Pfr. Martin Dubberke
Ostern - Die Auferstehung Jesu Christi - Kirchenfenster in der Johanneskirche zu Partenkirchen | Bild: Martin Dubberke

Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN

Liebe Geschwister, wisst Ihr eigentlich was Osterwitz ist? Das soll jetzt kein Osterwitz sein. Aber Osterwitz gibt es wirklich. Es ist ein sehr, sehr kleiner Ort. Es ist eine klitzekleine Berggemeinde in der Steiermark mit 131 Einwohnern. 1381 erlangte der Ort sogar eine gewisse Bekanntheit, weil sich der Pfarrer weigerte an der Synode teilzunehmen, ohne, dass es Konsequenzen für ihn hatte. Osterwitz ist ein Wallfahrtsort, in dem seit mehr als 1000 Jahren Maria in der Osterwitz gefeiert wird.

Aber was hat es mit dem sogenannten Osterwitz oder dem Osterlachen überhaupt auf sich? Der Dänische evangelische Theologe Benny Grey Schuster hat darüber ein dickes Buch geschrieben. Es ist nicht so klar, wann das Osterlachen aufgekommen ist. Schuster geht davon aus, dass es im späten Mittelalter der Fall gewesen ist.

In der Zeit fing mal wohl an, an Ostern in der Kirche Witze zu erzählen. Als ich zu meinem ersten Osterfest hier in der Johanneskirche einen Osterwitz erzählt habe – vielleicht kann sich noch jemand an den Witz erinnern. Das war der Witz mit den beiden Männern, die auf dem Turm vom Alten Peter in München standen, Ihre Mäntel ausbreiteten und eine Runde um den Turm herum flogen. Und da dachte sich ein Preuße: „Was die können, kann ich schon lange.“ Stellte sich sich auch auf die Brüstung, öffnete seinen Mantel als hätte er Flügel, sprang und stürzte in die Tiefe. Als die beiden Männer das sahen, sagte der eine zu dem anderen: „Wir hätten ihm vielleicht doch sagen sollen, dass wir Engel sind.“ Also, wie gesagt, ich bekam in der Folge einen Anruf, verbunden mit der Bitte, diesen katholischen Brauch doch in unserer Gemeinde nicht einzuführen. Und außerdem sei es auch nicht hilfreich, wenn ich als Preuße einen Witz erzählen würde, bei dem der Preuße schlecht abschneiden würde. Sowas täte man nicht. Also verzichtete ich in Zukunft auf den Osterwitz. Benny Grey Schuster hat mich aber nun eines Besseren belehrt. Der Osterwitz ist oekumenisch.  Der Reformator Johannes Oekolampad aus Basel hat dafür den Begriff „Risus paschalis“ geprägt, oder auf Deutsch: „Osterlachen“. Wir wissen ja, dass wir Evangelischen ein wenig spaßbefreit sind. Der Protestantismus ist für seine Steifheit und Unfröhlichkeit bekannt. Wir sind die Spaßbremsen der Christenheit. Interessanterweise hat das Osterlachen nach der Reformation mehr und mehr an Bedeutung verloren. Wer weiß, woran es gelegen hat? Die Zeiten waren ja nicht gerade fröhlich. Aber irgendwie feiert der Osterwitz seit einer ganzen Weile sein Comeback und das – wie Benny Grey Schuster in seinem Buch beobachtet – nicht nur in der Katholischen, sondern auch in der Evangelischen Kirche. Und so kommt er zu dem Schluss:

„… es scheint also mittlerweile ein geradezu ökumenisches Interesse an diesem Phänomen des Lachens zu geben.“

Das Lachen befreit. Lachen hat eine ungemein befreiende Wirkung. Schauen wir doch mal in die Runde, wer denn noch Lust hat, sich über die ernsthaften Probleme in dieser Welt auszutauschen. Wem ist denn noch zum Lachen zumute?

Immer öfter höre ich, dass die Zeitung nur noch überflogen wird. Und dann höre ich die Begründung: „Stehen ja sowieso nur noch Katastrophen drin.“ Oder, wenn die Nachrichten im Fernsehen kommen: „Die Tagesschau schalte ich gleich mal weg. Ich kann es nicht mehr ertragen.“ Viele Menschen sind mittlerweile abgegessen, politikmüde geworden, gefrustet und wollen sich nicht mehr über Politik austauschen. Ich kann es verstehen. Deutschland ist mittlerweile beim Glücklichkeitsindex von Platz 16 auf Platz 24 innerhalb eines einzigen Jahres abgerutscht. Sind wir wirklich so unglücklich? Was ist aus der österlichen Freunde geworden?

Als ich kürzlich mit meiner Frau in Wien war, entdeckte ich ein Magazin, das den wunderbaren Titel „Der Pragmaticus“ trägt. Es fiel mir auf, weil das Cover die Deutschen Farben trug und provokant titelte: „Das deutsche Drama in fünf Akten – Woran unser Nachbar wirklich krankt und was Österreich besser macht.“

Auch Herfried Münkler hat in dieser Ausgabe einen Essay geschrieben. Ich zitiere daraus:

Sie sind missmutiger geworden, als sie bis vor kurzem noch waren, die Deutschen, und diese Unzufriedenheit, dieser Missmut und das Gefühl, schlecht behandelt zu werden, schlagen zunehmend ins Bösartige um.
Herfried Münkler in Der Pragmaticus, März 2024, S. 13

Sind wir wirklich so missmutig und so bösartig geworden? Ganz ehrlich: An manchen Tagen könnte ich das mehrfach unterschreiben.

Aber was hat das nun alles mit Ostern zu tun? Wo ist die Freude geblieben? Und vor allem: Wo ist die Hoffnung geblieben?

Ja, die Zeiten sind nicht einfach. Aber wir sind schon vor Corona und vor dem Krieg in der Ukraine und vor der Ampelregierung Weltmeister im Jammern gewesen.

Ja, ich weiß, dass die Zeiten nicht so sind, dass einem immer zum Lachen zu Mute ist. Aber das Lachen befreit. Das Lachen hat nachweislich eine positive biochemische Wirkung in unserem Körper. Das hat Gott ganz wunderbar so in uns geschaffen. Das Lachen führt nachgewiesermaßen zu einer Verringerung von Stresshormonen wie Cortisol oder Adrenalin. Beim Lachen schüttet das Gehirn Endomorphine aus, also die sogenannten Glückshormone, die sogar den einen oder anderen körperlichen Schmerz lindern können. Lachen befreit und Lachen ist gesund, weil es das Immunsystem stärkt. Und Lachen ist angstlösend.

Während Kinder im Schnitt 200- bis 400-mal am Tag herzlich lachen, lachen wir Erwachsenen – wenn es hochkommt – täglich nur bis zu 15 Mal.

Was also ist aus der Hoffnung, der Freude, dem Neuanfang geworden, der uns durch die Auferstehung Jesu Christi zuteilgeworden ist?

Denken wir an die Emmaus-Jünger, wie sie aus ihrer Depression erwachten, als sie erkannten, dass Jesus Christus der Auferstandene selbst unter ihnen war und das Brot brach. Erinnern wir uns an die Begeisterung der beiden, wie sie sofort aufbrachen und mit brennendem Herzen nach Jerusalem zurückgingen, um die anderen zu informieren.

Jesus hat am Kreuz gelitten. Wer am Karfreitag um 17:00 in der Johanneskirche war und Max Regers „O Haupt voll Blut und Wunden“ gehört hat, der konnte das Leiden aber auch die Hoffnung und die Gnade aus dieser Musik heraushören, die Mut für unser Leben auch in schwierigen Zeiten machen.

Und jetzt möchte ich doch einen Osterwitz erzählen. Einen Witz, in dem Joseph von Arimatäa eine Rolle spielt. Ihr wisst ja, dass er sein privates Felsengrab für Jesus Christus zur Verfügung gestellt hat. Es ist das Grab, das – wie wir vorhin gehört haben – Maria Magdalena und Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome am dritten Tag leer vorgefunden haben. Also:

Joseph von Arimatäa kommt nach Hause und berichtet traurig seiner Frau, vom Sterben Jesu, von der Kreuzabnahme und eben auch davon, dass er den Leichnam Jesu in sein neues Felsengrab legen ließ.

Seine Frau schimpft: „in das neue teure Felsengrab, das Du erst anfertigen hast lassen?“

Joseph daraufhin: „Ja, …. aber reg Dich nicht auf, es ist ja nur für ein Wochenende…“

Na, wie geht’s Euch jetzt? Ich hoffe, dass Eure Glückshormone ein wenig getanzt haben, und Ihr damit ein wenig von dem Glück in Euch gespürt habt, das Ostern in uns auslösen möchte. Jesus Christus – und damit Gott – will nichts anderes, als dass wir glücklich sind. Aber das Glück muss man auch aushalten können. Glücklich zu sein, muss niemandem unangenehm sein. Dafür muss man sich nicht entschuldigen. Und Glücklichsein, soll im besten Fall genauso ansteckend wie Lachen sein.

In der Bibel gibt es eine sehr schöne Geschichte von einem Menschen in einer aussichtslos erscheinenden Situation. Es ist die Geschichte von Hanna. Hanna wollte immer ein Kind haben, aber sie hatte einfach nicht dieses Glück. Hanna wurde und wurde ums Verrecken nicht schwanger. Was auch immer sie anstellte. Gott hatte – wie es heißt – ihren Mutterleib verschlossen. Und in jener Zeit, war die Kinderlosigkeit ein großer Makel, eigentlich der größte, den sich eine Frau vorstellen konnte. Das ist jetzt mehr als dreitausend Jahre her. Und sie hatte das große Glück, einen Ehemann zu haben, der sie so liebte wie sie war. Und dennoch war Hanna so traurig, dass sie vor Kummer nicht mehr essen konnte, auch als Ihr Mann sie fragte: „Bin ich dir nicht mehr wert als zehn Söhne?“

Jedes Jahr pilgerten sie zusammen mit der zweiten Ehefrau ihres Mannes nach Schilo, um im Tempel zu opfern. Natürlich hatte die zweite Frau Kinder und so stichelte sie auch gerne gegen Hanna, wenn Elkana – also der Ehemann – Hanna wieder besser als sie selbst behandelte. So war es dann auch dieses Mal im Tempel und Hanna verließ den gemeinsamen Tisch und ging wieder zum Heiligtum, wo sie Gott ihre ganze Enttäuschung, ihre ganze Wut, ihre Traurigkeit gewissermaßen vor die Füße warf.

Ich weiß nicht, wer von Euch schon erlebt hat, wie Menschen, die in eine Kirche gehen, sich in eine Kirchenbank setzen und beten, sich manchmal anhören. Manche sind still und manche brabbeln so, dass es klingt, als seien sie betrunken. Und so ging es auch dem Priester Eli, der Hanna ansprach und sie bat, ihren Rausch woanders auszuschlafen. Doch Hanna antwortete ihm, dass sie eine verzweifelte Frau sei, die lediglich vor Gott ihr Herz ausgeschüttet hätte. Woraufhin Eli ihr antwortete: „Geh im Frieden! Gott wird dir geben, was du von ihm erbeten hast.“

Knapp ein Jahr später bringt Hanna einen gesunden Sohn zur Welt: Samuel. Er trägt einen Namen, der Programm ist: Gott hat erhört.

Ich finde, dass das eine Mut und Hoffnung machende Botschaft ist. Wir dürfen auf die Kraft des Gebets setzen, auch und vor allem in ausweglos erscheinenden Situationen. Der Theologe und Sportwissenschaftler Stefan Schneider hat das mal untersucht und festgestellt:

„Wir finden eine Verbesserung der Motivationslage nach dem Gebet, wir finden eine Verbesserung der körperlichen Befindlichkeit.“

Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/beten-wirkt-wie-joggen-100.html

Beten verändert also etwas in der Seele und im Körper. Was hat Jesus einmal zu Lebzeiten zu uns gesagt?

7 Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 8 Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.
Matthäus 7, 7-8

Beten hilft! Und die Geschichte von Hanna macht uns deutlich – wie schon gesagt – , dass Gott uns auch in den ausweglosesten Situationen begegnet und uns aus ihnen herausholen kann. Und weil das so ist, singt Hanna ihren Lobgesang:

Mein Herz ist fröhlich in dem HERRN,
mein Horn ist erhöht in dem HERRN.
Mein Mund hat sich weit aufgetan
wider meine Feinde,
denn ich freue mich deines Heils.

Gott will am Ende unser Lachen, unsere Freude hören. Und Ostern macht uns deutlich, dass das möglich ist. Niemand von uns wird diesen Krieg in der Ukraine beenden können, weil niemand von uns einen solchen Draht zu Putin hat, dass es gelingen könnte. Niemand von uns wird den Hunger in dieser Welt beenden können, weil wir nicht die Macht dazu haben. Niemand von uns wird diese furchtbare Auseinandersetzung in Israel und Gaza beenden können, weil er nicht in der politischen Verantwortung dafür steht.

Da können wir diskutieren und lamentieren so viel wie wir wollen. Aber wir können etwas ganz Wichtiges tun. Und das ist Beten. Darum und dafür zu beten, dass es Frieden werde, dass sich die Welt versöhne, so wie Gott sich mit uns versöhnt hat, als er seinen Sohn am Kreuz opferte und wieder auferstehen ließ, um uns den Wahnsinn dieser Welt bis in die letzte Konsequenz vor Augen zu führen und deutlich zu machen, dass man das Gute in dieser Welt nicht töten kann.

Wenn es einmal da ist, dann ist es da, so wie Jesus auch heute mitten unter uns ist. Jesus selbst hat uns mit seiner Auferstehung gezeigt, dass alles neu und alles friedlich werden kann.

Natürlich stellt er uns damit auch die Frage, welches Opfer wir für den Frieden in der Welt und den Frieden mit der Schöpfung zu bringen bereit sind. Wieviel Wohlstand sind wir bereit, einzusetzen? Wieviel Bequemlichkeit sind wir bereit einzusetzen? Wieviel Gewohntes sind wir bereit einzusetzen? Mit dem Opfer seines eigenen Sohnes hat Gott die Latte ganz schön hoch gelegt.

Für mich steht allerdings auch fest, was wir nicht opfern dürfen und können, nämlich den Glauben an das Erlösungswerk Jesu Christi, das in uns eine so große Freude auslöst, dass die Angst keine Macht über uns hat. Die Auferstehung Jesu Christi hat der Macht der Bösen gezeigt, dass sie keine Macht über das Gute gewinnen können und das Gute in dieser Welt nicht töten können. Das Gute lebt weiter und Gottes Wille ist es, dass das Gute in und durch uns weiterlebt und weiterwirkt. Das ist Ostern.

Der Herr ist auferstanden!
Er ist wahrhaftig auferstanden!
Halleluja!

Lasst uns die Freude über Gott feiern!

Lasst unsere Herzen fröhlich sein in dem Herrn!

Halleluja & Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am Ostersonntag, 31. März 2024, über 1. Samuel 2,1-8, Perikopenreihe VI in der Markuskirche zu Farchant und der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke (https://johannes.pictures)

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