Liebe Geschwister, glaubt Ihr an Wunder? – Ich weiß ja nicht, wie es Euch so geht, aber ich hoffe immer wieder auf Wunder. Wenn ich daran denke, wie das vor einer Woche aussah, als die Regierungschefs von Polen, Großbritannien, Frankreich und Deutschland zusammenkamen und dann via Smartphone auch noch den Amerikanischen Präsidenten mit an den Tisch holten, keimte so ein wenig Hoffnung, dass sich vielleicht doch etwas zum Guten bewegen könnte. Und ich scheine nicht der einzige Mensch gewesen zu sein, der in diesem Moment auf ein Wunder hoffte. Die Presse war voll davon. Die Hoffnung auf ein Wunder war an so vielen Stellen spürbar.
Glauben wir an Wunder? – Ich glaube, nicht an Wunder zu glauben ist so, als würde man nicht an Gott glauben. Jesus hat uns die befreiende Kraft durch Wunder immer wieder gezeigt. Die Bibel erzählt immer wieder von Wundern. Mir ging in den letzten Tagen, als ich mich auf diese Predigt vorbereitet habe, immer wieder ohrwurmartig ein alter Schlager durch den Kopf, den Ihr sicherlich auch noch alle kennt:
Wunder gibt es immer wieder;
heute oder morgen
können sie geschehn.
Wunder gibt es immer wieder;
wenn sie dir begegnen,
musst du sie auch sehn.
Günter Loose & Christian Bruhn
Genau, den hat Katja Ebstein gesungen. Das war 1970 beim Eurovision Song Contest. Sie belegte damals den dritten Platz. – In diesem Jahr kamen wir auf Platz 15. Es geschah also kein Wunder, was mich nicht gewundert hat.
Aber, Wunder gibt es immer wieder. Heute oder morgen können sie geschehen und wenn sie Dir begegnen, musst Du sie auch sehen. Dieser eingängige Refrain – und im Gegensatz zum deutschen ESC-Song „Baller“ kann man diesen Refrain auch schon nach dem ersten Hören mitsingen – dieser Refrain ruft uns unmissverständlich ins Gedächtnis: Wunder sind um uns herum und warten darauf, von uns erkannt zu werden. So wie dieser Refrain uns daran erinnert, dass Hoffnung und Veränderung jederzeit möglich sind, so können auch in den dunkelsten Momenten unseres Lebens göttliche Wunder wirksam werden – mitten in unseren Ängsten, Sorgen und Prüfungen.
Und genau an dieser Stelle komme ich nun zum Predigttext aus der Apostelgeschichte 16, die Verse 23 bis 34:
23 Nachdem man Paulus und Silas hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Kerkermeister, sie gut zu bewachen. 24 Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.
25 Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und es hörten sie die Gefangenen. 26 Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die Fesseln ab. 27 Als aber der Kerkermeister aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.
28 Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier! 29 Der aber forderte ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. 30 Und er führte sie heraus und sprach: Ihr Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? 31 Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! 32 Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren. 33 Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen 34 und führte sie in sein Haus und bereitete ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.
Wir begegnen hier Paulus und Silas in einer Situation, die den bedingungslosen Glauben in all seiner Kraft offenbart. Trotz ungerechter Verhaftung, körperlicher Schmerzen und seelischer Last beteten sie unaufhörlich und lobten Gott mit einer solchen Inbrunst, dass ihre Lieder selbst die finstersten Mauern eines Kerkers zu überwinden schienen. Als ihr Gesang in den Gängen des Gefängnisses erklang, war es, als ob der Klang des Lobpreises direkt zu den Ohren Gottes drang – und Gott antwortete mit einem überwältigenden Erdbeben, das nicht nur die Fesseln sprengte, sondern auch das Herz des Gefängniswärters berührte und ihn zur rettenden Entscheidung führte.
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, wenn Ihr diese Episode aus der Apostelgeschichte hört. Bei mir blieben vor allem folgende Stichworte hängen:
Beten – Beten in einer schwierigen Lebenssituation, die geradezu ausweglos erschien. Solche Situation kennen wir alle und wir leben ja auch seit drei Jahren in einer solchen Situation. Erzähle mir niemand, dass ihn diese Weltlage – auch wenn bei uns im Land keine Raketen einschlagen – nicht belasten würde. Und genau in dieser scheinbar hoffnungslosen Situation können auch wir – wie Paulus uns Silas – die Kraft des Gebets entdecken – wiederentdecken. Das, was die beiden da in ihrer Zelle taten, war nicht nur ein Akt der Andacht, sondern ein lebendiges Gespräch mit unserem Schöpfer. So wie Paulus und Silas in ihrer Gefangenschaft das Gebet als Rettungsanker fanden, sind auch wir dazu aufgerufen, in den Stürmen des Lebens unerschütterlich zu beten. Denn im Gebet liegt die Möglichkeit, unsere Sorgen loszulassen, Kraft zu schöpfen und die Realität mit Gottes Hilfe neu zu gestalten. Jeder Moment, in dem wir innehalten und mit Gott sprechen, ist ein Schritt aus der Dunkelheit hinein in das Licht seiner Gnade
Loben – Gott zu loben ist das nächste Stichwort, das hängen bleibt. Beten und Loben geschieht in dieser Geschichte in einem Atemzug. Das Gebet und das Gotteslob bilden eine Einheit miteinander. Das Gebet ist ohne das Gotteslob nicht denkbar. Gott zu loben, heißt vom Wirken Gottes im eigenen Leben dankbar zu reden und zu singen. Und wer an Gott glaubt, erfährt immer wieder das Wirken Gottes in seinem Leben. Und genau diese Erfahrung macht uns stark und auch in einer gewissen Weise resilienter, um mal dieses heute so gern benutze Wort zu nehmen. Es ist diese Erfahrung, die uns dankbar werden lässt und dieser Dank, dieses Lob Gottes stärkt uns wiederum selbst, weil wir immer und immer wieder uns an diese gute Erfahrung mit Gott in unserem Leben erinnern, und das lässt uns stark werden.
Der Lobgesang der beiden Gefangenen Paulus und Silas war nicht nur ein religiöses Ritual, sondern ein mutiger Ausdruck tiefen Vertrauens. Selbst in Ketten fand ihr Lobpreis die Freiheit, denn er war ein direktes Bekenntnis zu der unendlichen Liebe und Allmacht Gottes. Für uns heute bedeutet das noch immer das gleichen: Gott in den Freuden und Nöten unseres Lebens zu loben. Alle Wunder, die wir uns erhoffen, haben ihren Ursprung im Lob Gottes. Unser herzlicher Gesang wird zu einer Kraft, die nicht nur uns selbst, sondern auch andere inspiriert und stärkt.
Auch wenn expressis verbis das Wort Wunder in der Geschichte nicht vorkommt, ist es dennoch ein weiteres Stichwort, denn wir erleben hier ein Wunder, ein Wunder, das sich in jenen finsteren Stunden im Gefängnis offenbarte. Und genau dieses Wunder ist mehr als nur ein historisches Ereignis – es ist ein Zeichen, dass Gottes Gegenwart jede Finsternis durchdringen kann. Es zeigt uns, dass Wunder nicht an den Mauern der Vergangenheit erstarren, sondern heute genauso stattfinden, wenn wir den Mut haben zu beten, zu loben und auf Gott zu vertrauen. Vielleicht erlebt Ihr in Eurem eigenen Leben Momente, in denen in scheinbar ausweglosen Situationen ein Lichtstrahl erscheint – das ist Gottes Wirken, das deine Welt verwandelt.
Und ein weiteres Stichwort ist eher eine Stichfrage: Was muss ich tun, dass ich gerettet werde? Das ist die Frage des Kerkermeisters. Und Paulus und Silas haben darauf eine ganz einfache Antwort:
Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig!
Und damit kommt nun das nächste Stichwort ins Spiel: Der Glaube. Dieser Kerkermeister erlebte als Außenstehender als Nicht-Christ ein Wunder, das ihn zutiefst verunsicherte. Und zugleich erkannte er, dass hier eine Macht im Spiel war, die ihn retten konnte.
Praktisch und zupackend heißt das: Öffne dein Herz, suche in der Stille des Gebets die Nähe zu Jesus und vertraue darauf, dass seine rettende Liebe in dein ganzes Leben eindringt. Es geht nicht um endlose Rituale oder um äußere Leistungen, sondern um die mutige Entscheidung, das eigene Leben Jesus anzuvertrauen – jeden Tag aufs Neue, mit Glauben und Dankbarkeit. Diese Entscheidung ist gleichzeitig ein Schritt in die Freiheit und ein Aufbruch zu einer lebensverändernden Beziehung
Und schließlich kommt noch etwas anderes hinzu, nämlich das Erzählen vom Glauben, das den Weg zum Glauben öffnet und ihm Zukunft gibt.
Und Paulus und Silas sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren.
Paulus und Silas nutzten diese Situation und erzählten vom Glauben und welche befreiende Kraft er hat und wie er unser aller Leben zum Guten verändern kann. Sie nahmen diese missionarische Situation wahr. Sie taten das, was Gott auch von uns erwartet. Anderen von Gott zu erzählen, bedeutet auch zugleich, Gott zu loben. Das erlebte Wunder machte den Kerkermeister offen für Gott. Mit diesem Wunder wurden nicht nur die Ketten von Paulus und Silas gesprengt, die Schlösser der Gefängniszellen aufgesprengt und das Gefängnis dem Erdboden gleichgemacht, mit dem Wunder wurden auch die Ketten des Kerkermeisters gesprengt. Auch er wurde befreit und wie neu geboren. Denn er ließ sich und alle in seinem Haus taufen. Und damit kommt das letzte Stichwort zum Tragen: Die Freude.
Und der Kerkermeister freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.
Der Weg zum Glauben bedeutet Freude. Der Weg zum Glauben ist auch in unserer heutigen, oft unübersichtlichen Welt offen und erreichbar. Unsere tägliche Begegnung mit dem Gebet und dem Lobpreis kann uns immer wieder daran erinnern: Wunder geschehen – nicht nur in alten Erzählungen, sondern hier und jetzt. Dieser Glaube ist nicht nur ein Rückblick auf vergangene Wunder; er ist lebendig, dynamisch und zukunftsorientiert. Er schenkt uns Mut und Selbstvertrauen, da er uns zeigt, dass das Licht Gottes selbst in den dunkelsten Zeiten niemals erlischt. Jeder Schritt im Glauben, jedes mutige Wort des Gebets und jeder Akt des Lobpreises baut eine Brücke in eine Zukunft, in der Gottes Liebe und die Kraft seiner Wunder unser Leben immer wieder erneuern.
Lasst uns also, inspiriert von dem Refrain „Wunder gibt es immer wieder“, unseren Glauben festigen, täglich beten, Gott unermüdlich loben und die Wunder in unserem Leben suchen und annehmen. Denn nur wer den Mut hat, die Wunder zu sehen, kann auch den Weg zu einem Leben in Gottes rettender Gnade antreten – heute, morgen und an jedem neuen Tag.
Amen.
Pfr. Martin Dubberke
Predigt am Sonntag Kantate in der Johanneskirche zu Partenkirchen und Markuskirche zu Farchant am 18. Mai 2025, Perikopenreihe I, Apostelgeschichte 6,23-34
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