Pfr. Martin Dubberke

Verstockt Eure Herzen nicht!

Wie oft hat jeder von uns etwas gesagt, ohne, daß es auf fruchtbaren Boden getroffen hätte? Wie oft haben wir die Erfahrung gemacht, daß unsere Worte wirkungslos verhallt sind unsere Warnungen in den Wind geschlagen worden sind?

Jede und jeder von uns hat diese leidvolle Erfahrung oft genug gemacht.

Auch Gott kennt diese Erfahrung. Wir haben es im Evangelium des heutigen Sonntags gehört. Mal fällt es zwischen die Dornen, mal auf Fels oder Weg und mal auf fruchtbaren Boden.

In dem Gleichnis vom Sämann wird deutlich, daß das Wort dort zu Herzen genommen wird, wo ein feines und gutes Herz ist und dann die Frucht in Geduld gebracht wird.

Geduld. Geduld ist der Schlüssel zum Glauben, denn Glaube ist keine Magie, kein Zauberspruch, kein Lichtschalter, auf den man klickt und dann plötzlich alles hell und gut ist. Die neue Welt kommt nicht von heute auf morgen, nicht einmal im Laufe von 2000 Jahren, auch wenn sich in zweitausend Jahren Christentum die Welt verändert hat und vielleicht sogar hin zum Guten entwickelt, aber wir sind noch lange nicht am Ziel angekommen. Unsere Geduld wird sich bei jedem Rückschlag aufs Neue erweisen müsssen und darin ist unser Glaube wesentlich Hoffung. Und Hoffnung ist Loslassen und nicht festhalten des Überkommenen. Hoffnung trägtund weil ich mich getragen weiß, darf ich getrost es wagen. Ich halte nicht an der Hoffnung fest, die mich mit der Gegenwart vertröstet, sondern an der Hoffnung, sie mit seiner Hilfe verändern zu können, denn ich sehe nichtmehr von der Gegenwart in die Zukunft, sondern von der Zukunft in die Gegenwart. Das ist der Perspektivenwechsel, der mit chritlicher Hoffnung verbunden ist.

Der Evangelische Theologe Jürgen Moltmann hat einmal geschrieben: „Hoffnung ist das Wort zur Lage.“ Und Ebeling – ein anderer Theologe – hat geschrieben: „Hoffnung ist überall da am Werk, wo  man ein Ziuel vor Augen hat und darauf hinlebt.“ Das ist das Wesen unseres christlichen Glaubens.

Wenn wir in dieser Hoffnung aktiv unseren Glauben leben, d.h., ihm vertrauen, dann müssen offene Worte möglich sein und werden, dann müssen ungewöhnliche Lösungen entstehen, wenn ich nicht vergesse, daß Gottes Wort lebendig, kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert ist, das durchdringt, bis es schneidet Seele und Geist.

Gott ist immer die erste und letzte Instanz, denn ihm bleibt nichts verborgen. Er sieht auch das, was wir nicht sehen können, wenn wir uns die Plastinate des Gunther von Hagens in der Ausstellung Körperwelten anschauen.

Wenn der konservative Christ George W. Bush Bagdad bombardieren läßt, dann handelt es sich um eine Demonstration von Machtmißbrauch, dann legt dieser Präsident und seine Admisnistration für alle Menschen einsichtig seine Ohnmacht auf den Tisch. Er liefert mit Bomben und Raketen, mit unschuldigen Toten, den Beweis seiner Ohnmacht. Ein Mann, der keine Gnade kennt – und die vielen Todesurteile, die dieser Mann bestätigt hat beweisen, daß er keine Gnade kennt – hat das Wesentlich des Christseins nicht verstanden.

Wer es nötig hat, seine Macht zu demonstrieren, tut dies am wirksamsten, indem er keine Gnade walten läßt, sondern Ungnade, die ein Zeichen von tiefliegender Ohnmacht und damit auch Unfähigkeit ist, die er durch Ungnade vor sich und der Welt verbergen möchte.

Doch die Epistel macht deutlich, daß alles bloß und aufgedeckt ist vor den Augen Gottes, dem wir Rechenschaft geben müssen. Und genau das sollte uns auch die Ehrlichkeit vor uns und den anderen ermöglichen, denn es kann nicht im Verborgenen bleiben, weil es aus dem Verborgenen heraus immer nach außen wirkt. Und damit jeder sogenannte heilgie Krieg, jeder Krieg, der einer heiligen Sache dienen soll, ein Verrat an Gott, denn ein Krieg, denn der Mord von unschuldigen Menschen kann nicht heilig sein.

Wenn jemand also Angriffe auf andere fliegen läßt, dann geschieht das aus egoistischem Interesse, weil jemand glaubt, die Macht zu haben, weil jemand an die Grenzen seiner Möglichkeiten gestoßen ist oder, weil er eine alte Rechnung zu begleichen hat. Das aber sind feige Morde, so wie der gestrige Bombenanschlag auf  einen serbischen Bus. Es gibt nichts, was dieses Handeln legitimieren, rechtfertigen könnte. Der amerikanische Präsident – und ich nenne ihn nur als ein besonders aktuelles Beispiel – unterscheidet sich darin nicht von den feigen Attentätern auf diesen Bus.

Laßt uns in unsere Herzen schauen, wo in uns der George W. Bush, der Saddam Hussein, der Arafat, der Scharon, Milosevic und wie sie alle heißen mögen, wohnt und wie er unser Denken und dann unser Handeln beeinflußt. Solche Menschen – und das dürfen wir auch nie vergessen – kommen allerdings unter anderem auch an die Macht, weil wir, die wir sie wählen oder gewähren lassen, verleitbar sind für Recht und Ordnung statt für Gnade vor Recht und dem Gebot der Nächsten- und Feindesliebe. Damit tragen auch wir Verantwortung für jeden Toten.

Keiner von uns ist wirklich frei davon. Keiner von uns ist nicht verleitbar. Laßt uns dafür eine Sensibilität entwickeln und Rechenschaft vor uns selbst und Gott ablegen, vor dessen Augen – Gott sei Dank – nichts verborgen bleibt. Deshalb: „Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt Eure Herzen nicht.“  (Hebräer 3, 15)

Amen.

 Predigt über Lukas 8, 4-8 [9-15] | Predigtreihe I