Pfr. Martin Dubberke

Nomen est omen

Liebe Geschwister, welche Themen bietet uns dieser Predigttext an? Gut, wir könnten uns z.B. darüber austauschen, dass Josef Maria heimlich verlassen, also sitzenlassen wollte. Aber mal ehrlich? Wollen wir uns Weihnachten wirklich über solche Geschichten austauschen? Obwohl: Weihnachttrennungen sind ja auch so ein Thema für sich. Aber das ist ein Thema, das nicht unbedingt auf die Kanzel gehört, sondern eher in die Seelsorge.

Alternativ gäbe es dann noch das Thema „Sind Träume Schäume?“ Und nicht zuletzt gäbe es noch das Thema „nomen est omen“.

Aber lassen Sie uns ruhig mal mit den Träumen beginnen. Es geht ja in diesem Predigttext um die Bedeutung von Träumen und dann die Bedeutung von Namen.

Also, beim Thema Traum ist natürlich nicht uninteressant, dass Josef eine Entscheidung getroffen hatte, die, was er nicht ahnen konnte, beim lieben Gott nicht so recht auf Gegenliebe gestoßen ist. Gott tat in dem Fall das, was er meistens in solchen Fällen tut: Er schickt jemanden vorbei, der dem betreffenden Menschen sehr deutlich zu verstehen gibt, was er zu tun hat oder er liefert ihm die Informationen, die ihm für die korrekte Entscheidung gefehlt haben. So auch hier. Und Josef ändert dann auch seine ursprüngliche Entscheidung. Er wirft sie geradezu über den Haufen.

Und da stelle ich mir schon die Frage, wie das heute so ist. Mal ehrlich: Haben Sie schon mal nach einem Traum die schon getroffene Entscheidung geändert? Und wenn ja, würden Sie dann sagen, Sie hätten das getan, weil Ihnen der Engel des Herrn erschienen ist? Ich glaube, da dächten Sie im Traum nicht daran. Und warum? – Weil Sie wahrscheinlich Angst hätte wohlmöglich auch beim Gemeindenachmittag für plemplem gehalten zu werden.

Gut, Dank Freud und anderen haben wir sehr viel über die Psychologie der Träume erfahren, aber ganz ehrlich, ich glaube daran, dass Gott uns in unseren Träumen noch immer seine Engel vorbeischickt. Und ich glaube, dass das, was dabei geschieht, eine ganz eigene Dynamik hat.

Wie oft haben wir schon Gott um seine Hilfe bei Entscheidungen gebeten und dann sind wir aufgewacht und wussten mit absoluter Gewissheit, was wir zu tun hatten. Oder wir befanden uns in einer Situation, die uns an den Rand unserer Möglichkeiten gebracht hat und wir wachten am nächsten Morgen auf und wussten mit absoluter Klarheit, was wir zu tun haben.

Ich für meinen Teil kann mich an zwei solcher Morgen erinnern, da das Wissen, was ich zu tun hatte, so drängend klar war, dass ich es getan habe und das waren zwei extrem lebensverändernde Entscheidungen. Die beide absolut richtig gewesen sind.

Nebenbei gesagt: Im Predigttext steht nicht, dass Josef am nächsten Morgen zu seiner Maria gegangen ist, um ihr zu sagen: „Du, Schatz, eigentlich wollte ich Dich ja heimlich verlassen, aber dann ist mir heute Nacht der Engel des Herrn erschienen, der mich vom Gegenteil überzeugt hat.“ Ich vermute mal eine Ohrfeige von Maria wäre das Mindeste gewesen.

Ich glaube, dass Josef am nächsten Morgen mit absoluter Klarheit aufgewacht ist uns sich vielleicht nicht einmal an den Traum erinnern konnte. Wer weiß? Das ist aber für die weitere Geschichte jetzt nicht so wichtig, sondern was zählt, ist, dass er mit Gottes Hilfe, die wohl wichtigste Entscheidung seines Lebens getroffen hat.

Wir sollten also vielleicht die Bedeutung unserer Träume nicht unterschätzen.

Und damit komme ich zum nächsten Thema, das ich ja – wie schon gesagt – mit den Worten „Nomen est omen“ überschreiben würde. Nebenbei gesagt, auch das ein Ergebnis des Traumes von Josef.

Aber wo wir schon bei Namen sind. Haben Sie sich eigentlich schon mal die Frage gestellt, warum Sie so heißen, wie Sie heißen? Hat man Ihnen vielleicht mit dem Namen einen Lebensauftrag gegeben?

Also, ich habe mich mal, was meinen Vornamen betrifft, vor längerer Zeit auf die Suche begeben und festgestellt, dass ich nicht der erste Martin in meiner Familie gewesen bin, sondern, dass ich den Namen über mehrere hundert Jahre in der Familie zurückverfolgen kann. So weiß ich z.B., dass um 1700 herum schon einmal ein Martin Dubberke Pfarrer gewesen ist. Und allem Anschein geht der Vorname Martin in meiner Familie auf Martin Luther zurück, sprich: Es muss jemand ein echter Lutherfan gewesen sein. Das konnte mein Vater, der Atheist war, nicht ahnen, als er mich nach seinem heißgeliebten Großvater benannt hat. Aber auch mein Urgroßvater hatte seinen Namen von einem Vorfahren erhalten, weil jemand in der Familie schon so getauft worden war. So war mit dem Namen auch immer die Hoffnung verbunden, dass ein Teil des Geistes oder Wesens des vormaligen auf den neuen Namensträger übergeht und dort weiterlebt. So wird dann ein Name zum Auftrag. Und wenn ich mir das mal so in der Summe meiner Vornamen-Vorfahren anschaue, kommt da eine spannende Mischung heraus: Sei ein wenig wie Martin Luther, der ja nach dem Heiligen Martin benannt worden ist. Sei wie Dein Urururahn, der Pfarrer Martin, sei so gutmütig und milde wie Dein Urgroßvater. Nun haben Sie also gewissermaßen eine Ahnung, was Sie von mir zu erwarten haben und dabei wollen wir nicht vergessen, woher der Name Martin eigentlich kommt. So ökumenisch wie der Name auf den ersten Blick scheint, also der katholische Heilige St. Martin und der Luther Martin, so heidnisch ist er eigentlich. Denn Martin leitet sich vom Römischen Kriegsgott Mars ab. Wer Latein in der Schule hatte, erinnert sich vielleicht noch: Mars, Martis… So stand es im Vokabelheft. Das bedeutet das ich nicht nur ökumenisch, sondern auch kämpferisch bin. Sie merken: Mit der Geschichte im Rücken, konnte ich nur Evangelisch-Lutherischer Pfarrer werden.

Schauen Sie sich ruhig einmal an, was Ihr Name bedeutet oder fragen Sie – falls sie noch leben – Ihre Eltern, warum Sie den Namen bekommen haben, den Sie bekommen haben, den Sie tragen. Vielleicht erfahren Sie ja dabei, dass Sie einen heimlichen Auftrag für ihr Leben erhalten haben.

Das war bei dem berühmtesten Baby der Welt auch nicht anders. Da wurde Josef im Traum vom Engel des Herrn mitgeteilt, dass er das Kind der Maria Jesus nennen soll, weil ER das Volk von ihren Sünden retten wird. Damit war von Anfang an auch Jesus selbst klar, was sein Auftrag, sein Job in seinem Leben sein würde. Und wir wissen, dass er das bis zu seinem bitteren Ende durchgezogen hat.

Nebenbei gesagt: Wir sind in seinem Namen getauft. Wir sind Christen. Auch das ist ein Name, der mit einem Auftrag verbunden ist.

Und in diesem Sinne sage ich: Amen! So ist es.


Pfr. Martin Dubberke, Predigt am 2. Weihnachtsfeiertag 2019 über Matthäus 1, 18-25, Predigtreihe II in der Markuskirche in Farchant und in der Johanneskirche in Partenkirchen.