„Seid ihr so unverständig? Habt Ihr denn so vieles vergeblich erfahren?“ So lautet der Lehrvers für diesen Montag aus dem Brief an die Galater 3,3.4. Das ist ein ganz schön schwieriger Vers, so früh am Morgen, um wach zu werden.
Das klingt nach einmal links und einmal rechts zum Wachwerden. Wer will schon gerne am Morgen als erstes hören, daß er unverständig ist, schwer von Begriff, daß das, was er mal erfahren – also nicht erlernt, sondern erlebt, am eigenen Leib erfahren hat, vergeblich erfahren hat?
Was ist passiert? Dabei kann ein Blick in den Textzusammenhang helfen:
1 O ihr unverständigen Galater! Wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? 2 Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben? 3 Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen, wollt ihr’s denn nun im Fleisch vollenden? 4 Habt ihr denn so vieles vergeblich erfahren? Wenn es denn vergeblich war!
Also noch viel schlimmer. Da ist man bezaubert worden, ja geradezu verführt. Und dann kommt es: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben? – Die Frage aller Fragen. Die nach der Gerechtigkeit allein aus Glauben. Habt ihr nun den Geist durch das Gesetz empfangen? Also, das Alte oder die Predigt vom Glauben? Man hat mal im Geist angefangen, ist aber im Fleisch angekommen.
Ich finde, dass das eine der größten gefahren ist, weil der Geist und auch der Glaube nicht so einfach zu fassen sind, wie ein Gesetz. Ein Gesetz besteht aus Worten; ist im besten Sinne aufgeschrieben. Im Ernstfall kann man sich daran festhalten. Aber es bringt mir nichts, wenn ich den Geist, der dahinter steht, nicht erfasse. Und das war das Neue, das Jesus in die Welt gebracht hat. Ich denke da gerade an die Geschichte vom Ährenraufen am Sabbat, als Jesus mit seinen Jüngern am Sabbat ein paar Ähren raufte und man ihn anging, weil er gegen das Gebot der Sabbatruhe verstieß. Jesus aber antwortete: Der Sabbat ist nicht um Gottes willen, sondern um des Menschen willen da.
Der Sabbat ist also nicht für Gott, sondern für den Menschen gemacht. Das eine ist das reine Gebot. Das andere der Geist, der darin steckt. Es geht um das Erfassen des Geistes, der in der Sache wohnt; und diesen zu spüren als ein beglückendes und befreiendes Lebensgefühl, etwas, das einen selbst nach außen strahlen und andere mitreißen oder – treffender – begeistern lässt.