Pfr. Martin Dubberke

Hoffnung

„Hoffen und Harren macht manchen zum Narren.“ – Ein gern genommener Spruch, wenn’s darum geht, die Hoffnung zu diskreditieren, also unglaubwürdig zu machen. Nebenbei gesagt, dieser Aphorismus geht auf den römischen Dichter Ovid zurück, der 43 vor Christus geboren wurde und 17 nach gestorben ist. Wer weiß, ob er diesen Evergreen unter der Sprüchen in die Welt gesetzt hätte, wenn er selbst Christ gewesen wäre und damit ein anderes Verhältnis zur Hoffnung entwickelt hätte.

Der Hoffnung hängt ja leider immer wieder soetwas fatalistisch Passives an. Das soll sich mal von selbst regeln oder das soll mal ein anderer an meiner Stelle richten. Hoffnung wirkt manchmal wie ein Relikt aus alter Zeit, als sich die Menschen noch nicht alles erklären konnten, als sich die Menschen noch nicht so frei und unabhängig wie heute fühlten, noch so obrigkeitsergeben waren.

Der Dichter Eugen Roth hat Hoffnung auf seine ganz eigene Art definiert:

Ein Mensch erhofft sich fromm und still,
dass er einst das kriegt, was er will.
Bis er dann doch dem Wahn erliegt,
und schließlich das will, was er kriegt.
(Eugen Roth 1895-1976)

Mir fällt aber in diesem Zusammenhang noch ein anderer Satz ein:

Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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Die Hoffnung beschäftigt uns Menschen, weil wir auf so vieles hoffen:

  • Auf schönes Wetter
  • Dass mich der Arzt wieder gesund macht
  • Dass Frieden bleibt
  • Dass ich nicht arbeitslos werde
  • Dass mir heute nichts dazwischen kommt
  • Dass alles wieder gut wird.
  • Dass sich das Problem von alleine lösen wird
  • Dass meine Liebeserklärung erhört wird
  • Dass aus meinen Kindern etwas wird
  • Dass Gott meine Gebete erhört…

Hoffnung ist all das, was nicht in meiner Hand liegt. Das behaupte ich jetzt einfach mal. Ich kann zwar vieles tun, dass es so werden könnte. Ich kann gesund leben, meinen Job richtig, also richtig gut machen, ich kann zu meiner Frau zuvorkommend und nett sein, sie auf Händen tragen und ich kann meinen Kindern die bestmöglichen Startbedingungen geben, aber mein Einfluss hat Grenzen und genau an dieser Grenze kommt Gott zum Einsatz, von hier an übernimmt er die Regie.

Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den HERRN! 

So lautet die heutige Losung aus Psalm 40,5. Ohne die Hoffnung würde ich verbissen festhalten. Ohne die Hoffnung, könnte ich nicht loslassen. Ohne die Hoffnung könnte ich nicht vertrauen. Ohne die Hoffnung würde ich vor Angst sterben.

Die Hoffnung, dass mich Gott nicht allein in dieser Welt lässt, lässt mich jeden Morgen von Neuem aufstehen und an mein Lebenswerk gehen. Da haben wir gleich den Psalm 23 im Hinterkopf: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal…

Die Hoffnung lässt mich zuweilen auch mutige Entscheidungen treffen.

Lassen Sie uns ruhig noch einen kurzen Blick auf die nächsten Verse werfen:

Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den HERRN
und sich nicht wendet zu den Hoffärtigen und denen, die mit Lügen umgehen!
HERR, mein Gott, groß sind deine Wunder /
und deine Gedanken, die du an uns beweisest;
dir ist nichts gleich!
Ich will sie verkündigen und davon sagen,
wiewohl sie nicht zu zählen sind.

Wer seine Hoffnung auf den Herrn setzt, weiß um die Möglichkeiten, die Gott zur Verfügung stehen. Das erdet mich und bewahrt mich vor Selbstüberschätzung und Selbstbetrug. Die Hoffnung lässt mich das sein, was ich bin: Mensch, Gottes Geschöpf.

Die Hoffnung, die im Vertrauen auf Gott möglich wird, erfordert von uns zuweilen aber auch eine große Geduld. Das wird im Hebräerbrief – aus dem der Lehrtext heute stammt – noch einmal deutlich:

Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat.
Hebräer 10,35

Und jetzt weiter: Geduld aber habt ihr nötig, damit ihr den Willen Gottes tut.

Die Hoffnung ist nämlich auch zugleich die Geduld, den Willen Gottes zu erkennen und zu tun. Die Hoffnung ist mein Vertrauen und meine Zuversicht in Gott, dass er stets – in welcher Weise auch immer – an meiner Seite ist und mich durch mein Leben begleitet und – wo es sein muss – auch führt.

Wenn du deiner Hoffnung traust,
BRING‘ EIN LICHT INS DUNKEL!
Wenn du noch an Wunder glaubst,
BRING‘ EIN LICHT INS DUNKEL!
Wenn du auf das Morgen baust,
dann tu‘ es heute!
Teilen wir die Zuversicht!
Ich bitt‘ dich: Komm und BRING‘ EIN LICHT!

Komponist: Udo Jürgens / Texter: Thomas Christen

Diese Verse stehen nicht im Gesangbuch, sondern stammen aus dem Udo Jürgens-Lied: Bring‘ ein Licht ins Dunkel.

Andacht im LAFIM, gehalten am 30. April 2015