Paolo Coelhos neuer Roman „Aleph“
Coelho hätte gute Chancen im Guinness Buch der Weltrekorde einen Eintrag als Dauerprediger zu erhalten. Und es scheint, als wollte er sich mit seinem neuen Roman darum bewerben.
Ich weiß, es klingt aus meiner Feder böse, aber ich kann nicht anders als ehrlich zu sein, während ich hier im Kant-Café sitze und bei einer Tasse Kaffee diese Rezension schreibe.
Als ich vergangene Woche mit einem Freund in einer Buchhandlung stöbern ging, entdeckte ich das neue Werk. Der Titel machte mich neugierig.
Also kaufte ich mir nach einer Nacht Bedenkzeit das Buch. Ja, ich bin ja ein bekennender Optimist und dachte mir, dass ein Mann der die elf Minuten geschrieben hat, wieder ein Buch geschrieben haben könnte, das mich mitreißt.
Sie ahnen es nach meiner Einleitung sicherlich schon: Ich bin gnadenlos enttäuscht worden, weil ich in meiner Befürchtung so furchtbar bestätigt worden bin.
Es gibt wie immer ein paar nette Wortperlen, wie:
„Selbst wenn ich gerade in meiner spirituellen Entwicklung blockiert bin…“
„Das Glück des Einzelnen wird zum Glück aller…“ oder „Worte sind getrocknete Tränen.“
Aber unterm Schlussstrich handelt es sich um ein langweiliges pseudophilosophisch-religiöses Allgemeinplatzgedudel eines alternden Mannes, der sich in seiner Sinnkrise lustvoll leidend verloren hat. Elmar Krekeler findet hier in seiner Rezension in der Welt eine schöne Bezeichnung für Coelho: Transzendentalalchemist. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Coelhos Roman ist so statisch wie ein Findling, der schon seit Urzeiten an der gleichen Stelle liegt. Die Handlung kommt und kommt nicht vorwärts, auch wenn man sich im Laufe der 300 Seiten mit der transsibirischen Eisenbahn durch neun Zeitzonen bewegt. Was hätte man aus so einer Bahnreise machen können?
Coelho aber referiert hier eher Fakten. Das Ganze liest sich so, als hätte sich der Autor mit Stichworten wie „Aleph“ oder „Spiritualität“, „Novosibirsk“ oder „Wiedergeburt“ und „Aikido“ durch Wikipedia gegooglet und die Suchergebnisse mit einer dürren Rahmenhandlung lose verbunden, so dass sie miteinander halbwegs einen Sinn ergeben. Doch das ist noch lange kein Roman.
Es will sich mir beim besten Willen nicht erschließen, warum dieser Paolo Coelho zu den drei erfolgreichsten Bestsellerautoren der Welt gehört. Immerhin hat er 135 Millionen Bücher weltweit verkauft. Was zieht diese Leser so bei ihm an? Es muss eine tiefe, spirituelle Sehnsucht sein, die die Menschen heute nicht mehr anders zu stillen wissen, als in und mit Büchern wie diesen. Das könnte der Schlüssel für meine Unempfänglichkeit bei Coelhos Büchern sein, weil ich einen Ort habe, wo ich meine Spiritualität leben kann.
Naja, mal sehen, vielleicht gefällt mir ja sein nächster Roman. Denn der wird so sicher kommen wie das Amen in der Kirche.