Urlaubszeit – Lesezeit. Ich liebe Martin Suters Allmen. Und ich habe zuweilen das Gefühl, dass in diesem Allmen eine Menge von dem Autor drinsteckt oder genauer gesagt, dass Suter eine gute Mischung seiner beiden Helden ist: Allmen und Carlos, dem Diener und Partner. Der eine von unwahrscheinlicher Intelligenz, aber gesegnet mit einer nahezu krankhaften Sucht zur Verschwendung. Was ist schon Geld? Und Carlos, ebenfalls ein intelligenter, aber auch lebenserfahrener Mann, der das Geld zusammenhalten kann und im Gegensatz zu Allmen ein vorzüglicher Taktiker ist. Er ist gewissermaßen die Transferleistung der guten Gaben des Herrn von Allmen.
Und mit Allmen und die Erotik schickt Suter die beiden wieder durch ein Abenteuer, in dem Allmen neben seiner Schöngeistigkeit noch einer anderen Leidenschaft auf den Leim geht: Seine Vorliebe für schöne, rein und unschuldig wirkende Frauen. Und genau hier wird er am Ende des Romans dann mal wieder eines Besseren belehrt. Immer, wenn er glaubt, er habe alle anderen ausgetrickst, ist er am Ende wieder einmal der Ausgetrickste. Dumm gelaufen. Es macht deutlich, dass er ohne Carlos und beide zusammen ohne Maria, die Lebensgefährtin von Carlos ziemlich aufgeschmissen sind. Ich mag Maria, sie ist die geballte Ladung an Emotion in dieser Menage a Trois. Zusammen sind sie perfekt.
Und auch hier kommt wieder der wunderbare, feinsinnige Humor von Suter zum Tragen. Ich finde, dass es nach Genazino, der ja leider schon seit einem guten Jahr nicht mehr unter uns weilt, kaum noch einen anderen deutschsprachigen Männerautor gibt als Suter, der sympathisch, tragische Männerfiguren gestaltet und tief in die Seele blicken lässt. Ja, er zeichnet auch hervorragende Frauenbilder, wie man an Maria, die immer nur mit wenigen Worten präsent ist, sehen kann. „Der Teufel von Mailand“ ist so ein Buch, in dem er eine Frauenfigur mit allen Abgründen der Seele zeichnet. Im „letzten Weynfeldt“ kommt beides zusammen, aber hier steht am Ende auch mal ein Mann, der sich im wahrsten Sinne befreit hat. Ich liebe dieses Buch, weil es mit einer so typischen Suter-Pointe endet. Genauso zeichnet er in der „Die dunkle Seite des Mondes“ die tiefsten Abgründe der Seele eines Mannes auf. Er ist einfach der der Beste.
Martin Dubberke
Bibliographische Angaben
Martin Suter – Allmen und die Erotik
Diogenes, erschienen am 01. Oktober 2018, ISBN 978-3-257-07033-0