Pfr. Martin Dubberke

Was mich stark macht

Mein GPS ist ausgefallen. Einen Kompass habe ich auch nicht, weil, den habe ich ja im Handy, aber das funktioniert ja nicht, weil mein GPS ja auch nicht funktioniert. Ich stehe da so mitten im dunklen Wald und fühle mich wie Hänsel und Gretel, denen die Vögel im Wald die Brotkrumen aufgefressen haben. Ich hatte mich auf mein Handy verlassen und nun bin ich verlassen. Die Gabe, mich an der Sonne zu orientieren hatte ich auch schon als Kind nicht. Hätte ich mir doch wenigstens von Zeit zu Zeit mit meinem Schweizer Offiziersmesser, das ich zur Konfirmation bekommen habe, ein Zeichen in einen Baum am Wegesrand geschnitten.

Da stehe ich nun und weiß nicht, wo lang. Eine gewisse Unruhe befällt mich. Noch kann ich die Panik in mir beherrschen, aber ich spüre, wie mein Herz rast und sich kalter Schweiß auf meiner Stirn breitmacht. Ich fühle mich klein, hilflos, verlassen. Ich habe mich verirrt, fühle mich schutzlos ausgeliefert. Jedes noch so leise Knacken und Knistern im Wald wird gnadenlos laut und angsteinflößend. Hektisch schaue ich mich um, ob sich da eine Wildschweinrotte nähert, doch es ist nur eine kleine Maus im Unterholz. Ich atme erleichtert auf und wache auf.

Dankbar genieße ich die Wärme meines Bettes und die ersten Sonnenstrahlen. Ich fühle mich geborgen und vor dem schlechten Traum gerettet.

Was für mich ein unangenehmer Traum war, ist für viele Menschen tägliche Realität. Sie irren und wandeln durch die Welt, das Leben und niemand ist für sie da. Sie haben niemanden, der ihnen die Richtung weist, in die es gehen könnte, der ihnen Orientierung und Geborgenheit gibt. Sie jagen irgendwelchen Idealen nach, die sich am Ende nur als Scheinwelten entpuppen. Ihnen ist die Orientierung verloren gegangen und deshalb irren sie durch die Welt.

Wir verlassen uns so gerne auf moderne Technik und geraten dann ganz schnell in die Irre. Wenn ich mir die neue Kartenapp im iPhone anschaue, liegt der Kurfürstendamm nicht mehr in Charlottenburg- Wilmersdorf, sondern im Brandenburgischen Schöneiche. Im Ernstfall wäre ich also verloren, verratzt und verkauft.

Warum nicht mal, sich auf das irrationale verlassen, auf den lieben Gott. Von Tertullian stammt der schöne Satz: „Credo quia absurdum est“ – Ich glaube, weil es absurd ist. Es ist nicht erklärbar, sondern nur erfahrbar. Und der liebe Gott, Jesus Christus, der Heilige Geist haben uns ein wunderbares Navigationssystem in die Hand gegeben: Die Nächstenliebe. Die Nächstenliebe lässt mich darauf achten, dass niemand verloren oder in die Irre geht.

Die Nächstenliebe ist aber auch das, was ich vom lieben Gott erfahre. Er will nicht, dass ich verloren gehe und wenn ich mich verirre, bringt er mich wieder zurück.

Es ist Gottes unendliche Liebe zu seinem Volk, die ihn die heutige Losung sagen lässt:

Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen. (Hesekiel 34,16)

Welch wunderbares Versprechen. Ich kann nicht verloren gehen, selbst, wenn ich mal in meinem Leben – aus welchen Gründen auch immer – die Orientierung verliere oder mich verrenne: Gott sucht mich. Gott findet mich und Gott lässt mich nicht einfach da stehen, wo er mich gefunden hat, sondern bringt mich auch noch zurück. Das macht mich stark, weil ich mich auf Gott verlassen kann.

Und Sie, worauf verlassen Sie sich?