Pfr. Martin Dubberke

Der mit dem Heiligen Geist tauft

Liebe Geschwister, ob Ihr es glaubt oder nicht, aber heute geht es um ein Blinddate. Ihr wisst ja, was das ist. Zwei Menschen haben eine Verabredung und sehen sich zum ersten Mal, aber keiner weiß, wie der andere aussieht. Jetzt könnte man natürlich sagen: Ist ja alles kein Problem, ich schicke dem anderen mal ein Foto von mir. Aber ganz ehrlich, vor zweitausend Jahren war das mit dem Foto ein wenig schwierig, also vereinbart man ein Zeichen, an dem den anderen erkennen kann, die berühmte Rose am Revers des Sakkos oder eine Rose, die auf dem Tisch liegt.

Ich lese Euch jetzt mal diese Blinddate-Geschichte vor:

29 Am nächsten Tag sieht Johannes, dass Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt! 30 Dieser ist’s, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist, denn er war eher als ich. 31 Und ich kannte ihn nicht. Aber damit er offenbar werde für Israel, darum bin ich gekommen zu taufen mit Wasser. 32 Und Johannes bezeugte es und sprach: Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. 33 Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich gesandt hat zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.
Johannes 1, 29-34

Zweimal sagt Johannes: „Und ich kannte ihn nicht.“ Das ist für mich der zentrale Satz in diesem Predigttext, denn es geht um das Erkennen. Wir wissen ja, dass Johannes tausende von Menschen getauft hat, die zu ihm kamen, um ihr Leben zu ändern, um von vorne anzufangen, ein neues Leben zu führen und das alte Leben im wahrsten Sinne des Wortes abwaschen lassen wollten. Er hat also viele Menschen, viele Gesichter in seinem Leben gesehen. Doch nun kam jemand zu ihm, der sein Leben gar nicht ändern musste, weil er frei von Sünde war. Der Mensch, der zu ihm kam, begann nun gewissermaßen sein Werk in dieser Welt. Es war ein wenig wie eine Staffelübergabe. Und alle Welt sollte erkennen, dass dieser Mensch Jesus war und ist. Und so hatte Johannes von Gott erfahren, woran er Jesus bei diesem Blinddate erkennen würde:

Auf welchen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft.

Wir können das wunderbar hinter mir im Kirchenfenster sehen. Johannes, der Jesus im Jordan tauft und der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Jesus herabfährt und bei ihm bleibt, was durch den Heiligenschein signalisiert wird.

Aber es geschieht noch etwas anderes. Johannes sagt, als er sieht, dass Jesus kommt:

Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!

Wir können es in unserem Kirchenfenster erahnen, steht Jesus doch ein wenig nach vorne geneigt in leicht gebückter Haltung am Jordan.

Es ist also nicht, wie bei Johannes das Wasser, das uns symbolisch von der Sünde reinigt, sondern es ist Jesus selbst. Jesus selbst macht uns von der Sünde frei, er nimmt sie auf seine Schultern. Er schultert sie. Er hat sich dafür, wie wir über mir sehen können, ans Kreuz schlagen lassen.

Wir leben jetzt in der Epiphaniaszeit, der Zeit zwischen Weihnachten und der Passionszeit. Zwischen der Geburt und dem Leiden Jesu Christi. Und genau in dieser Zeit zeigt sich uns Jesus Christus und wird er uns gezeigt, damit wir ihn erkennen. Damit wir ihn für unser Leben als existenziell erkennen können.

Was aber bedeutet es, dass es Johannes so wichtig ist, zu sagen, dass Jesus mit dem Heiligen Geist tauft?

Das Wasser ist äußerlich. Der Heilige Geist ist innerlich. Das Wasser wäscht nur ab, was äußerlich an uns hängt. Es lässt uns nach außen hin im wahrsten Sinne des Wortes sauber erscheinen. Und das Wasser ist nur ein symbolischer Akt. Die Taufe mit Heiligen Geist ist aber ein innerlicher Akt. Wenn der Heilige Geist auf einen übergeht, dann verändert er den Menschen von innen heraus. Und genau das ist der Unterschied. Der Heilige Geist in uns, kann uns vor der Sünde bewahren, wenn wir uns auf das Wirken des Heiligen Geistes in uns einlassen, ihm vertrauen, wir uns nicht gegen ihn sträuben, ihm versuchen zu widerstehen.

Den Heiligen Geist wirken zu lassen, bedeutet Freiheit und Frieden. Und Jesus hat uns das in seinem Leben mehr als einmal sehr deutlich demonstriert. Ihr kennt alle die Geschichten, in denen Jesus hinterfragt, den Dingen auf den Grund geht, gegen Vorurteile angeht, Menschen, die am Rande stehen, in die Mitte holt und sie mitnimmt und so das Leben verändert. Denkt einfach an den Zöllner, der den Menschen alles mehrfach zurückgab und ein anständiger, gerechter Zöllner wurde. Das ist ein Hinweis darauf, dass man Verhältnisse ändern kann, wenn man Menschen nicht ausgrenzt, sondern sie in ihre Mitte nimmt.

Aber woran kann ich heute den Heiligen Geist erkennen? Ich kann es euch verraten. Auch wenn es nicht im Predigttext steht, sondern erst im Anschluss daran:

35 Am nächsten Tag stand Johannes abermals da und zwei seiner Jünger; 36 und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! 37 Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach.

Wenn ich Jesus und seine Relevanz für mein Leben erkannt habe, bin ich im wahrsten Sinne des Wortes begeistert und dann erzähle ich auch davon. Und zwar in einer Weise, die andere anstecken kann, ihm zu folgen, ihr Leben zu verändern und Jesus nachzufolgen, so wie es die beiden Jünger getan haben.

Es geht wieder um das Erkennen. Und dann gibt es noch einen weiteren Aspekt. Ich weiß nicht, ob es Euch aufgefallen ist. Aber es ist der Moment der Zeugenschaft. Johannes erzählt die Taufe Jesu vollkommen anders als die anderen Evangelisten. Bei ihm ist Johannes der Täufer nämlich Johannes der Zeuge. Er ist Zeuge wie der Heilige Geist auf Jesus herabgefahren und bei ihm geblieben ist. Er ist der Zeuge dafür, das Jesus wirklich Jesus Christus ist. Und ein Zeuge, legt Zeugnis ab. Und genau das hat Johannes getan, als zu den beiden Jüngern sagte: „Schaut mal, da drüben läuft Jesus Christus, der das Lamm Gottes ist.“ Und dieses Zeugnisablegen hatte eine starke Wirkung. Die beiden Jünger folgten Jesus.

Und damit sind wir wieder einmal bei uns selbst angekommen. Wie sieht es mit unserer Begeisterung aus? Was bewirken wir mit unserer Jesus-Begeisterung in unserer Welt? Und wo und warum fällt es uns zuweilen schwer, unsere Jesus-Begeisterung offen zu leben.

Wir alle sind Zeugen. Wir alle sind Zeugen, die Zeugnis über Jesus Christus ablegen können. Keiner von uns säße hier, wenn ihm nicht Jesus in seinem Leben begegnet wäre. Er ist uns natürlich nicht in der Weise begegnet, wie es bei Johannes der Fall war. Aber er ist uns in den Erzählungen unserer Eltern, Großeltern, Religionslehrerinnen oder Pfarrer begegnet oder durch einen nahestehenden Menschen oder einfach einen besonderen Moment in unserem Leben. Und genau diesem Moment gilt es in der Epiphaniaszeit nachzuspüren. Wann und wodurch habe ich zum ersten Mal in meinem Leben gespürt, gefühlt, gewusst, dass ich glaube?

Und genau davon Zeugnis abzulegen, sich nicht zu scheuen, davon zu erzählen, wie, wann uns Jesus begegnet ist, sich uns ganz persönlich gezeigt hat oder durch einen Zeugen gezeigt wurde und so unser Leben verändert hat, lässt uns selbst zu aktiven Zeugen der Epiphanie Jesu werden.

Amen.

Pfarrer Martin Dubberke, Predigt am 1. Sonntag nach Epiphanias über Johannes 1, 29-34, Perikopenreihe V am 8. Januar 2023 in der Johanneskirche zu Partenkirchen.

Pfarrer Martin Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke

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