Pfr. Martin Dubberke

Liebe wagen!

Gebote halten! Gebote halten! Und nochmals Gebote halten! – Ich weiß nicht, aber irgendwie kommt es mir seltsam vor, dass ich immer wieder bei diesem Thema lande und die Losungen  und Lehrtexte der vergangenen Tage auch immer wieder dieses Thema nahelegten. Wie kommt es, dass ausgerechnet auf der Zielgeraden zum Sonntag Judika, die Gebote eine solche Rolle spielen? Die Losungen werden ja gezogen und sollen uns einen geistlichen Impuls für den jeweiligen Tag geben. Und heute, einen Tag vor dem Sonntag Judika, sprechen sogar Losung und Lehrtext das Halten der Gebote an:

Haltet meine Gebote und tut danach; ich bin der HERR.
3. Mose 22,31

Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.
1. Johannes 5,3

Ich glaube nicht, dass das ein Zufall ist, sondern eine Botschaft dahinter steckt, eine Aufforderung, verbunden mit der Aussicht auf die Folgen, wenn man es nicht tut. Und ohne Pessimist zu sein oder eine Übelkrähe, aber wir können in unserer Gesellschaft sehen und erleben, dass das Wissen um die Gebote und das Handeln danach immer weniger wird, sich das Klima in einer Gesellschaft und in der Welt mehr und mehr verändert. Gut, ja, es stimmt, wir hatten auch in der Vergangenheit grausame Zeiten, als Menschen noch mehr darüber wussten, noch mehr Menschen an Gott glaubten, in der Kirche waren. Ja, das stimmt. Aber darauf kann ich nur mit den Worten des Predigers antworten:

Es gibt nichts Neues unter der Sonne.

Ja, das stimmt. Aber es gab immer wieder auch Propheten, Warner, Geistliche Analysten, die nicht nur genau das gesagt haben, sondern auch ganz klar die Folgen aufgezeigt haben, was passieren wird, wenn man nicht nur gottvergessen, sondern auch die Gebote Gottes ignorierend, lebt.

Der zunehmende Egoismus in unserer Gesellschaft, die Rücksichtslosigkeit und auch die Verrohung im Umgang miteinander, machen deutlich, dass das ethische Band, dass die Gebote, die den Zusammenhalt einer Gesellschaft, der Welt oder einfach nur zweier Menschen regeln und erleichtern, sich mehr und mehr ausblenden, weil sie nicht mehr gelehrt, nicht mehr vermittelt werden. Wer nicht glaubt, kann die Erfahrung des Glaubens nicht weitergeben, hat kein Wissen mehr um die Gebote und kann auch diese nicht mehr an die nächste Generation weitergeben und die Schulen schaffen das schon lange nicht mehr.

Der Verlust der Gebote bedeutet nicht nur eine Bedrohung der äußeren, sondern auch der inneren Sicherheit. Nein, ich predige hier nicht für einen Kirchenstaat, keineswegs, aber die Folgen des Unwissens – und ich sage ganz bewusst des Unwissens und nicht des Unglaubens – sind kaum noch zu übersehen. Der Verlust der Gebote leitet einen tiefgreifenden Wandel unseres Zusammenlebens ein und das wird die Welt nicht schöner machen.

Die Gebote sind gewissermaßen die Gesetze des Glaubens. Jeder, der im normalen Leben ein Gesetz bricht, muss mit den Folgen des Rechtsbruchs leben. Das Gleiche gilt auch für das Brechen der Gebote. Die Gebote hat uns Gott geschenkt, um das Leben zwischen uns zu regeln, einfacher und verlässlicher zu machen. Die Gebote sind also nicht ein Akt der Bevormundung, sondern ein Akt der Liebe Gottes zu uns fehlbaren Menschen. Eigentlich sollten wir Menschen dankbar für dieses Geschenk sein.

Der vor uns liegende Sonntag Judika ruft uns die Bedeutung der Gebote noch einmal in Erinnerung. Und vor diesem Hintergrund gefällt mir besonders der Lehrtext aus dem Ersten Johannesbrief Kapitel 5, Vers 3:

Das ist die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten; und seine Gebote sind nicht schwer.

Seine Gebote sind nicht schwer. Wir haben das in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder erfahren dürfen. Sie sind leicht zu merken, aber zuweilen nicht leicht zu leben. Doch da kommt der erste Teil des Verses ins Spiel: Die Liebe. Das Halten der Gebote ist Ausdruck unserer Liebe zu Gott. Damit steht beim Halten der Gebote nicht meine eigene Annehmlichkeit, meine Annehmlichkeit, ich im Mittelpunkt, sondern Gott. Steht die Liebe zu Gott im Mittelpunkt, dann öffne ich mich auch meinen Mitgeschöpfen – also meinen Mitmenschen und allem, was Gott geschaffen hat und dann, habe ich keine andere Wahl, dann fällt mir das Halten der Gebote auch nicht mehr schwer.

Die Passionszeit dient dazu, sich das noch einmal vor Augen zu halten. Denn der Tod Jesu am Kreuz ist auch eine Folge, die sich aus dem Nicht-Halten der Gebote ergeben hat. Jesu Tod und Auferstehung, bedeutet für uns alle eine neue Chance, ein neues Leben und den einladenden Ruf:

Lasst uns Liebe wagen!

Passionsnotiz Nr. 32 vom 1. April 2017