Vom Heiligen Benedikt stammt der Satz: „Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr. Suche den Frieden.“ Ja, das Zuhören will gelernt sein. Zuhören, heißt dem anderen Zeit zu schenken. Zuhören heißt, dass ich dem anderen meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenke. Ja, die ungeteilte. Wie oft erlebe ich es, auch bei mir selbst, dass es in einem Gespräch „Pling“ macht oder für einen Moment der Touchscreen meines Mobiltelefons aufblinkt, dass meine Aufmerksamkeit vom Gegenüber für einen entscheidenden Moment abgelenkt wird. Wie oft erlebe ich es in Sitzungen, dass jemand seine ganze ganze Aufmerksamkeit den Nachrichten auf seinem Smartphone widmet und mit jemandem eine Kurznachricht nach der anderen austauscht, während er sein Handy wie einen Spickzettel unter den Tisch hält und glaubt, dass es nicht gesehen wird. Aber seine Körperhaltung signalisiert sehr deutlich, dass er gerade gedanklich abwesend ist. Ein wenig wertschätzendes Verhalten.
Nicht zuzuhören kann auch sehr gefährlich werden, denn Zuhören bedeutet Aufmerksamkeit, sich merken, was der andere sagt, das aufzunehmen, was der andere sagt, und in sich wirken zu lassen. Doch wie oft erlebe ich, dass das Hören eher wie das Stehenbleiben an einer roten Ampel ist, wo man nur auf das Grün wartet, um weiterzugehen, also weiterzureden. Dann ist das kein Dialog, sondern ein parallel versetzter Monolog. Und damit bin ich wieder nur auf mich selbst fixiert. Bin ich auf mich selbst fixiert, bin ich am Ende aber auch einsam. Dem anderen nicht seines Herzens Ohr zuzuneigen, heißt auch, den nächsten nicht wie sich selbst zu lieben. Und genau das macht der mahnende Monatsspruch für den Juli aus dem Jakobus-Brief 1,19 deutlich:
Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören,
langsam zum Reden,
langsam zum Zorn.
Ein Schelm, wer jetzt heimlich denkt: „Ein jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam im Twittern, langsam im Wutausbruch.“ – Natürlich haben wir jetzt sofort jemanden vor unserem inneren Auge. Aber wie sieht es denn mit uns selbst aus? Wie oft gehen wir selbst ab, wie Schmitz Katze, weil wir nicht schnell genug und richtig hingehört haben, weil wir in dieser medial überreizten Welt mal ganz schnell 160 Zeichen in unser Smartphone touchen.
Schnell zuzuhören, bedeutet von Anfang an aufmerksam zu sein. Langsam zum Reden bedeutet, nachzudenken und abzuwägen, was man sagt, weil Worte auch Waffen sein können, die den anderen verletzten, der Seele Schaden zufügen können. Langsam zum Zorn bedeutet, in sich ruhend dem anderen offen gegenüber und mit Gott verbunden ins Gespräch zu gehen, möglichst alle Aspekte wahrzunehmen. Das ist eine hohe Kunst, die immer seltener wird, weil man sie lernen muss. Und am besten lernt man diese Kunst im Gebet.
Jakobus richtet seine Worte nicht an irgendwelche Leute oder an Politiker, sondern an Christinnen und Christen. Das sollte uns zu denken geben, weil das bedeutet, dass wir nicht per se die Guten sind, sondern etwas tun müssen, um die Guten zu sein. Es reicht nicht, einer Predigt zuzuhören und dann wieder mit einem guten Gefühl in die Welt zu gehen. Sondern es geht darum, das Wort, das Gott spricht, auch zu tun. Und damit komme ich zu einem ganz sensiblen Punkt: Glaube zeigt sich nicht allein in der Mitgliedschaft zu einer Glaubensgemeinschaft, sondern im glaubwürdigen Handeln.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete Zeit
Ihr Pfarrer Martin Dubberke
Monatswort für den Juli 2019