Pfr. Martin Dubberke
Trinitatis 18 - 2025 | Bild: Martin Dubberke & KI

Glauben. Tun. Leben.

Liebe Geschwister, irgendwie kam mir beim Lesen des Predigttextes ein leichtes Schmunzeln ins Gesicht. Musste ich doch an eines der wunderbaren Lieder aus der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ denken – die Fischpredigt des Antonius von Padua.

Gustav Mahler hat in seinen Wunderhornliedern auch diesen Lied auf wundervolle, tiefgründig, humorvolle Weise vertont:

Antonius zur Predigt
Die Kirche find’t ledig.
Er geht zu den Flüssen
Und predigt den Fischen;
Sie schlag’n mit den Schwänzen,
Im Sonnenschein glänzen.

Die Karpfen mit Rogen
Sind all hierher gezogen,
Haben d’Mäuler aufrissen,
Sich Zuhörens beflissen;
Kein Predigt niemalen
Den Karpfen so g’fallen.

Und so buchstabiert erst sich durch alle Fische, die in den Flüssen leben. Doch irgendwann endet einmal jede Predigt:

Die Predigt geendet,
Ein jeder sich wendet,
Die Hechte bleiben Diebe,
Die Aale viel lieben.
Die Predigt hat g’fallen.
Sie bleiben wie alle.

Tja, so ist das mit dem Predigen. Die Predigt gefällt, aber verändert sie das Leben der Menschen? Erreicht die Predigt den Menschen auch so, dass er ins Handeln aus Glauben kommt?

Die Predigt hat g’fallen.
Sie bleiben wie alle

Unser Predigttext aus dem Jakobusbrief ist in der Lutherübersetzung mit den Worten überschrieben:

Glaube ohne Werke ist tot

Ich glaube persönlich, dass Glauben zu glauben viel einfacher ist als aus Glauben zu handeln.

Ich weiß, als Lutheraner, als Evangelische kennen wir keine Werkgerechtigkeit. Wie sagte Martin Luther so schön?

„Sola Fide“ – allein aus Glauben und „Sola Gratia“ – allein aus Gnade. Von Werken ist hier nicht die Rede. Luther betont, dass der Mensch allein durch den Glauben an Christi Erlösung gerechtfertigt wird – ganz ohne Werke.

Was wiegt nun mehr? Luther oder Jakobus, der sagt, dass Glaube ohne Werke tot sei?

Ganz ehrlich? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Glaube nicht auch Werke zur Folge hat, ja haben muss. Unsere ganze Diakonie fußt auf Glaube. Wenn ich glaube, dann kann ich mich doch nicht zurücklehnen und sagen: Ich glaube und alles andere interessiert mich nicht, weil ich ja allein aus Glaube schon gerechtfertigt bin.

Ich glaube, dass Glaube die Energie zum Handeln auslöst. Und ich glaube auch, dass das Handeln aus Glaube unseren Glauben lebendig und erlebbar werden lässt. Echter Glaube kann gar nicht, als sich unweigerlich in Werken zu äußern. Denken wir doch nur an all die Geschichten, die wir mit Jesus zusammen erleben durften.

Ich erinnere hier nur kurz an das Evangelium dieses Sonntags. Da kommt jemand zu Jesus und fragt ihn, was er tun muss, um das ewige Leben zu ererben. Ich betone es noch einmal: Er fragt, was er TUN muss. Jesus verweist ihn auf die Gebote und der Mann antwortet, dass er sie von Jugend auf gehalten habe. Daraufhin gewann ihn Jesus lieb. Er liebt also Menschen, die aus ihrem Glauben heraus tun, was Gott geboten hat zu tun. Doch dann kam der berühmte Kasus Knaktus. Jesus fordert den Mann auf, alles, was er hat, zu verkaufen und den Armen zu geben und ihm dann nachzufolgen.

Doch der Mann wurde betrübt. Ging von Jesus fort, weil er nicht ins wirkliche Tun kommen konnte, weil ihn sein Reichtum band.

Der Mann glaubte. Der Mann hielt die Gebote. Aber der Mann kam nicht ins Tun der Nachfolge Jesu Christi. Er kam nicht aus Glauben in die Werke, weil er gebunden war an die Bequemlichkeit seines guten Lebens. Gutes Leben macht oft bequem, statt demütig.

Und wenn wir noch einmal gemeinsam einen Blick in die Epistel werfen, sehen wir erneut, dass sich Glaube auf unser Verhalten und damit unser Tun auswirken sollte. Paulus bringt es in seinem Brief an die Epheser sehr deutlich auf den Punkt:

Seht sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise, sondern als Weise.
Epheser 5, 15

Es geht um die Lebensführung als Weise. Und was bedeutet das anderes, als aus dem Glauben heraus zu handeln, so zu handeln, dass der Glaube auch nach außen wirksam erfahrbar und erkennbar wird?

Ein guter Moment, um sich den Dreischritt des 18. Sonntag nach Trinitatis anzuschauen: Glauben. Tun. Leben.

Glauben

Glauben bedeutet Gott zu vertrauen. Das heißt, das Herz für ihn öffnen. Und das Herz für Gott zu öffnen, bedeutet, das Herz für meinen Nächsten zu öffnen. Glaube macht mich offen für die Welt und die Menschen um mich herum.

Jakobus fordert: Wer an Gott glaubt, soll dieses Vertrauen im Umgang mit anderen Menschen sichtbar werden lassen. Ein glaubender Mensch lässt sich von Gottes Liebe prägen und setzt sich für andere ein.

Er tut das aber nicht, um einen Gewinn daraus zu ziehen, sondern, weil er gar nicht anders kann. Für Jakobus ist Glaube weit mehr als das Führwahrhalten von religiösen Wahrheiten oder einem bloßen Lippenbekenntnis wie bei den Fischen bei der Fischpredigt des Antonius zu Padua. Glaube ist für Jakobus eine lebendige und wirksame Beziehung zu Gott, die sich im Alltag sichtbar und konkret bewährt.

Tun

Mit anderen Worten: Echter Glaube setzt sich in konkreten Werken um. Glaube und Werke gehören für Jakobus untrennbar zusammen. Glaube ist für ihn die Einheit von innerer Haltung und äußerem Handeln. Innen und Außen kommen zusammen, das Herzensvertrauen und die Liebe in Aktion.

Deshalb schreibt Jakobus seinen Leuten:

15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und Mangel hat an täglicher Nahrung 16 und jemand unter euch spricht zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat – was hilft ihnen das? 17 So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.

Und das ist genau das, was uns auch heute immer wieder begegnet: Schöne Worte, symbolische Gesten, wohlklingende Erklärungen. Es ist vollkommen egal, wo wir hinschauen, ob in die Politik, die öffentliche Debatte oder auch im persönlichen Umfeld. Wir kennen alle diese mitfühlenden Bekenntnissätze, auf die kein Handeln folgt. Das sind Sätze wie: „Wir müssen etwas gegen Armut, Kälte oder Ungerechtigkeit tun“, ohne dass daraus wirkungsvolle Taten folgen. Initiativen, Vor-sätze und Absichtserklärungen können keine echten Veränderungen nach sich ziehen.

Das gilt auch für uns in Kirche und Gemeinde. Auch wir dürfen in den Spiegel schauen und unser Verhalten kritisch reflektieren. Reicht es, für die Armen zu beten oder Gottes Liebe zu verkündigen, wenn wir nicht aktiv anpacken und auch Strukturen verändern?

Jede und jeder von uns, weiß doch, was von solchen Sonntagsreden zu halten ist: Nichts. Und genau das meint Jakobus, wenn er sagt:

17 So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.

Lebendigen Glauben, können wir z.B. bei uns an der Tafel erkennen, die wir in unserer Gemeinde haben. Da können wir erkennen, wie Menschen helfen. Oder ich denke nur an den Farchanter Sozialflohmarkt. Der Josef hat hier in den letzten Jahren so irrsinnig viel auf den Weg gebracht.

Leben

Ja, Glaube und Handeln machen das Christsein lebendig. Beides gehört zusammen. Den Glauben aktiv zu leben, so dass der Glaube an seinen Werken, an seinen Früchten für jedermann erkennbar wird, ist der Prüfstein unserer Glaubwürdigkeit als Christinnen und Christen. Ich liebe dieses Wort: Glaubwürdigkeit. Dieses Wort, dass sich aus „Glaube“ und „Würde“ zusammensetzt. Es geht um Glaube und Würde. Glaubwürdigkeit bedeutet, dass der Glaube eine Würde hat.  Glaubwürdigkeit bedeutet, dass es würdig ist zu glauben. Und wenn ich mein Leben als Christenmensch glaubwürdig lebe, dann nehme ich auch meinen Nächsten in seiner Würde an, in seiner von Gott verliehenen Würde, egal woher er kommt, egal, was er glaubt, egal, ob reich oder arm oder was auch immer.

Wenn ich meinen Glauben in meinen Werken zum Ausdruck bringe, weil ich gar nicht anders kann, dann ist Glaube das Natürlichste, was es gibt. Dann ist Glaube, das Lebendigste, was es gibt. Und solcher Glaube ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht tot zu kriegen.

Und nun liegt es an Euch, was Ihr daraus macht, ob Ihr wie die Fische beim Antonius zu Padua seid:

Die Predigt hat g’fallen.
Sie bleiben wie alle.

Oder, ob Ihr und wir miteinander unsern Glauben mutig und kraftvoll sichtbar leben. Ich für meinen Teil stimme Jakobus vollumfänglich zu, dass  Glauben heißt, Gott zu vertrauen und dieses Vertrauen im gelebten Alltag durch hilfreiche, liebevolle und gerechte Taten sichtbar zu machen. Ein solcher Glaube ist lebendig, echt und bringt Segen für die Gemeinschaft und für die Welt. Und diese Welt braucht unseren lebendigen Glauben mehr denn je.

Amen.

Pfr. Martin Dubberke

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke

Predigt am 18. Sonntag nach Trinitatis in der Markuskirche zu Farchant am 19. Oktober 2025, Perikopenreihe I, Jakobus 2,14-26

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