Bei diesem Vers habe ich sofort Musik im Ohr. Das sogenannte Tunnelmotiv aus dem Deutschen Requiem von Brahms. Seine Vertonung dieses Verses klingt, als führe man mit hoher Geschwindigkeit in einem Zug durch einen Tunnel, an dessen Ende das Licht ist. Und dieses Licht, das göttliche Licht ist das Ziel.
„Herr, lehre mich bedenken, dass es ein Ende mit mir haben muss.“ – Das Ende des Lebens begegnet uns zumeist in Gestalt des Todes anderer. Irgendwie sind wir Menschen so konstruiert, dass wir – wenn wir nicht gerade schwer krank sind – nicht daran denken, dass wir einmal sterben müssen. Obwohl, ich stelle in letzter Zeit immer wieder fest, dass ich anfange zu rechnen. Ich werde in diesem Jahr 49 Jahre alt. Wenn meine Söhne zwanzig sind, bin ich fast 62. Bevor ich Vater wurde, fühlte ich mich alterslos. Seitdem ich Vater bin, erlebe ich die Zeit wie in einem ICE. Sie rast.
Ich erlebe, dass Menschen, die in meinem Alter sind, mit denen ich zusammen studiert habe oder beruflich zu tun hatte, plötzlich sterben. Das sind die Momente, die mich lehren, dass auch mein Leben ein Ende haben wird, auch wenn ich es mir so gar nicht vorstellen kann.
Die sub conditione Jacobae, die Bedingung des Jakobus gilt auch für mich. Also: So Gott will und wir leben. Das Leben kann jeden Moment vorbei sein. Und dann wird mir wieder bewusst, welch kostbares Gut meine Zeit ist und wie sie mir durch die Finger rinnt.
Uns alle eint, dass unser Leben ein Ende haben wird und unser Leben ein Ziel hat. Sich darüber von Zeit zu Zeit bewusst zu werden und innehalten, sich Gedanken über das eigene Ziel zu machen, sollte Teil unserer Glaubenspraxis sein. Sich im Gespräch mit Gott seines Zieles zu versichern und gleichzeitig auch immer wieder auf den Prüfstand zu stellen.
Meine Zeit, unsere Zeit ist von Gott geschenkte Zeit. Das Wissen um die eigene Vergänglichkeit erfüllt mit Demut und Bescheidenheit und lässt den Wert der Zeit erfassen, dass sie nicht verloren gehe.