In den vergangenen Wochen habe ich u.a. vier Bücher gelesen, die etwas gemeinsam haben: Älter werden oder Dinge, die irgendwann einmal im Leben anstehen. Ich weiß nicht, warum das so ist. Die Bücher begegneten mir in den Medien, im Buchladen und irgendwie fanden Sie ihren Weg zu mir. Natürlich könnte ich mir auch die Frage stellen, warum ich gerade für diese Titel so offen war.
Ich kann mich noch erinnern, wie ich auf den ersten Titel aufmerksam wurde. Da stand ich gerade auf der Rolltreppe bei Hugendubel in der Wilmersdorfer Straße und das Bild von Blacky Fuchsberger tauchte vor mir auf: “Altwerden ist nichts für Feiglinge”. Der Titel gefiel mir sofort. Passte zu dem intelligent, frechen Hund mit dem schnellen Mundwerk. Ich bin nie – sieht man mal von den Wallace-Filmen einmal ab – ein Fan von ihm gewesen. Aber ich schätzte in Talkshows seine zuweilen polarisierenden Statements. Auf der Rolltreppe stehend konnte ich noch nicht ahnen, dass der brillante Titel gar nicht auf seinem Mist gewachsen war, sondern ein Zitat von Mae West war. Passte auch zu Ihr.
Also besorgte ich mir das Buch und las es mit Vergnügen. Fuchsberger beschreibt auf kurzweilige Art und Weise sein Altwerden. Dazu gehören all seine kleinen Eitelkeiten, die ihm nachher Arztbesuche einbrachten, wie das Nasensonnenbad…
Fuchsberger hat mich gut unterhalten, auch wie der seine zweite – oder war es vielleicht auch schon dritte Pubertät – ausgelebt hat. Lederkluft und eine heiße Maschine unter den fünf Buchstaben, mit der man seine Männlichkeit spüren kann und bis ans Limit geht oder seine Fliegerei.
Da schreibt jemand auf amüsante und zuweilen selbstkritische Weise über seinen Verfall und den nicht enden wollenden Spaß am Leben, auch wenn die Knochen krachen und der Arzt zum ständigen Begleiter wird.
Für einen noch so jungen Spunt wie mich, der allmählich die fünfzig in den Blick bekommt, keine schlechte Literatur, weil man schnell seine eigenen Versäumnisse auf dem Weg ins Alter feststellt. Stichwort: Raubbau.
Die Neugier am Thema war also geweckt. Damit kommt nun der zweite Titel ins Gespräch, der deutlich besser als Fuchsberger nicht ausschließlich reflektierend unterhalten und eitel Selbstdarstellung sein soll. Die Rede wird nun von Sven Kuntzes wirklich brillanten Buch “Altwerden wie ein Gentleman” sein. Ein tolles Buch!!! Die drei Ausrufezeichen meine ich ernst.
Kuntze erzählt von seinem Weg in den Ruhestand. Er, ein bekannter Fernsehjournalist, blickt auf eine lange Kariere zurück. Aufmerksam auf das Buch wurde ich durch eine Talkshow. Sven Kuntze erzählte über das Altwerden und sein Buch wurde eingeblendet. Ich dachte mir, so amüsant wie er über das Thema spricht, so amüsant muss auch das Buch sein.
Also, besorgte ich mir das Buch bei nächster Gelegenheit und verschlang es. Aus meiner Sicht sollte dieses Buch zur Pflichtlektüre für Männer ab vierzig werden.
Männer lest dieses Buch und es wird Euch im Alter wohlergehen! Ein Beispiel: Kuntze erzählt, wie er seinen Beruf gelebt hat und Kollegen mit Freunden verwechselt hat. Kaum bist Du im Ruhestand, hast Du keine Freunde mehr, denn alle Freundschaften, die Du hattest, hast Du nicht gepflegt, weil Du ja im Job warst und viel zu tun hattest. Das ist ein bekannter Mechanismus. Du bist ein Profi im Netzwerken und Beziehungen pflegen, aber privat bist Du so erschöpft, dass Dir Frau und Kinder genug sind. Kuntze entdeckt die Freunde seiner Schulzeit wieder.
Liebe Männer, die Ihr wie ich der nahenden Fünfzig ins Auge blickt: Kauft Euch dieses Buch. Lest es und macht es Euch zur Roadmap für Eure Lebensplanung.
Tja, und wer es noch nicht gemerkt haben sollte, jetzt ist es heraus. Ja, ich bin mir sicher, dass es dieses neuralgische Alter im Leben eines Mannes ist, das meine Motivation ist, diese Bücher nicht nur zu entdecken, sondern auch zu lesen. Mann kommt in ein Alter, in dem Mann noch einmal sein Leben ordnet und von Ballast befreit. Ich erinnere mich noch gut an das Jahr, in dem ich vierzig wurde. Alles wurde so leicht. Ich brauchte damals plötzlich weniger Energie für alles. Es wirkte alles wie geklärt. Ich verglich das mit einem Flugzeug, das in zehntausend Meter Höhe fliegt und weniger Energie verbraucht als in dreitausend Metern Höhe. Man kommt auch in das Alter, in dem die eigenen Eltern so alt sind, dass man sich langsam mit dem Gedanken anfreunden muss, selbst bald zur ältesten Generation zu gehören. Es gilt offene Fragen mit der Generation der Eltern zu klären, solange man sie noch miteinander klären kann.
Hier kommt ein weiteres Buch ins Spiel, das aus meiner Sicht zum Besten gehört, was ich in diesem Jahr gelesen habe. Dieses Buch ist für mich aber auch das beste Vater-Sohn-Buch, das auf dem Markt ist. Und ich habe hier schon einiges gelesen. Die Rede ist von Walter Kohls beeindruckendem Buch “Leben oder gelebt werden – Schritte auf dem Weg zur Versöhnung”. Walter Kohl schreibt sich gerade zu frei auf dem Weg in ein neues – und wie es aussieht – glückliches Leben. Er schreibt ehrlich und lässt nichts aus. Walter Kohl, der auch zur Generation derjenigen gehört, die auf der Zielgeraden zur Fünfzig sind, macht deutlich, dass es nie zu spät ist, aufzubrechen. Man hat nur dieses eine Leben und Kohl, bekennender Christ katholischer Konfession, macht deutlich, welche Rolle hier nicht nur der Glaube, sondern auch der Wille zur Versöhnung spielt und wie man Versöhnung finden kann, wenn der andere nicht mitspielt.
Zum Schluss meiner Fünfziger-Betrachtung möchte ich noch kurz auf ein Buch eingehen, das sich in sehr lockerem Ton dem Thema widmet: Kester Schlenz “Alter Sack, was nun?” Das Buch ist wie der Titel vermuten lässt, in einer Sprache geschrieben, die recht umgangssprachlich ist, und zuweilen etwas anbiedernd an die junge Generation wirkt. Anders gesprochen, kann ich auch sagen: Die Sprache ist seine Schwachstelle, weil sie betont jung wirken will, obwohl der Inhalt auf Akzeptanz des Alters mit zahlreichen Tipps abzielt. Inhaltlich ist das Buch keine Sternstunde. Der Autor hakt ein Thema nach dem anderen – zuweilen auch mit einem Schmunzeln – ab, das einem so auf dem Weg zu Fünfzig begegnen kann. Ein Buch mit geringem Erkenntnisgewinn, dass einen an Schwitzhütte und alte Männergruppe vor zwanzig Jahren erinnert. Der Charme des Buches liegt darin, dass Mann feststellt, nicht der einzige zu sein, der sich mit bestimmten Themen und Fragestellungen auf dem Weg zur Fünfzig rumschlagen muss und die Themen, die einem selbst begegnen, auch anderen begegnen. Du bist eben nicht allein.