer Feinde deckt, der uns ein Leben lang Gutes und Misericordias, also Barmherzigkeit folgen lässt.

Es geht auch um das Vorbild Jesu, der für uns gelitten hat und uns darin ein Vorbild hinterlassen hat, dass das Leben auch brutal und lebensgefährlich sein kann, wenn es um die Sache Gottes geht, wenn man diesem Hirten folgt.

Es geht um das Vorbild Jesu, dem wir nachfolgen sollen. Und Petrus sagt am Beispiel Jesu, was das bedeutet:

  • Keine Sünde zu begehen,
  • keinen Betrug im Mund zu haben,
  • eine Schmähung nicht mit einer Schmähung zu erwidern.

Und dann erinnert uns Petrus daran, dass Jesus unsere Sünden selbst an seinem Leibe auf das Holz hinaufgetragen hat, damit wir den Sünden abgestorben in Gerechtigkeit leben. Auch die Gerechtigkeit ist ein Teil der Nachfolge.

Petrus erinnert uns daran, dass der gute Hirte sich selbst für die Herde opfert und sich nicht in sichere Distanz bringt, versteckt, abschottet und seine Herde in den Untergang schickt, sie sich selbst überlässt.

Auch Johannes wiederholt das in seinem Evangelium, wenn er Jesus mit den Worten zitiert:

Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe.
Johannes 10,11

Und so vorbereitet hören wir nun noch einmal den Predigttext aus dem Evangelium nach Johannes, Kapitel 21, die Verse 15 bis 19:

Da sie nun das Mahl gehalten hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr, als mich diese lieb haben? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Lämmer!

Spricht er zum zweiten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!

Spricht er zum dritten Mal zu ihm: Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?, und sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge, du weißt, dass ich dich lieb habe. Spricht Jesus zu ihm: Weide meine Schafe!

Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst.

Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!

Johannes 21,15-19

Was für eine spannende Szene? Mir klingt noch die dreifache Verleugnung des Petrus im Ohr, wenn ich das jetzt bei Johannes lese. Dreimal fragt Jesus, ob Petrus ihn wirklich liebhat. Dreimal antwortet Petrus auf diese Frage mit einem „Ja!“

Wir kennen das ja aus unserem Leben. Wie schnell haben wir schon in unserem Leben aus lauter Gefälligkeit „Ja“ gesagt, ein Ja, das ohne Konsequenzen blieb.

Jesus will es aber von Petrus wissen. Er will wissen, ob er nicht nur einfach ja sagt, sondern, ob er auch wirklich „ja“ meint, ob es ihm ernst ist. Denn die Liebe zu Jesus hat Konsequenzen für das Leben. Und Jesus klärt Petrus nach dem dreifachen Ja über die möglichen Nebenwirkungen auf.

18 Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und gingst, wo du hinwolltest; wenn du aber alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und führen, wo du nicht hinwillst.

19 Das sagte er aber, um anzuzeigen, mit welchem Tod er Gott preisen würde. Und als er das gesagt hatte, spricht er zu ihm: Folge mir nach!

Jesus nachzufolgen kann in letzter Konsequenz tödlich enden. Dietrich Bonhoeffer ist hier nur ein Beispiel dafür.

Nachfolge bedeutet, nicht Zuschauer zu sein, sondern Akteur und damit das Risiko einzugehen, für diesem Glauben mit allen Konsequenzen zu stehen.

Was bedeutet Nachfolge noch?

Nachfolge bedeutet Verzicht. Das ist das, was uns am allerschwersten fällt, weil es immer mit dem faden Beigeschmack verbunden ist, sich selbst aufzugeben. Aber das stimmt nicht. Nachfolge bedeutet das Ablegen des Egoismus, das Erkennen, dass es nicht um mich geht, sondern um das Ganze. Geht es dem Ganzen nicht gut, geht es auch mir nicht gut. Der Krieg in der Ukraine hält uns das vor Augen. Die zerstörerische Kraft und der zerstörerische Wille eines einzigen Menschen setzen die ganze Welt in Bewegung. Menschen werden ermordet. Häuser, Orte, Städte werden zerstört. Menschen fliehen, auch zu uns. Wer am Freitag an der Johanneskirche vorbeikommt, kann sehen, wie viele Menschen aus der Ukraine zu unserer Tafel kommen. Wir haben die höchste Inflationsrate seit langem. Wir haben Teuerung an allen Ecken und Enden. Das Böse, um es mal so zu nennen, ist mit seinen Folgen auch bei uns spürbar, sichtbar, fassbar angekommen.

Wenn es um die Nachfolge geht, stellt sich jedem einzelnen von uns die Frage, welche unserer Eigenschaften, welche unserer Gewohnheiten uns daran hindern könnten. Nachfolge ist kein bequemer Weg, sondern ein herausfordernder, denn es bedeutet, sich selbst die Frage zu stellen: Was gebe ich von mir selbst?

Nachfolge bedeutet Verantwortung. Verantwortung für die Herde. Weide meine Schafe! Das bedeutet Verantwortung für die Sicherheit, die Nahrung, das Wohlergehen. Nachfolge bedeutet in diesem Zusammenhang z.B. auch den Verzicht auf Wuchermieten, die wir bei uns im Ort und der Region nur zu gut kennen.

Dietrich Bonhoeffer hat in seinem Buch „Nachfolge“ die Frage gestellt:

„Was wird über den Inhalt der Nachfolge gesagt?“

Er hat sich diese Frage so beantwortet:

„Folge mir nach, laufe hinter mir her! Das ist alles.“
DBW 4, 45

Und dann schreibt er wenige Zeilen später, was Nachfolge wirklich bedeutet:

„Die Brücken werden abgebrochen, und es wird einfach vorwärts gegangen…Das Alte bleibt zurück, es wird ganz hingegeben.“
DBW 4, 45

Damit bedeutet Nachfolge, nicht nur ein neues Leben, sondern in letzter Konsequenz, dass wir die Schafe seiner Herde sind, die ihm vertrauend folgen. Und wir, das sind wir alle in unseren unterschiedlichen Verantwortlichkeiten. Auch zum Beispiel ein Bundeskanzler oder eine Premierministerin oder ein Präsident – also Regierende – sind nur Schafe in seiner Herde. Was würde sich alles ändern, wenn wir allesamt einsähen, Schafe in seiner Herde zu sein und ihm so zu folgen? Dann würden wir vielleicht den Psalm 23 irgendwann einmal ein wenig umschreiben und nicht mehr sagen: „Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen ein Leben lang“, sondern „Gutes und Barmherzigkeit werden uns folgen ein Leben lang.“

Wir dürfen uns auf Jesus als unsren Hirten einlassen und verlassen. Und wir müssen nicht mehr tun, als ihm, als seinem Ruf zu folgen. Alles andere ergibt sich dann wie von allein aus der Misericordias Domini, aus der Barmherzigkeit des Herrn.

Amen.

Pfr. Martin Dubberke, Predigt am Sonntag Misericordias Domini, am 1. Mai 2022, über Johannes 21, 15-19, Perikopenreihe IV, in der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfr. Martin Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke

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