Pfr. Martin Dubberke
2. Trinitatis - Kommt - Mühseligkeit - Erquickung 2025 | Bild: Martin Dubberke©

Kommt – Mühseligkeit – Erquickung

Liebe Geschwister, Jesus Christus spricht:

Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Matthäus 11,28

Das ist – wir haben es am Anfang des Gottesdienstes gehört – der Wochenspruch für die 2. Woche nach Trinitatis.  Und schon wieder gibt es einen Dreischritt. Ihr erinnert Euch vielleicht daran, dass wir schon am Sonntag Trinitatis und am 1. Sonntag nach Trinititas Dreischritte hatte, mit denen wir uns Stück für Stück allen Dimensionen der Trinität, der Heiligen Dreifaltigkeit annähern. Das war zuerst „Gnade – Liebe – Gemeinschaft“, dann „Liebe – Buße – Bekenntnis“ und heute kommt ein weiterer Dreischritt hinzu, nämlich der von „Kommen – Mühseligkeit – Erquickung“. Also, schauen wir uns an, was dieser Dreischritt für uns bereithält:

Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Matthäus 11,28

Ich glaube, das ist ein Vers, den jeder auswendig kann oder zumindest schon mal gehört hat. Aber in welchem Zusammenhang spricht Jesus diesen Klassiker? Was ist der Hintergrund, der Kontext? Jesus spricht solche Sätze ja nicht in den luftleeren Raum, sondern in eine konkrete Situation hinein. Und das Verrückte ist, dass dann ausgerechnet solche Sätze zeitlose Gültigkeit erlangt haben.

Und wenn man sich jetzt nur einmal Matthäus 11 anschaut, gibt es ja doch den einen oder anderen Hinweis darauf, dass Jesus nicht immer auf Zustimmung bei bestimmten Menschen oder Gruppen stößt. Erinnert sei hier nur an Matthäus 11,6:

Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.

Matthäus skizziert hier im 11. Kapitel seines Evangeliums, wie Jesus sowohl auf Widerstand als auch Unverständnis bei den religiösen Führern und auch in den Städten stößt, in denen er schon unterwegs war und gewirkt hat. Nicht überall ist er auf Gegenliebe und vor allem Verständnis gestoßen. Seine Botschaft ist ja eine ganz einfache: „Bewegt Euch!“ Aber wer setzt sich schon gerne in Bewegung? Wir reden gerne, aber sich in Bewegung setzen, ist ja auch heute nicht unbedingt eine Eigenschaft, die uns Menschen auszeichnet.  Hören wir uns nur an, was Jesus über die galiläischen Städte sagt:

20 Da fing er an, die Städte zu schelten, in denen die meisten seiner Taten geschehen waren; denn sie hatten nicht Buße getan: 21 Wehe dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wären in Tyrus und Sidon die Taten geschehen, die bei euch geschehen sind, sie hätten längst in Sack und Asche Buße getan. 22 Doch ich sage euch: Es wird Tyrus und Sidon erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als euch. 23 Und du, Kapernaum, wirst du bis zum Himmel erhoben werden? Du wirst bis zur Hölle hinabfahren. Denn wenn in Sodom die Taten geschehen wären, die in dir geschehen sind, es stünde noch heutigen Tages. 24 Doch ich sage euch: Es wird dem Land von Sodom erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir.

Matthäus 11,20-24

Der letzte Satz sitzt wie die berühmte Faust in der Magengrube. Sodom, die Stadt, die das Sinnbild der Sünde und des Verkommenseins ist, ist gegen all die genannten Städte geradezu noch harmlos gewesen, gewissermaßen ein Engelchen. Und es wird noch etwas deutlich: Jesu Botschaft war kein Selbstläufer. Und dass die Botschaft gerade bei Menschen, die über andere Menschen Macht haben, nicht gut ankommt, können wir auch nachvollziehen, denn Jesus stellt jeden Umgang mit Macht in Frage. Jesu hinterfragt die Mächtigen. Und Mächtige wollen in aller Regel nicht hinterfragt werden, sondern dass ihnen gefolgt wird.

Und wir hören ja, dass es in Chorazin, Betsaida und Kapernaum allem Anschein nicht die geringste Bereitschaft gegeben zu haben scheint, sich auf den Weg der Buße zu begeben, also umzukehren und als Städte eine Zukunft zu haben. Es gibt an keinem dieser Orte das Einsehen, etwas zu ändern, um dem Untergang und sich damit die Hölle zu ersparen. Es gibt dort immer nur ein „Weiter so!“. Auch das kennen wir heute nur zu gut. Dieses „weiter so“ hat sich bis in unsere Tage hinein gehalten, auch wenn wir immer wieder in der Geschichte erleben durften, wohin das führt.

So, und dann in Vers 25 macht Jesus dann – um es mal etwas lässig zu sagen – einen Move. Er lobt den Vater dafür, dass er seine Wahrheit den „Unmündigen“ offenbart und nicht den „Weisen und Klugen“. Merkt Ihr was? Es rückt mit einem Male eine ganz andere Zielgruppe in den Focus. Es geht nicht mehr um die Weisen und Klugen und ihre Definitions- und Meinungshochheit, sondern es geht um die Unmündigen, die durch die Offenbarung Gottes mündig werden. Wer mündig ist, ist frei. Wer mündig ist, kann selbst entscheiden. Wer mündig ist, übernimmt die Verantwortung für sein Handeln. Wer handeln kann, ist frei. Das ist doch großartig und zugleich erkennen wir darin die gigantische Sprengkraft in der Wirkung Jesu Christi. Ein Christ ist mündig. Und wer mündig ist, sagt die Wahrheit Jesu Christi und nimmt kein Blatt vor den Mund. Das kann den Mächtigen nicht gefallen, weil es ihnen gefährlich wird.

Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.

Matthäus 11,28

Jesus spricht diese Einladung in eine Zeit hinein, in der die Menschen wie auch wir unter religiösen Lasten, gesellschaftlichem und politischen Druck und persönlicher Not litten. Mit dieser Einladung bricht Jesus radikal mit dem Bild Gottes als strengem Richter – er bietet Freiraum zum Atmen, weil er uns mit seiner Gnade hält.

Mühselig“ steht für das, was wir selbst tragen – all unsere Sorgen, die Überforderung, die Zweifel.  Und Jesus spricht ja nicht nur von der Mühseligkeit, sondern auch von der Last. Mit „beladen“ meint er das, was andere uns auferlegen als Last. Da sind zum einen Eure eigenen ganz individuellen Lasten. Und dann gibt es noch die anderen Mühlseligkeiten und Lasten, die ich nicht vertiefen muss, weil Ihr alle wisst, was damit gemeint ist. Es reichen hier nur Stichworte, jeden von uns triggern: Die aktuellen Kriege. Die Trumps und Putins dieser Welt. Die Realitätsverweigerer und -verschleierer. All das wirkt sich auf jeden einzelnen von uns aus, bis hierhin in unser schönes Garmisch-Partenkirchen, das doch so weit von den Machtzentren dieser Welt enfernt und im Schutz der Berge liegt. Und wie mühselig es ist, sehen wir doch daran, dass immer mehr Menschen nicht mehr darüber reden wollen, weil sie sonst schlechte Laune bekommen, weil sie spüren, wie machtlos sie glauben zu sein und genau hier beginnt die Überforderung, die letzten Endes zur Kapitulation vor den Verhältnissen führen kann. Doch der Vater des Himmels und der Erde hat uns mündig gemacht. Wer mündig ist, ist entscheidungs- und handlungsfähig. Mündig zu sein, und nicht zu handeln, bedeutet, der Verantwortung, die wir von Gott erhalten haben, nicht gerecht zu werden.

Jesus richtet sich an Menschen, die unter gesellschaftlicher Überforderung und Lebenslasten leiden, also an uns heute.

Und genau in diese Situation hinein ruft uns Jesus zu: Kommt! Das ist ein aktiver Schritt – wir dürfen mit allem, was uns niederdrückt, zu ihm kommen. Er lädt nicht nur die Starken oder Frommen ein, sondern gerade die, die schwach und erschöpft sind.

Lasst uns diesen Dreischritt: Kommen – Mühseligkeit – Erquickung einmal kurz zusammenfassen:

Kommen: Gott, der Vater, lädt uns durch Jesus ein. Der Heilige Geist bewegt unser Herz, diesen Schritt zu wagen. Das „Kommt her zu mir …“ ist keine fordernde Anweisung, kein Befehl, sondern eine einladende Geste des Sohnes, getragen von väterlicher Liebe und dem Wirken des Geistes. Schon allein dieses „Kommt“ hat etwas Entlastendens, denn wir müssen nicht perfekt sein, um zu ihm zu kommen.

Mühseligkeit: Unsere individuelle Not – Stress im Beruf, Krankheit, Einsamkeit, Angst vor der Zukunft, oder das Mit-Leiden an den Kriegen dieser Welt. Jesus schließt damit alle Lasten ein, sowohl die körperliche Erschöpfung als auch die seelischen, die psychischen Sorgen, Versagensängste und nicht zuletzt die politisch, gesellschaftlichen Ängste, was dazu führt, dass sich immer mehr Menschen durch die permanente Nachrichtenflut und die Bilder von zerstörten Orten ohnmächtig und überfordert fühlen.

Erquickung: Jesus verspricht echte Ruhe – nicht nur Erleichterung, sondern tiefen Frieden, den nur Gott geben kann. Jesus selbst will uns beleben und Kraft zum Aufatmen schenken. Und diese Erquickung geschieht an der Quelle des lebendigen Wassers, das Christus selbst ist.

An dieser Stelle wird deutlich, was wir am 2. Sonntag nach Trinitatis wirklich feiern, nämlich wie in Jesus Christus Gottes Liebe konkret und für uns erlebbar wird, nämlich wieder in einem Dreischritt:

Der Sohn lädt uns ein.

Der Geist tröstet uns.

Und Gott der Vater erhält uns in Leben und Hoffnung.

Und damit komme ich zu der Schlussfolgerung, dass es eigentlich keinen besseren Tag im Kirchenjahr für ein Gemeindefest gibt, als den 2. Sonntag nach Trinitatis.

„Ich will euch erquicken“ lädt uns ein Gemeinschaft zu erleben, aufzutanken, sich gegenseitig zu stärken. Gerade im Miteinander spüren wir, wie Gott durch Menschen wirkt und erquickt.

Und genau das ist es, was uns stark macht. Die Gemeinschaft in und mit Jesus gibt uns für jeden neuen Tag die Kraft, die wir brauchen, und die Gewissheit, dass wir nicht allein sind, sondern von einer Liebe gehalten werden, die uns stark macht.

Amen.

Pfr. Martin Dubberke

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke

Predigt am 2. Sonntag nach Trinitatis in der Johanneskirche zu Partenkirchen am 29. Juni 2025, Perikopenreihe I, Matthäus 11,28

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