Pfr. Martin Dubberke

Über die gelungene Verarschung des Mannes

oder

Über die Unmöglichkeit ein Magazin wirklich für Männer zu machen

Der erste Blick fällt ins Inhaltsverzeichnis und ich stelle mir die Frage: Sind wir Männer wirklich so eindimensional? – Mein Fazit, um es gleich vorne weg zu sagen: Männerzeitschriften sind langweilig, die Themen scheinbar zeitlos, konstant, immer gleichbleibend. Schon vor rund 25 Jahren habe ich diese Geschichten im Playboy gelesen. Nur mit dem Unterschied, dass es damals prickelte, weil ich ihn heimlich las und das, was ich las, mir noch verboten war und die Sehnsucht meines Erwachsenwerdens verkörperte. Aber das war damals. Und heute lese ich, dass diese Zeitschrift für Männer in den Dreißigern, gehobenenEinkommens, aber wohl nicht gehobenen Intellekts und geschmackvollerStilsicherheit sein soll. Schade. FHM, Men’s Health und wie die Magazine heißen mögen, die nur die Matrix – oder Patrix – für die darin überreich vorkommende Werbung bilden, bieten zwölfmal im Jahr das Gleiche. Sprich: Edel glänzende Langeweile oder steter Tropfen bewahrt den sexlüsternen – also reduzierten – Mann traditioneller Prägung. Nur eben lifestyle-mäßig – eben mäßig – verbrämt. Der Mann das unveränderliche Wesen.

Schon das Editorial ist ein Armutsbekenntnis. Ich zitiere: „MAXIM ist wie ein Freund? Was könen Sie am besten bei und mit Ihrem besten? Trinken?

Über Frauen reden? Sich über das ganze Generve auskotzen? Mädels anmachen?“

Naja, und so weiter und so fort… Männer sind unfähig zu kommunizieren.

Nichts anderes heißt dieser Absatz. Sie haben keine Freunde, ja nicht einmal mehr Kumpels, mit denen sie reden können?

Und welche Themen werden geboten? Trinken, Frauen, Generve – und in dieser Aufzählung kann nur Frauen-Generve assoziiert werden und „Mädels“anmachen. Die Reduktion des Mannes und gleichzeitig Chauvi-Slangder übelsten Sorte. Um das abschreckend zu finden, muß Mann kein Alice-Schwartzer-Jünger sein. Die Frauenabwertung und Pflege übelster Vorurteile und damit wohl verbundene Aufwertung des männlichen Geschlechts zieht sich wie ein blauer Faden durch das fast zwei Pfund schwere Heft. Schauen wir auf Seite 28 vorbei: Farah Fawcett – Verblüht… und verduftet.

Warum nicht an dieser Stelle ein Artikel über prominente Männer, die sich liften lassen. Hier ein Tränensäckchen weg und da ein bisschen Collagen gespritzt. Es gibt so viele offenkundig missglückteBeispiele unter Männern. Aber hier zieht man über eine Frau her. „…die Maske. Die saß offenbar trotz Lifting nicht.“

Oder Seite 29: „Hilfe, meine Freundin zieht ein!“ Wieder wird das Vorurteil genährt, dass Frauen nur das Eine wollen: Dein Geld. Oder auf der gleichen Seite: „Auto-Bankomat“. Der einzige Wertdieses Heftes liegt wohl darin, sich durch das Heft durchzublättern als schlenderte man durch ein Macho-Museum.

Was lerne ich auf den ersten dreißig Seiten dieses Horrortrips? – Ich bin erst ein Mann, wenn ich lustvoll über Frauen abschätzig rede.

Seite 69 scheint alles Dagewesene noch zu überbieten: Der Silicontest. Kann für die Männer der Redaktion der Busen nicht groß genug sein, wird das Schönheitsideal fester, straffer, griffiger, großer Busen gepredigt, undzwar solange, bis sich die Partnerin des geneigten Lesers dann den Busenvergrößern lässt, bekommt man hier nun auch die Anleitung für die Überprüfung, ob der Busen echt oder gefaked ist. Doppelmoral, sage ich da nur. Dazu passt auch der Beitrag „Wie man<n> seine Frau optisch optimiert“. Da wird Mann doch als Mann endlich motiviert, sich in die Küche zu stellen und sich seine Traumfrau zu backen. Der simpelste Trick von der Welt: Versprich einem Mann, er kann den Busen seiner Liebsten heimlich vergrößern, indem er den Tofu-Lifestyle-Vegetarier mimt, in Wirklichkeit aber nur ein kleiner Hexenmeister sein will. Von wem stammt eigentlich dieser Beitrag? Es fällt mir nämlich auf, dass über solchen Beiträgen kein Name steht. Sind die Autoren oder auch Autorinnen nicht mutig genug, zu ihren Machwerken zu stehen? Es würde mich doch sehr interessieren, ob der Beitrag von einem Mann oder einer der zahlreichen Frauen in der Redaktion stammt. Natürlich stelle ich mir auch die Frage, was eine Frau dazu bewegt, in einer solchen Redaktion zu arbeiten? Keine möge mir jetzt mit der plattenAntwort kommen: „Lieber Maxim als Arbeitsamt.“ Vielleicht wollen Sie ihn ja auch nur mit solchen
Geschichten in die Küche locken…

Nach soviel erotisieren sollender Optik bin ich dann auf Seite 170 sehr enttäuscht, als es um den G-Punkt geht, und aus der Frau ein Architektur-Modell wird. Das turnt ab! Sieht man mal von dem so ganz und gar nicht erotischen Frauenbild – pardon – eigentlich Männerbild einmal ab, das sich dahinterverbirgt. Sex ist also doch nur etwas Technisches, Mechanisches. Das erinnert mich daran, was neulich eine Studentin zu mir im Seminar sagte, als ich fragte, was ein Mann sei. Sie meinte, dass Männer nichts über ihren Körper wüssten, nicht einmal wo ihr Orgasmus stattfindet und man ihnen ihre eigenen erogenen Zonen zeigen und beibringen müsste. Recht hat sie. Statt sich mit den Frauen in der Männerzeitschrift auseinanderzusetzen, sollte sich MAXIM lieber mit dem Mann auseinandersetzen.Aber genau das tut sie nicht. Und damit reproduziert sie auf edlem Papier genau das, was wir Männer am liebsten machen: Sich mit anderen auseinanderzusetzen, aber nicht mit sich selbst. Und das ist das Kernproblem von MAXIM und allen anderen vergleichbaren Zeitschriften: Gegenstand derBetrachtung ist nicht der Mann, sondern die Frau. Das ist Feigheit vor der Zielgruppe. Ein Mann wird zum Beispiel kein besserer Liebhaber, wenn er den G-Punkt der Frau kennt, sondern erst dann,wenn er sich selbst kennt und sich selbst hingeben kann. Aber mir scheint, daran ist MAXIM nicht wirklich interessiert. Alles soll so bleiben, wie es seit tausenden von Jahren der Phall(us) ist. Und damit es zu ertragen ist, kann man, wenn man eine freundlichen Leserbrief schreibt oder ein Abo kauft, ein Faß Bier bekommen. Das braucht man dann auch,damit man die Lektüre übersteht. War da am Anfang nicht vom Trinken die Rede?

Meine Quintessenz nach Lektüre dieses Heftes: Nur keine Frau in meine Wohnung lassen und wenndann bloß zum Sex, aber ohne vorher stimmungsvoll bei Kerzenlicht einen Champagner zu trinken, sondern Cola light, weil ich dann keinen Ärger mehr mit der Verhütung habe und sich auch nichtmehr die Frage nach dem Präser stellt, weil Cola light ja meinen Sperma tötet. Verantwortlicher safer Sex dank Cola light. Das war die größte Erkenntnis.

Aber mal ehrlich: Sind wir Männer wirklich eine so armselige Schöpfung, dass wir es nötig haben, uns von einem solchen Magazin zu reduzieren und beleidigen zu lassen? Ich kann den Machern und auch Macherinnen dieses Blattes nur empfehlen, das Projekt einstampfen zu lassen. Sie haben Glück, dass es in Deutschland noch immer keine starke Männerbewegung gibt, die sich in ihrer Ehre und Würde so verletzt fühlen könnte, dass sie gegen ein solches schwachbrüstiges Magazin Sturm laufen würde, wie weiland Emma gegen den Playboy und die Bikinis auf den Illustrierten und Kühlerhauben.

Ist MAXIM auf den ersten Blick eine Verunglimpfung der Frau, so muß man auf den zweiten Blick ehrlich gestehen, dass es sich um eine Verunglimpfung des Mannes handelt. Und jeder Mann, der dieses Magazin in Zukunft liest, ohne es spätestens nach dem Inhaltsverzeichnis zur Seite zu legen,kann nur strohdumm sein, weil er nicht merkt, dass er in Wirklichkeit von ersten bis zur letzten Seite genussvoll verarscht wird. So gesehen handelt es sich um ein gelungenes subtiles Machwerk. Und das würde dann auch erklären, weshalb es die Frauen in der Redaktion aushalten.