Pfr. Martin Dubberke
Beichtgottesdienst 2024 | Bild: Martin Dubberke

Fehlerkultur

Liebe Geschwister, was ist eigentlich eine Beichte? Die meisten Menschen denken und glauben, dass es das bei uns in der Evangelischen Kirche gar nicht gäbe, sondern nur in der Katholischen. Man findet ja bei uns auch keinen Beichtstuhl. Was ich eigentlich schade finde, weil der Beichtstuhl eine gewisse Anonymität bietet, die es einem leichter macht, seine Sünden zuzugeben, über seine Fehler mit jemandem ins Gespräch zu kommen, der am Ende nicht urteilen darf, sondern dich auf dem Weg zur Vergebung begleiten soll.

Und so ein Beichtstuhl erinnert uns auch daran, dass Gott der eigentliche Erfinder der Fehlerkultur ist.

Sie wurde eben nicht von Pädagogen, Psychologen oder irgendwelchen Managementspezialisten erfunden. Heute gibt es auch kaum noch eine Firma, in der im Leitbild nicht das Thema Fehlerkultur vorkommt. Mit einer Fehlerkultur möchte man Mitarbeiter gewinnen und ihnen die Angst vor Fehlern nehmen. Fehlerkultur soll deutlich machen, dass man aus Fehlern lernen kann und muss. Ja, der Mensch macht Fehler. Geht auch gar nicht anders. Wer von uns ist schon perfekt? Hat ja schon Jesus gesagt, als er die Menge aufforderte: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“

Auf einer Website zum Thema Fehlerkultur habe ich folgendes Zitat gefunden:

Was bedeutet Fehlerkultur?

Fehlerkultur ist ein theoretisches Konzept aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Es beschreibt, wie Gesellschaften, Gruppen oder Organisationen mit Fehlern, Fehlerrisiken und den Konsequenzen von Fehlentscheidungen umgehen – und ist damit für Unternehmen ein hoch relevantes Thema. Denn die Fehlerkultur ist eng mit der Unternehmenskultur verflochten.

(Personio, 2024)

Fällt Euch etwas auf? Es fehlt die Theologie. Es fehlt der Glaube. Ich behaupte: Die Beichtkultur und damit der Umgang mit Verfehlung und Vergebung ist eng mit der Kultur des Zusammenlebens in einer Gesellschaft, in dieser Welt verbunden. In einer Gesellschaft, in der das Beichten und Vergeben funktionieren, gehen die Menschen achtsamer miteinander um.

Und gerade in der Beichte können wir den Glauben ganz besonders spüren. Wie ist das denn, wenn wir Mist gebaut haben? Wenn wir jemanden verletzt haben? Wir gehen dem anderen Menschen aus dem Weg, weil wir verunsichert sind, weil wir Angst vor einer weiteren Auseinandersetzung haben, weil wir Angst vor einer weiteren Begegnung haben, weil wir Angst haben, etwas zu hören, das wir nicht hören wollen. Es wird deutlich, dass die Beziehung zwischen dem anderen und mir gestört ist.

Dietrich Bonhoeffer hat in seinem Buch „Gemeinsames Leben“ dazu folgendes geschrieben:

Gehe ich zur brüderlichen Beichte, so gehe ich zu Gott. So ergeht in der christlichen Gemeinschaft der Ruf zur brüderlichen Beichte und Vergebung als zu der großen Gnade Gottes in der Gemeinde. In der Beichte geschieht der Durchbruch zur Gemeinschaft. Die Sünde will mit dem Menschen allein sein.

Sünde macht einsam. Beichte schafft Gemeinschaft. Die Sünde, die Missetat oder ganz einfach, der Fehler, den ich begangen habe, trennt mich von allem. Er trennt mich von anderen Menschen und er trennt mich am Ende von Gott. Also, in beiden Fällen eine gestörte Beziehung.

Und jeder von uns kann sich daran erinnern, was passiert, wenn man über seine Fehler redet, wenn man sich auf den Weg der Entschuldigung begibt. Wie groß ist die Erleichterung, wenn die Mutter oder der Vater oder wer auch immer zu Dir sagt: „Komm! Ist schon gut.“

Im Grunde genommen sagt Jesus Christus von da oben am Kreuz nichts anderes zu uns, wenn wir aufrichtig zu ihm kommen.

Ihr habt in Euren Beichtbriefen aufgeschrieben, was Euch bedrückt, was Euch von anderen Menschen trennt und was Euch damit auch von Gott trennt. Wir werden nach dem Akt der Beichte und der Vergebung heute am Ende diese Beichtbriefe symbolisch verbrennen, denn was vor Gott gebeichtet wurde, ist für das zukünftige Leben gegenstandslos geworden. Es ist vergeben, wenn auch nicht vergessen. Wir lernen daraus für unser Leben und wir lernen daraus, wie wichtig das Doppelgebot der Liebe ist:

Jesus spricht:

„Der Herr, unser Gott, ist der Herr allein,
und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben
von ganzem Herzen, von ganzer Seele,
von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft.“
Das andre ist dies:
„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Es ist kein anderes Gebot größer als diese beiden.

Markusevangelium 12,29-31

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt im Beichtgottesdienst vor der Konfirmation am 27. April 2024 in der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)

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