Pfr. Martin Dubberke
Der Mond über dem Bonhoeffer-Haus | Bild: Martin Dubberke

Zukunftsängste?

Liebe Geschwister, heute geht’s ums Fürchten, um unsere Zukunftsängste, um unsere Sorgen. Das ist es, was heute alle Lesungen und den Predigttext miteinander verbindet.

Es ist umsonst,
dass ihr früh aufsteht
und hernach lange sitzet
und esset euer Brot mit Sorgen;
denn seinen Freunden
gibt er es im Schlaf.

Psalm 127,2

So heißt’s im Psalm 127. In der Epistel, im Ersten Petrusbrief, werden wir aufgefordert:

Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.
1. Petrus 5,7

Und Jesus selbst ermutigt uns bei Matthäus:

Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet.
Matthäus 6,25

Und der Predigttext von heute aus dem 1. Buch Mose erzählt uns von einer Begegnung zwischen Gott und Abram:

Nach diesen Geschichten begab sich’s, dass zu Abram das Wort des Herrn kam in einer Erscheinung: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.

Abram sprach aber: Herr Herr, was willst du mir geben? Ich gehe dahin ohne Kinder und mein Knecht Eliëser von Damaskus wird mein Haus besitzen. 3 Und Abram sprach: Mir hast du keine Nachkommen gegeben; und siehe, einer aus meinem Haus wird mein Erbe sein.

Und siehe, der Herr sprach zu ihm: Er soll nicht dein Erbe sein, sondern der von deinem Leibe kommen wird, der soll dein Erbe sein. 5 Und er hieß ihn hinausgehen und sprach: Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!

1. Mose 15,1-6

Auch hier:

Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.

Gott ist in unserem Leben so wirkmächtig, dass wir uns keine Sorgen machen müssen. Er sorgt für unseren Schutz. Er sorgt für unseren Leib. Er sorgt für unsere Kleidung, unsere Ernährung und sogar für unsere Nachkommen.

Wenn wir Sorgen haben, bedeutet das dann im Umkehrschluss, dass unser Glaube nicht groß, nicht stark genug ist? Das ist zumindest das, was uns Jesus direkt ins Gesicht sagt:

Sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen?
Matthäus 6,30

Bedeutet das etwa, sich zu sorgen, ist Ausdruck des eigenen Misstrauens Gott gegenüber? Bedeutet das, dass ich Gott gegebenenfalls nicht so recht über den Weg traue?

Das klingt doch ganz danach oder? Aber wisst Ihr, was mich daran beruhigt: Der Mensch hat schon immer Sorgen und Zukunftsängste gehabt. Das machen ja die Beispiele aus der Bibel deutlich. Und das Verrückte ist doch, dass trotz aller Zukunftsängste noch immer Menschen auf dieser Erde leben und morgen wieder die Sonne aufgehen wird. Und es ist ja in der Tat so, dass genau das eingetroffen ist, was Gott Abram einst versprochen hat:

Sieh gen Himmel und zähle die Sterne; kannst du sie zählen? Und sprach zu ihm: So zahlreich sollen deine Nachkommen sein!
1. Mose 15,6

Auch wir gehören zu diesen Nachkommen. Also, hat Gott doch Wort gehalten, oder?

Was aber ist aus unseren Ängsten, unseren Zukunftsängsten geworden? Wir leben ja in einer Zeit, in der man durchaus Angst um die Zukunft haben kann. Denken wir nur an die ganzen Wetterkatastrophen, die Erdbeben, die Kriege, den kleinen Mann im Kreml, dessen Handeln alles bei uns durcheinandergewirbelt hat, der uns gezeigt hat, wie verletzlich wir sind und wie bequem wir geworden sind. Oder wie es die niederländische Justizministerin Dilan Yesilgöz-Zegerius dieser Tage in einem Essay geschrieben hat:

Ein Volk kann zu bequem werden, um für sein eigenes Wohl zu sorgen.
(Yesilgöz-Zegerius, 2023)

Denken wir an die Politikerinnen und Politiker, denen zu vertrauen, dass ihnen die richtigen Entscheidungen und Wege gelingen, immer schwerer fällt…

Ich glaube, wenn ich Euch jetzt fragen würde, wer von Euch keine Angst vor der Zukunft hat, würde ich vielleicht nicht so viele Hände von Euch nach oben gehen sehen, wie bei der Frage, wer von Euch Sorgen um die Zukunft hat.

Wer von Euch hat denn keine Angst vor der Zukunft?

[Niemand hat bei dieser Frage die Hand gehoben.]

Ich glaube, dass es einen starken Glauben braucht, um durch diese Zeit zu kommen. Und ich glaube auch, dass genau das unserem Land fehlt. Die Menschen haben den Glauben verloren. Weniger als die Hälfte der Menschen in unserem Land sind noch Mitglied einer der beiden sogenannten großen Kirchen. Und bei wie vielen Menschen, die in unseren Kirchen noch Mitglied sind, spielt der Glaube im täglichen Leben eine Rolle?

Das Leben konzentriert sich mehr und mehr auf das von Menschen Gemachte. Die Menschen machen. Sie glauben zu machen. Aber wenn ich mir die Stimmung im Land anschaue, wem so viele Millionen Menschen ihre Zukunft anvertrauen wollen – immerhin wollen gerade 22% der wahlberechtigten Menschen in unserem Lande, also etwas mehr als jeder fünfte Wähler oder Wählerin –, blau wählen. Da mache ich mir Sorgen.

Lassen uns unsere Zukunftssorgen etwa auf das falsche Pferd setzen, uns blauäugig werden, weil so viele Menschen die Rechnung ohne Gott machen, gar nicht mehr mit ihm rechnen?

Ich sage Euch was: Auch wenn wir nur noch unter 50% Christinnen und Christen in unserem Land sind, so sind wir doch mehr als diese 22%, die aufstehen können, die sagen können, was Gott von uns Menschen erwartet: Nämlich Frieden! Frieden und Freiheit!

Und ich verrate Euch etwas: Nicht nur bei uns leben Christinnen und Christen. Wir leben überall auf der Welt. Wir sind weltweit rund 2,1 Milliarden Christinnen und Christen. Keine andere Religion ist so stark auf dieser Welt vertreten, wie das Christentum.

Unsere Sorgen um die Zukunft sähen ganz anders aus, wenn wir Gott ernst nähmen, wenn wir auf die befreiende Wirkung seiner Gebote vertrauen würden, wenn wir ihm vertrauen würden. Das gilt auch für die Menschen, die die Geschicke unseres Landes lenken und genauso auch die Menschen, die die Geschicke anderer Länder lenken. Wenn sie alle mehr auf Gott vertrauen würden, würde sie mehr das Gemeinsame als das Trennende erkennen, und das Gemeinsame stärken.

Habt Ihr Euch schon mal gefragt, wie viele politische Entscheidungen durch Lobbyvertreter beeinflusst werden? Wie viele Tunnel wurden gebaut, weil es Lobbyvertreter gab? Wie viele Straßen wurden ausgebaut, weil die Autolobby stärker ist als die Lobby, die sich für den Ausbau und Erhalt des Schienennetzes einsetzt? Als Christinnen und Christen, sind wir die wichtigste Lobby. Wir wollen keine Tunnel, keine Straßen, wir wollen nichts anderes als Frieden und Freiheit.

Wer Gott nicht vertraut, steht in der Gefahr kleingläubig zu werden und am Ende, dem zu vertrauen, der als einfache Lösung seiner Sorgen daherkommt. Gott hat nie gesagt, dass alles auf Knopfdruck geschieht. Das war auch bei Abram nicht der Fall. Der Blick in den Himmel, als er die Sterne zählen sollte, die für die Zahl seiner Nachkommen stehen, wollte Gott zum einen seine Perspektive weiten und zum anderen deutlich machen, was möglich wird, wenn man Gott vertraut und sich auf einen neuen Weg in seinem Leben begibt. In keinem der vier Texte von heute fällt auch nur einmal das Wort, dass es leicht sei oder Gott es uns leicht machen wolle. Gott fordert uns heraus. Er will uns Mut machen. Und wir dürfen uns auf diesen Weg machen, weil Gott für uns sorgt.

Wir sollten vielleicht öfter mal am Abend unseren Blick in den Himmel lenken und versuchen, die Sterne zu zählen. Dabei können wir nämlich noch etwas anderes erleben: Demut. Demut, weil wir nicht das Zentrum der Schöpfung Gottes sind, sondern ein kleiner Teil, aber ein kleiner Teil, auf den Gott einmal sein ganzes Vertrauen gesetzt hat. Lasst uns auf dieses Vertrauen mit einem starken und gelebten Glauben antworten.

Es geht also in erster Linie um das, was uns Jesus schon vor zweitausend Jahren gesagt hat:

Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.
Matthäus 6,33

Daraus entwickelt sich dann alles andere. Dann reicht es für alle, weil wir alle miteinander in Frieden und Freiheit leben, unseren Nächsten und die Schöpfung lieben und achten. So und nicht anders sollte es sein.

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am 15. Sonntag nach Trinitatis, 17. September 2023, über 1. Mose 5,1-6 in der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfarrer Martin Dubberke, Gedanken zum Monatsspruch für den September 2023

Pfr. Martin Dubberke
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