Wir können’s ja nicht lassen,
von dem zu reden,
was wir gesehen und gehört haben.
Apostelgeschichte 4,20
Ehrlich gesagt, musste ich heute Morgen schmunzeln, als ich den Lehrtext gelesen habe. Gut, die Losung aus Psalm 18 Vers 50 ist auch ok:
Ich will dich preisen und deinen Ruhm besingen unter den Völkern.
Das ist so ein klassischer Satz, der in dieser Form immer wieder in den Psalmen auftaucht. Und er besagt natürlich auch, dass derjenige, der hier den Ruhm Gottes unter den Völkern preist auch den Ruhm Gottes am eigenen Leib, an eigener Seele erlebt und erfahren hat.
Aber der Lehrtext, der hat’s. Beim ersten Lesen kommt er total lässig rüber: „Wir können’s ja nicht lassen…“ Es geht einfach nicht anders. Es ist einfach so unsere Natur. Was sollen wir denn tun? Wir haben doch einen Auftrag, diesen Missionsauftrag. Jesus selbst hat uns in die Welt gesandt. Wir haben gar keine andere Wahl, weil wir aus der Nummer nicht mehr rauskommen – egal, was die anderen sagen, egal was man über uns denkt.
Aber wer sagt und denkt das denn und in welcher Situation? Petrus und Johannes haben das vor dem Hohen Rat gesagt. Man hatte sie nämlich festgenommen, weil sie es gewagt hatten, in aller Öffentlichkeit dem Volk die Auferstehung Jesu Christi zu verkündigen und das Volk zu lehren. Das wurde den Priestern und der Tempelwache zu viel. Sie fürchteten um ihre Meinungsführerschaft, ihre Deutungshoheit, ja ihre Macht. Da gab es ein paar Leute, die das Volk lehrten. Ja, und wer das Volk lehrt, der eröffnet dem Volk neue Perspektiven, der verändert was.
Wo man von dem redet, was man gesehen und gehört hat, da verändert sich etwas. Petrus und Johannes haben von dem erzählt, was sie mit Jesus erlebt und von ihm gehört haben, weil es nämlich zuerst sie selbst verändert hat. Und wen das Wort Gottes, das Wissen um das Leiden und die Auferstehung Jesu Christi verändert hat, der kann nicht anders, als davon zu erzählen, weil er im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert ist, weil der Geist auf ihn oder sie gekommen ist.
Dass das auch andere Menschen verändert, kann man sehen, wenn man sich die ganze Episode anschaut, aus der der Lehrtext stammt. Da fragt nämlich der Hohe Rat die beiden, aus welcher Kraft und in wessen Namen sie tun was sie tun. Petrus, ja, genau der Petrus, der dreimal geleugnet hat, zu Jesus zu gehören, weicht hier keinen einzigen Schritt zurück oder wird hier butterweich. Nein, Petrus reagiert mit einer Gegenfrage. „Verhört Ihr uns etwa allen Ernstes, weil wir einem kranken Menschen etwas Gutes getan haben? Ich sage Euch etwas: Wir tun das im Namen Jesu Christi, den ihr brutal ermordet habt und, der von den Toten auferstanden ist.“ Wie standhaft. Was ist aus diesem Petrus geworden? Sensationell. Er kann das, weil gesehen und gehört hat.
Der Hohe Rat kann es einfach nicht von der Hand weisen, dass der kranke Mann wieder gesund ist. Also müssen diese beiden Männer eine Vollmacht haben. Und was tut der Hohe Rat nach einer Verhandlungspause? – Genau, er holt Petrus und Johannes wieder in ihre Mitte und erklärt ihnen, dass sie gehen können, wenn Sie zu keinem Menschen mehr von diesem Jesus reden. Maulkorb gegen Freiheit.
Man kann nicht anders, als das als einen verzweifelten Versuch der Einschüchterung zu bezeichnen. Denn die Angst lag nicht auf Seiten von Petrus und Johannes, sondern ganz allein auf Seiten des Hohen Rats, weil noch am Tag der Verhaftung die Zahl der Gläubigen auf 5000 stieg. Zu jener Zeit lebten etwa 25.000 Menschen in Jerusalem. Sprich: Rund ein fünftel der Bevölkerung war inzwischen gewissermaßen übergelaufen. Das wurde für die Männer-Clique im Tempel und im Hohen Rat allmählich gefährlich, weil damit auch ihr Machtmissbrauch immer offenbarer wurde. Und wer einschüchtert, ist in Wirklichkeit schwach. Und genau das haben Petrus und Johannes erkannt. So blieben sie standhaft und sagten den Männern im Hohen Rat:
Urteilt selbst, ob es Gott recht ist, dass wir euch mehr gehorchen als Gott. Wir können’s ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.
Und weil die beiden so standhaft gewesen sind, können wir heute ebenfalls sagen: Wir können’s ja gar nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.“
Und wisst Ihr, was das Beste daran ist? – Dieses Reden hat die gleiche Brisanz wie zu Zeiten der Apostelgeschichte, weil es immer wieder deutlich macht, wer oder was die höchste Instanz ist, der man gehorchen sollte: Nämlich nicht dem Menschen, sondern Gott.
Amen.
Gedanken zum Lehrtext vom 27. Mai 2019