Pfr. Martin Dubberke

Ich sende einen Engel

Wir haben hier einen wunderbaren Engel zu stehen. Stark, kräftig, willenstark. Das sieht man schon an seinem steinernen Kopf. Der hält meinen Einwänden und Ausreden einiges entgegen. Den kann so leicht nichts umhauen. Sein Rückgrat hat die Kraft und Elastizität eines großen Baumes, das nicht brechen kann, weil es die Kraft des aus der Erde gewonnenen Stahls seiner Flügel hat. Der Engel ist zuverlässig und standhaft. Er weicht mir nicht aus. Ich muss mich ihm stellen.

Ich habe mir hier an dieser Stelle schon mehr als einmal Gedanken über Engel gemacht und ich bin in vielen Gesprächen – auch Seelsorgegesprächen, die ich hier im LAFIM führe – immer wieder auf Engel zu sprechen gekommen. Und wer mich kennt und mir zugehört hat, weiß, dass ich auch an Engel glaube, denn Engel sind Boten, die mir Gott schickt, um mir etwas mitzuteilen oder einen Kick in die richtige Richtung zu geben.

Und diese Engel können mir in Gestalt eines alten Bekannten begegnen oder auch in Gestalt eines lieben Freundes.

Und so ging es mir gestern auch, als ich die Losung für heute las:

Siehe, ich sende einen Engel vor dir her,
der dich behüte auf dem Wege
und dich bringe an den Ort,
den ich bestimmt habe.
2. Mose 23, 10

Das klingt doch wunderbar. Das ist doch ein Engel, so wie man ihn sich wünscht. Er soll mich behüten. Er soll mich auch dem Weg behüten und mich an den Ort bringen, den Gott für mich bestimmt hat. Das ist doch klasse. Ich habe einen Begleiter. Da kann mir doch gar nichts passieren. Ich komme sicher an dem Ort an, den Gott für mich bestimmt hat.

Sie ahnen es schon. So einfach ist es dann doch leider auch nicht. Denn der eigentliche Hammer folgt im nächsten Vers:

Hüte dich vor ihm und gehorche seiner Stimme
und erbittere ihn nicht,
denn er wird euer Übertreten nicht vergeben,
weil mein Name in ihm ist.
2. Mose 23, 21

Das ist nicht der niedliche, pausbäckige Engel, wie er in barocken Kirchen zu sehen ist. Das ist kein klassischer Schutzengel. Das ist ein Engel mit einer unheimlich hohen Autorität, weil der Name Gottes in ihm ist.

Oder mit anderen Worten: Der Engel hat eine Vollmacht von Gott erhalten. Es ist, als habe ich es direkt mit Gott zu tun. Und vor diesem Engel soll ich mich hüten. Ich soll seiner Stimme gehorchen, weil es ja eigentlich Gottes Stimme ist. Und so lange ich ihm gehorche, ist alles gut. Dann gilt, was nächsten Vers steht:

Wirst du aber auf seine Stimme hören
und alles tun, was ich dir sage,
so will ich deiner Feinde Feind
und deiner Widersacher Widersacher sein.
2. Mose 23, 22

Tue ich das nicht, dann höre ich nicht auf die Stimme des Engels und damit auf die Stimme Gottes. Weil: Der Engel ist ja der Bote Gottes.

Und was sagt nun die Stimme des Engels?

  • Du sollst kein falsches Gerücht verbreiten;
  • du sollst nicht einem Schuldigen Beistand leisten, indem du als Zeuge Gewalt deckst.
  • Du sollst der Menge nicht auf dem Weg zum Bösen folgen
  • und nicht so antworten vor Gericht, dass du der Menge nachgibst und vom Rechten abweichst.
  • Halte dich ferne von einer Sache, bei der Lüge im Spiel ist.
  • Den Unschuldigen und den, der im Recht ist, sollst du nicht töten; denn ich lasse den Schuldigen nicht recht haben.
  • Du sollst dich nicht durch Geschenke bestechen lassen; denn Geschenke machen die Sehenden blind und verdrehen die Sache derer, die im Recht sind.
  • Einen Fremdling sollst du nicht bedrängen; denn ihr wisst um der Fremdlinge Herz, weil ihr auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen seid.

All das und noch vieles mehr steht im 2. Mose 23, also da, wo die Losung steht. Und wenn ich das lese, wird mir Angst und Bange. Denn die Ansage Gottes durch den Engel, galt nicht einem einzelnen Menschen, sondern einem Volk.

Und wenn ich lese, sehe und erlebe, was hier in unserem Land geschieht, in Chemnitz, Köthen und an ganz vielen anderen Orten in unserem Land. Wenn ich höre, was Männer und Frauen sagen, die in unserem Land für unser Land Verantwortung tragen oder tragen wollen, dann höre ich nicht das, was der Engel wohl hören möchte.

Ich kenne aber auch viele andere Orte, an denen der Engel nicht das hört, was er wohl hören möchte. Und ich glaube, jeder von uns kennt solche Orte und Situationen auch.

Doch was treibt die Menschen immer wieder dazu, sich vor dem Engel nicht zu hüten und seiner Stimme nicht zu gehorchen?

Der Engel ist Ausdruck der Liebe Gottes zu seinen Menschen. Es ist der fortwährende Versuch, den Menschen seit seinem Sündenfall im Paradies wieder auf den rechten Weg zu bringen und ihn auf dem rechten Weg zu halten.

Siehe, ich sende einen Engel vor dir her,
der dich behüte auf dem Wege
und dich bringe an den Ort,
den ich bestimmt habe.
2. Mose 23, 10

Der Engel geht vor mir. Er geht mir voraus. Ich muss ihm und nur ihm folgen, dann behütet er mich und dann bringt er mich an den Ort, den mir Gott bestimmt hat. Und meinen Ort kann kein Mensch bestimmen, weil den nur Gott bestimmen kann.

Und so stärke uns die Hoffnung, ja Gewissheit, von der der Lehrtext spricht:

Der Herr wird mich erlösen von allem Übel
und mich retten in sein himmlisches Reich.
Ihm sei Ehre.
2.Timotheus 4,18

In diesem Sinne: Amen.

Wochenandacht im LAFIM am 13. September 2018 über Losung und Lehrtext des Tages.