Liebe Geschwister, der Predigttext aus dem Buch des Propheten Sacharja ist in der Lutherbibel von 2017 überschrieben mit den Worten:
Das künftige Heil für die Völker
Daraus spricht eine ganz große Sehnsucht. Eigentlich die Sehnsucht aller Menschen, die auf dieser Erde leben, nämlich die Sehnsucht nach einem friedlichen Miteinander auf dieser Welt. Dass man selbst, seine Familie, seine Kinder in Frieden aufwachsen können. Niemand Sorge haben muss, dass die eigenen Kinder oder man selbst andere Menschen töten muss oder selbst Gefahr läuft, getötet zu werden, weil man das sogenannte „sein“ Land verteidigen muss oder von einem machtbesessenen Herrscher auf ein anderes Land losgehetzt wird, um es in Besitz zu nehmen.
Unfriede ist ein großes Unrecht. Krieg ist der Bruch so vieler Gebote Gottes:
Ich vergesse, dass der Herr mein Gott ist, und nicht irgendein weltlicher Führer, der die Macht an sich gerissen hat. Im Krieg missbrauche ich den Namen Gottes. Erinnern wir uns doch daran, wie viele Kriege angeblich im Namen Gottes geführt wurden und noch immer geführt werden. Mit Kriegen ehren wir weder Mütter noch Väter, die mit Sorgen und Freuden ihre Kinder gezeugt, geboren und großgezogen haben.
Es wird getötet, wo wir doch nicht töten sollen. Es wird gestohlen, geplündert, unterschlagen. Es wird falsch Zeugnis wider den Nächsten geredet. Also das, was wir heute Fake News oder alternative Fakten nennen.
Es wird des Nächsten Haus, Land und noch mehr begehrt, besetzt und enteignet.
All diese Gebote hat uns einst Gott gegeben, damit wir in Frieden miteinander leben können. Zehn kleine Spielregeln, die im Original nur zwanzig Worte zählen. Zehn kleine Spielregeln, die sich jedes kleine Kind merken kann. Zehn Grenzen, die man niemals verletzen sollte. Und diese zehn Regeln gelten ja nicht nur für mich als Individuum, sondern durch mich auch für ganze Länder und Nationen. Sie sind Ausdruck der Liebe Gottes zu uns Menschen, zu seiner Schöpfung, denn wir sind alle eins in ihm. Gott hat keine Lieblingskinder. Er liebt alle seine Kinder, Menschen, Tiere, Schöpfung, Länder gleichermaßen. So, wie wir als Eltern auch unsere Kinder gleichermaßen lieben, weil sie Fleisch von unserem Fleisch, Blut von unserem Blut sind. So sind alle Menschen nach seinem Bilde geschaffen und damit sind wir ein Teil von Gott.
In seinen Geboten zeigt Gott seine tägliche Präsenz bei uns Menschen. Und genau das ist das Thema des Propheten Sacharja. Es geht bei ihm um die Präsenz Gottes im Jerusalemer Heiligtum und damit um die mit der Präsenz Gottes verbundenen Heilshoffnungen, so wie es der Predigttext heute beschreibt:
So spricht der HERR Zebaoth: Es werden noch Völker kommen und Bürger vieler Städte, und die Bürger der einen Stadt werden zur andern gehen und sagen: Lasst uns gehen, den HERRN anzuflehen und zu suchen den HERRN Zebaoth; wir wollen mit euch gehen.
So werden viele Völker und mächtige Nationen kommen, den HERRN Zebaoth in Jerusalem zu suchen und den HERRN anzuflehen.
So spricht der HERR Zebaoth: Zu jener Zeit werden zehn Männer aus allen Sprachen der Völker einen jüdischen Mann beim Zipfel seines Gewandes ergreifen und sagen: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.
Sacharja 8, 20-23
Das, was mich an diesen Versen am meisten beeindruckt, ist, dass die Menschen aufstehen und losgehen, weil sie ihre Lebenssituation verändern wollen, weil sie glauben, dass dieser eine Gott alles ändern kann, dass mit diesem Gott ihr gemeinsames Heil verbunden ist. Und das Verrückte daran ist, dass Gott dieses Aufbrechen bewirkt hat und damit in den Menschen den gemeinsamen Willen, Gott zu folgen und so ihren weltumfassenden Frieden zu finden. Sie wollen das, weil sie von all den Kriegen, dem Morden, Vergewaltigen, Unterdrücken und Unterjochen, der Unfreiheit die Schnauze voll haben. Sie wollen leben, ganz einfach in Frieden miteinander leben und auskommen. Und sie sehen nur eine einzige Möglichkeit, dass das so kommen kann, und diese Möglichkeit heißt Gott. Diese Möglichkeit bedeutet, mit seinem Nächsten aufzubrechen, weil einem der Nächste nicht mehr feind sein soll, sondern derjenige, den ich liebe wie mich selbst. Und diese Liebe, dieser Frieden miteinander gelingt nur, wenn ich Gott achte und ehre, weil die Liebe, die mir von Gott entgegengebracht wird, mich selbst dazu befähigt zu lieben.
Bei Markus haben wir heute gehört, worauf es ankommt, was das höchste Gebot ist:
Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft« Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« Es ist kein anderes Gebot größer als diese.
Markus 12,29-31
So einfach ist es. So schwierig ist es. Und das merken wir selbst jeden Tag aufs Neue an uns selbst. Wenn es uns untereinander schon schwerfällt, Frieden miteinander zu schließen, einander zu vergeben, wie Gott uns vergibt, wenn wir gegeneinander lästern, schlecht über andere reden, weil sie uns unsympathisch sind, weil sie nicht so sind, wie wir es von ihnen wollen, oder weil sie uns mit der Realität konfrontieren und uns aus unserer liebgewordenen Bequemlichkeit aufrütteln und aus purem Egoismus vergessen, was das höchste und größte Gebot ist, wie soll es dann anders im Rest der Welt laufen, wenn es so geschieht, wie es gerade im Heiligen Land geschieht, wie es Russland mit der Ukraine macht oder auch, wenn ich mir die Spaltung in unserem eigenen Land anschaue, die die innere Sicherheit und den Frieden in unserem Land bedroht.
Würden wir alle miteinander nach diesem höchsten und größten Gebot miteinander leben – und das ist keine Romantik, sondern täglich neue Herausforderung und Hoffnung – würden unsere Politikerinnen und Politiker nach diesem Gebot leben, wir hätten eine gänzlich andere Politik. Wir hätten ein gänzlich anderes Miteinander, weil wir in jedem anderen Menschen unseren Nächsten erkennen würden, der genauso wie wir selbst von Gott nach seinem Ebenbild geschaffen ist. Wir würden ihn nicht mehr als eine Bedrohung unseres vermeintlichen Reichtums sehen. Alles, wirklich alles wäre anders, würden wir nach diesem Gebot leben, auch die Wirtschaft würde natürlich auch ganz anders laufen. Niemand müsste seine Heimat mehr verlassen.
Aber das höchste und größte Gebot ist auch jeden Tag aufs Neue eine Herausforderung an mich selbst, der ich mich stellen muss. Das höchste und größte Gebot zu leben, ist kein Selbstläufer, sondern erfordert Aufmerksamkeit und Leistung von mir.
Lasst uns heute aufbrechen und miteinander nach dem Zipfel des Gewandes dieses jüdischen Mannes namens Jesus greifen, ihm nachfolgen und sagen:
Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott mit euch ist.
Und lasst uns auf diesem Weg mit Jesus alle Menschen, die uns auf diesem Weg begegnen die Hand geben und dazu einladen, mit uns gemeinsam Jesus auf dem Weg der Liebe und des Friedens zu nachzufolgen. Lasst uns mutig in der Liebe sein und werden, denn wenn wir nicht aufbrechen, und das machen Sacharja und Jesus deutlich, wird es kein Heil der Völker geben. Wir müssen aufbrechen!
Amen.
Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am 10. Sonntag nach Trinitatis (Israelsonntag), 4. August 2024, über Sacharja 8,20-23, Perikopenreihe VI in der Johanneskirche zu Partenkirchen
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