Die Sache mit dem Licht in der Finsternis
Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern!
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.Noch manche Nacht wird fallen
auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte,
hält euch kein Dunkel mehr,
von Gottes Angesichte
kam euch die Rettung her.Jochen Klepper
Dies sind Verse aus einem Gedicht von Jochen Klepper, das er am 18. Dezember 1937 geschrieben hat. Er gab ihm den Titel „Weihnachtslied“.
Diese Verse fühlen sich ganz anders an als „O Du fröhliche“ oder „Driving Home for Christmas“. Diese Verse sind frei von Romantik und voll von Hoffnung, einer starken Hoffnung.
Diese Verse lassen die Dunkelheit der Welt spüren. Ein Weihnachtslied, das uns mit der Realität konfrontiert. Ein Weihnachtslied, das uns keine heile Welt vorgaukelt. Ein Weihnachtslied, das unsere Sorgen aufnimmt, unsere Ängste, unseren Schmerz an dieser Welt, so wie sie gerade ist. Und zugleich ist dieses Lied auch ein Trostlied, ein Mut-mach-Lied, das auf dem Weg aus der Finsternis heraus begleitet, ein Lied, das in die Finsternis der Ereignisse in Magdeburg ein Licht des Trostes wirft.
Und es wird deutlich, dass es ein Weg aus der Finsternis heraus gibt, vielleicht sogar einen langen Weg, kein von heute auf morgen, kein jetzt und sofort. Seit Jesu Geburt, seit mehr als zweitausend versuchen wir Menschen in diesem Licht zu gehen und scheitern auch immer wieder.
Noch manche Nacht wird fallen
auf Menschenleid und -schuld.
Es geht um Leid und Schuld. Es geht darum, das Leid zu sehen und ernst zu nehmen. Es geht darum, die Schuld – auch die eigene – zu erkennen und sich wieder am Stern auszurichten.
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte,
hält euch kein Dunkel mehr,
von Gottes Angesichte
kam euch die Rettung her.
Mit allen wandert der Stern der Gotteshuld. Und der Glanz, der von diesem Stern auf uns fällt, macht das Dunkel hell. Und wir erkennen, dass einzig von Gott die Rettung unserer Welt und damit unseres Lebens kommt.
Dieses Weihnachtslied ist wie eine Antwort auf die Frage, ob man in diesem Jahr frohe Weihnachten wünschen darf.
Ich lese den Predigttext aus dem Propheten Jesaja:
Der Friedefürst wird verheißen
1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. 2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. 3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. 4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HERRN Zebaoth.
Jesaja 9,1-6
Liebe Geschwister, wir sind das Volk, das im Finstern wandelt. Und wenn ich mir so die Welt anschaue, wie es da so zugeht, wird deutlich, dass viele Länder, viele Nationen im Finstern wandeln. Und dann stelle ich mir die Frage, wer oder was denn das Volk ist, das da im Finstern wandelt?
Sind das die Deutschen oder die Russen, die Franzosen oder die Amerikaner, oder, oder? Ich glaube, dass wir den Begriff Volk anders denken dürfen als manche ihn gerne denken wollen. Das Volk ist das Volk Gottes. Und das Volk Gottes sind alle Menschen, weil alle Menschen von Gott geschaffen worden sind. Egal ob Ihr das glaubt oder nicht, aber so ist es nun einmal.
Und wenn alle im Finstern wandeln, wundert es nicht, dass sie – um es mal so sagen – mit den Köpfen aneinanderstoßen und orientierungslos sind. Eben, so, wie diese unsere Welt gerade ist. Jetzt gerade am Heiligen Abend 2024 gibt es in 92 von 194 von der UN anerkannten Ländern dieser Erde kriegerische Konflikte. Also gewissermaßen in jedem zweiten Land. Man hat das Gefühl, dass jeglicher Kompass verloren gegangen ist. Wie konnte das nur passieren?
Vielleicht, weil immer mehr Menschen das Licht, um das es an diesem Abend, in dieser Nacht geht, in ihrem Leben ausgeknipst haben? – Na, dann gute Nacht, liebes Volk! Wer das Licht ausschaltet, wandelt nun mal in der Finsternis und darf sich nicht wundern, wenn diese Welt drunter und drüber geht und populistische Vereinfacher Hochkonjunktur haben.
Ich danke Euch, dass Ihr heute Abend alle hierher in die Johanneskirche gekommen seid, um das Licht dieser Nacht zu erleben, weil Ihr die Hoffnung habt, dass dieses Licht Euch durch diese Zeit trägt, Euch erhellt, Mut macht und neue Perspektiven eröffnet. Ihr habt dieses Licht in Euren Leben nämlich noch nicht ausgeknipst. Es gibt also noch Hoffnung. Und diese Hoffnung hat Euch heute in diese Kirche, in diesen Gottesdienst geführt. Ohne Hoffnung könnten wir nämlich nicht leben. Hoffnung heißt, dass es nicht bleiben muss und wird, wie es gerade ist, sondern Gott für uns möchte und von uns erwartet.
Jesaja kündigt den Friedefürst an. Das ist die Ansage des Friedens. Und für uns alle ist das heute eine Ansage des Friedens in einer Zeit der Kriege und des nach wie vor verunsicherten Umgangs damit. Hier hören wir die Zusage, auf die wir uns verlassen können.
4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.
Diese Vision sagt nicht, dass es ohne Waffen gehen wird, sondern, dass es eine Zeit geben wird, in der alle Waffen, alles Kriegslüsterne, Kriegsgeile und Kriegstreibende, Menschen- und Gottverachtende zerstört sein wird, und dann keine Waffen mehr existieren werden, weil alle Waffen, alles Kriegstreibende einander zerstört haben. Und was wird an deren Stelle treten? Die Liebe! Ja, die Liebe. Die Liebe, nach der wir uns alle so sehnen. Doch die Liebe ist Arbeit und nicht nur Romantik pur. Liebe ist harte, verantwortungsvolle Arbeit, vielleicht sogar die härteste Arbeit, die es gibt.
Wer von uns verheiratet ist oder in einer Beziehung lebt, weiß, dass Liebe kein Selbstläufer ist, sondern jeden Tag aufs Neue gelebt werden muss. Liebe ist keine Kurzstrecke, kein One-Night-Erlebis, sondern Langstrecke, ein Marathon. Und ich gebe zu, und meine Frau wird es sicherlich bestätigen, da habe auch ich manchmal Konditionsschwächen. Aber daran kann man arbeiten.
Wie viele Ehen und Beziehungen scheitern an der mangelnden Kondition und dem Glauben an die Selbstverständlichkeit. Und wie wir wissen, scheitern nicht nur Ehen daran, sondern auch Koalitionen. Denn auch da geht es um Beziehungsarbeit.
Und so ist auch der Frieden in Europa am Glauben an die Selbstverständlichkeit, die sogenannte Friedensdividende gescheitert und nun haben wir den Salat, den Schlamassel und den damit verbunden Rosenkrieg in unserer Parteienlandschaft, in Europa, in der Welt. Wie war das mit der Nächstenliebe? Wagt einfach mehr Nächstenliebe und verwechselt nicht das „Liebe dich selbst“ mit Egoismus. Auch daran dürfen wir uns in dieser Nacht erinnern. Auch diese Liebe gehört zum Licht, dass uns aus der Finsternis herausführt. Es ist die Liebe, die uns aus dieser Finsternis herausführt.
Alle hoffen auf den starken Mann oder die starke Frau, der die das anpackt und sagt, wo es langgeht. Dabei gibt es diesen starken Mann schon seit mehr als zweitausend Jahren. Es ist der Mann, dessen Geburt wir heute Nacht feiern werden. Es ist der Mann, den uns Jesaja als Friedefürsten angekündigt hat:
5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; 6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er’s stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit.
Diesem Jesus dürfen wir uns bedenkenlos anvertrauen und folgen. Ihr Lieben, in dieser Nacht, darf uns endlich mal ein Licht aufgehen.
Frohe und gesegnete Weihnachten!
Amen!
Pfr. Martin Dubberke
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