Liebe Geschwister, vor anderthalb Wochen waren unsere Konfis auf dem Friedhof und durften einen Blick hinter die Kulissen werfen. Sie erfuhren, wie so ein Friedhof funktioniert und wie es so ist, auf dem Friedhof groß zu werden, auf dem Friedhof zu leben, Menschen zu begleiten, die einen Menschen verloren haben und mit ihnen gemeinsam das Grab auszusuchen. Unsere Konfis fanden das spannend und auch ein paar Gemeindemitglieder, die mitbekommen hatten, dass ich so eine Friedhofsführung organisiert hatte und nun mit unseren Konfis einen Blick hinter die Kulissen wagten.
Der Tod, der ein wesentlicher Teil unseres Lebens ist, genauso wie die Geburt, bekommt in solchen Momenten eine andere Fassbarkeit. In solchen Momenten begreifen wir – auch wenn der Tod gemessen an der Lebenserwartung in unserem Land – 78,5 Jahre für Männer und 83,2 Jahre für Frauen – wobei man sagen muss, dass man in Bayern mehr Leben erwarten darf, nämlich 79,3 bei Männern und 83,7 Jahre für Frauen – für viele noch sehr weit entfernt liegt und manch anderer – ich sage es mal angesichts der gerade genannten durchschnittlichen Lebenserwartung – schon in der Bonuszeit lebt.
Was bedeutet das für uns heute, wenn wir diesen Predigttext gewissermaßen mit den Ohren des Tagesspruchs hören?
Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.
Psalm 90,12
Ich sage es Euch ganz ehrlich. Mich lässt dieser Predigttext ein wenig ratlos zurück. Jesus spricht hier eine Sprache, die für unsere Ohren heute fremd klingt. Und wenn ich jetzt unsere Konfis fragen würde: Sagt doch mal in Euren Worten, was Jesus damit meinen könnte – dann würde das sicherlich eine Herausforderung werden und ich glaube auch, dass es vielen unter Euch nicht anders ginge.
Ich habe mir mal den Spaß gemacht und den Predigttext in eine KI – also eine künstliche Intelligenz eingegeben, verbunden mit dem Auftrag den Predigttext in eine jugendlich ansprechende, moderne Zusammenfassung zu bringen, die jeder – auch ohne christlichen Hintergrund – verstehen kann. Wollt Ihr das Ergebnis hören? – Ich zitiere:
Hört zu: Wenn du auf das hörst, was ich sage, und glaubst, dass ich vom Vater gesandt bin, bekommst du das Leben für immer schon jetzt. Du musst keine Angst vor dem Ende haben, weil du schon jetzt durch mich vom Tod ins Leben gegangen bist. Das ist das echte Leben, das ich bringe.
Mein Eindruck ist, dass es die KI auch nicht leicht mit diesem Text hat, auch wenn es schon deutlich einfacher klingt:
Diese Worte Jesu, die uns hier Johannes überliefert, sind wie eine Einladung: Du sollst halt nicht nur einfach nur durch deinen Alltag gehen, sondern Dein Leben mit Hoffnung und Mut füllen. Egal ob Du jung oder alt bist, ob Du an Gott glaubst oder nicht – diese Botschaft sagt dir: Du bist wertvoll, dein Leben zählt, und es gibt eine große Zukunft, auf die Du dich freuen kannst. Hör hin, glaub daran, und leb so, dass dein Leben jetzt schon voller Bedeutung ist.
Das ist die Kraft von Hören – Glauben – Leben: Erst hörst Du wirklich zu, dann traust Du Dir und dem, der Dich liebt – nämlich Jesus Christus – , und schließlich lebst Du mutig und frei. Ein echtes Upgrade fürs Leben – nicht erst morgen oder irgendwann, sondern genau heute.
Stellt Euch vor, ihr steht vor einer riesigen Tür, hinter der alles liegt, was das Leben ausmacht: Freude, Hoffnung, aber eben auch Abschied, Trauer und das, was wir nicht kontrollieren können. Jesus spricht zu uns hier und heute genau in eine solche Situation hinein. Er spricht Worte, die tief in unser Leben hineinreichen, ein Leben, das von Anfang bis Ende bewegt ist von Gottes Macht und Liebe.
Die Worte aus Johannes 5,24-29 mögen sich vielleicht nicht sofort für jede und jeden erschließen, aber sie sind kein langweiliger Vortrag, sondern ein Versprechen und ein Weckruf zugleich.
Jesus redet zu Menschen, die damals in einer ganz anderen Welt lebten – die sich oft sorgten um Leben und Tod, um das, was nach dem Tod passiert. Er richtet sich an alle, die Angst vor dem Ende haben, an die, die sich fragen: „Was wird aus mir? Gibt es mehr als das Leben hier?“
Warum sind diese Worte gerade hier und heute für uns so wichtig? – Wollt Ihr’s wissen?
Weil sie mitten in unser Leben sprechen, egal ob wir jung sind oder alt, stark oder verletzlich, ob wir schon viele Fragen haben oder erst anfangen, uns mit der Endlichkeit unseres irdischen Lebens zu beschäftigen und was diese Endlichkeit für unsere Art zu leben, für unsere Lebensführung bedeutet. Das Wort Jesu ist wie ein magischer Schlüssel: Es öffnet eine Tür, die sonst verschlossen bleibt. Diese Tür trennt nicht nur Leben und Tod, sie trennt Angst von Hoffnung, Unsicherheit von Gewissheit.
Jesus verspricht: Wer sein Wort hört und glaubt, der hat das ewige Leben schon jetzt – nicht erst später. Aber bitte jetzt nicht denken, dass man damit das irdische Leben und den irdischen Tod ausgetrickst hätte. Das mit dem ewigen Leben ist ein wenig anders als der bloße Gedanke, ewig in diesem Leben zu leben. Das Versprechen Jesu öffnet den Dreischritt von Hören – Glauben – Leben:
Hören heißt: Wir hören genau hin, was Jesus sagt. Nicht einfach wie nebenbei, sondern mit offenem Herzen. Es geht nicht nur um Worte, sondern um das Leben, das in ihnen steckt.
Glauben bedeutet: Ich vertraue, dass das, was Jesus sagt, wirklich wahr ist – auch wenn ich es noch nicht alles verstehen kann. Vertrauen heißt, mich fallen zu lassen in Gottes Liebe, auch wenn ich manchmal Angst davor habe.
Leben heißt: Dieses Vertrauen verändert mich. Nicht nur in Gedanken, sondern auch im Handeln. Ich beginne, anders zu leben – mutiger, liebevoller, ehrlicher. Ich darf jetzt schon das Leben voller Kraft spüren, auch wenn es nicht immer leicht ist.
Für Euch, die Ihr noch jung seid, heißt das konkret: Ihr seid eingeladen, Euer Leben nicht nur mit Euren eigenen Vorstellungen und Plänen zu gestalten, sondern mit Jesus. Das bedeutet, Ihr dürft lernen, auf seine Stimme zu hören – im Gebet, in der Gemeinschaft, in Gottes Wort oder einfach im Konfi. Und so darauf zu vertrauen, dass Ihr durch ihn auf den Weg des Lebens geführt werdet, der niemals endet.
Und was bedeutet diese Botschaft für Menschen, die mitten im Leben stehen, die so alt sind wie Eure Eltern oder so alt sind wie ich? – Es ist nie zu spät, neu zuzuhören und sich auf den Weg mit Jesus einzulassen. Auch wenn das Leben voll von Herausforderungen, Entscheidungen und Verantwortungen ist, sind wir eingeladen, Vertrauen zu wagen – auf die innere Stimme Gottes und die Gemeinschaft, die Halt gibt. Es geht darum, das Leben mit Hoffnung und Sinn zu erfüllen, auch wenn nicht alles planbar oder perfekt ist. Jesu Einladung öffnet den Blick für ein Leben, das trägt, selbst wenn unsereins weder alle Antworten hat noch auf alles eine Antwort weiß.
Und für Menschen am Ende ihres Lebens heißt diese Botschaft: Ihr seid nicht allein und das Ende ist nicht das endgültige Aus. Es ist mehr als ein Abschied: Wer Jesus vertraut, hat den Übergang vom Tod zum Leben schon jetzt erlebt und ist geborgen. Das gibt Frieden und Trost, wenn es Zeit ist, loszulassen. Das Versprechen von neuem Leben und ewiger Gemeinschaft schenkt Zuversicht, dass das Leben nicht endet, sondern weitergeht – auf eine Weise, die wir jetzt noch nicht vollständig begreifen können.
In allen Lebensphasen ist die Einladung dieselbe: Hören, vertrauen und leben mit der Gewissheit, dass Gottes Liebe und Leben stärker sind als alle Begrenzungen. Das macht den Weg hell – heute und für alle Zeit.
Und noch einmal zu Euch jungen Menschen die Ihr noch – wie man so schön sagt – das ganze Leben vor Euch habt. Ihr Jungen spürt damals wie heute oft die Spannung zwischen dem „Hier und Jetzt“ und der Sehnsucht nach Zukunft, Sinn und lebendiger Hoffnung. Jesus sagt Euch: Ihr seid nicht alleine, auch wenn sich manchmal alles dunkel anfühlt. Jesu Wort ist eine Lebensquelle, die nie versiegt.
So, und welche Botschaft könnten wir an diesem Sonntag, dem Totensonntag mit nach Hause nehmen?
Zuerst einmal: Unsere Entscheidungen heute haben Gewicht. Wir sind nicht einfach nur Zuschauer unseres Lebens. Wir dürfen mutig leben, mit der Sicherheit, dass Gott uns trägt, wenn es schwierig, herausfordernd und anstrengend wird. Wir dürfen die Chance nutzen, unser Leben jetzt schon voller Hoffnung und Liebe zu gestalten – so wie Jesus es uns vorgelebt hat.
Und – was ganz wichtig ist – wir dürfen weiterfragen, zweifeln, glauben lernen – das ist alles Teil unseres Lebensweges.
Dazu gehört auch diese Sicherheit: Gottes Einladung zum Leben gilt für jeden Moment unseres Lebens, heute und für immer.
Lasst uns von diesen Worten berühren, anstecken und herausfordern. Hören – Glauben – Leben: Drei Schritte, die uns stark machen, gerade auch an Tagen, an denen wir uns wie heute die Endlichkeit vor Augen halten.
Mit dieser Zuversicht dürfen wir heute nach Hause gehen, dass wir vom Tod zum Leben hindurchgedrungen sind, weil Jesus uns seine Stimme schenkt. Wir sind Kinder Gottes – heute und ewig.
Amen.
Pfr. Martin Dubberke
Predigt am Letzten Sonntag des Kirchenjahres 2025 – Totensonntag – am 23. November 2025 in der Johanneskirche zu Partenkirchen, Perikopenreihe I mit einer Predigt über Johannes 9,24-29.
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