Pfr. Martin Dubberke

Der Hochmütige ist nicht gesellschaftskompatibel

So gingen Mose und Aaron hin zum Pharao und sprachen zu ihm: So spricht der HERR: Lass mein Volk ziehen, dass es mir diene!

2. Mose 10,3 

Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

1. Petrus 5,5 

Das erste, was mir dabei einfällt, ist: Hochmut kommt vor dem Fall. (Sprüche 16, 18) Was aber ist Hochmut?

Ein Wort, das heute eigentlich kaum noch gebraucht wird. Es ist ein altertümliches Wort. Ein Wort, das einen Hauch von Mittelalter hat. Man denke nur an Großmut, Kleinmut, Sanftmut, Zornmut, Langmut, Frohmut, Schwermut, Schwachmut, Starkmut, Freimut, Wankelmut, Missmut alles Worte, die heute kaum noch oder gar nicht mehr über die Lippen gehen, die nicht mehr cool sind und auch kaum noch verstanden werden.

Sprache wandelt sich. Sie ist ein Spiegel ihrer Zeit. Sie sagt aber auch viel darüber aus, wie es um eine Gesellschaft bestellt ist. Wie und wo sie steht, fühlt, denkt und sich miteinander verhält.

Was ist das für eine Gesellschaft, in der Worte wie Hochmut und Demut fast vollkommen aus der Sprache verschwunden sind? Kann es daran liegen, dass es sich um zentrale Begriffe des Christlichen handelt und wir Christen und damit auch unsere Sprache einen immer geringeren Anteil in der Alltagssprache einnimmt?

Aber das Spannende ist, auch wenn die Worte kaum noch eine Rolle spielen, so gibt es doch noch immer Hochmut und Demut. Menschen, die hochmütig sind und in ihrem Hochmut blind sind für die Realität. Sie glauben, unverwundbar zu sein wie Siegfried nach seinem Bad im Drachenblut. Sie glauben, ihre Position macht sie unangreifbar und stellt sie über andere. Doch Hochmut kommt vor dem Fall. Hochmut hat nichts mit Hohem Mut zu tun. Hat nichts mit besonderem Mut zu tun, sondern mit Realitätsverlust. Der Hochmütige nimmt sich aus der Gemeinschaft, weil er sich für etwas Besseres hält. Weil er eine bessere Ausbildung hat, eine bessere Karriere gemacht hat oder aus einer besseren Familie stammt. Der Hochmütige ist nicht gemeinschaftskompatibel und wird deshalb früher oder später über seinen Hochmut stolpern, weil er ein entscheidendes Detail übersehen hat, weil Hochmut eben auch die Sicht behindert und perspektivisch blind macht.

Und damit wird er zu einem Gefangenen seiner selbst. Die Menschen um ihn herum mögen ihn nicht. Es gibt natürlich andere Hochmütige und die ziehen einander an, weil sie eine Gemeinschaft der Hochmütigen, der vermeintlich Unverwundbaren bilden, die sich vom Rest der Gesellschaft abgrenzen und glauben, andere Rechte zu haben. Mehr Rechte, andere Freiheiten. Sie glauben, sich ganz selbstverständlich Dinge herausnehmen zu können, die den anderen nicht zustehen.

Hochmut hat immer die Herabwürdigung des anderen zur Folge. Ich würdige den anderen herab, damit ich ihn kontrollieren kann und damit Macht über ihn haben kann. Habe ich Macht über ihn, kann er mir nicht gefährlich werden.

Hochmut bedeutet, dass ich dem anderen nichts zumute. Der andere inkompetent und minderwertig ist und ich deshalb über ihn bestimmen kann, seine Freiheit eingrenzen kann, ihn ausnutzen kann.

So hat es auch der Pharao getan. Er hat ein ganzes Volk in seinem Land gefangen gehalten, das für ihn arbeiten musste. Doch dann kam Gott ins Spiel und mit Gott Mose und Aaron, die zum Pharao gingen und Gottes Willen durchsetzten.

Am Ende muss der Pharao oder auch der Betrachter erfahren, dass Hochmut eigentlich Schwachmut ist. Wer hochmütig ist, will seine Schwäche nicht als seine Stärke sehen. Wer hochmütig ist, lenkt von seinen Schwächen ab. Und genau diese Schwächen bringen ihn zu Fall.

Eigentlich ist der Hochmütige eine arme Seele. 

Und genau das scheint mir hinter dem Lehrtext zu stehen: Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.

Gott widerstand in Gestalt von Moses und Aaron dem hochmütigen Pharao und schenkte seinem Volk die Freiheit. Doch der Weg in die Freiheit dauerte, weil sein Volk selbst noch Demut lernen musste.

Demut ist damit der Schlüssel zur Freiheit.

Amen.