Ich habe heute ein Gottesdienst-Erlebnis der besonderen Art gehabt, als ich mit meiner Familie zum Weihnachtsgottesdienst in St. Ludwig gegangen sind. Und ich habe hier schon viel in meinem Leben erlebt, aber was ich heute erlebt habe, war schon etwas ganz besonderes. Wir kamen knapp eine Stunde vor Beginn des Gottesdienstes in die Kirche, und es sah so aus, als gäbe es noch freie Plätze. Doch weit gefehlt. Wo freie Plätze waren, lagen Hüte, Taschen, ausgerollte Schals, ja sogar Krücken. Und überall die gleiche Antwort auf die Frage, ob der Platz noch frei ist: „Nein, reserviert!“ oder „Nein. Hier kommen noch sechs weitere!“ – Irgendwie hatte es etwas von Pauschalreisenden, die morgens vor dem Frühstück rasch an den Swimmingpool rennen und auf die besten Liegestühle ihre Badelaken legen.
Irgendwie war das Weihnachtsgeschichte zum Anfassen. Unsere Jungs saßen auf den Kinderplätzen, meine Frau fand einen Platz hinter einer Säule und ich, ich suchte einen einzelnen Platz, scheiterte aber an den Reservierungen mit Krücken, Schals und Co. Entnervt und willens, St. Ludwig zu verlassen und alleine in eine andere Kirche zu gehen, begab ich mich zurück zu meiner Frau, um Ihr meinen Entschluss mitzuteilen. Und da rückte dann eine andere Frau mit ihren Kinder weiter zusammen. Und so fand ich schließlich auch einen Platz hinter der Säule. Musste aber meiner Nachbarin versprechen, bis zum nächsten Weihnachtsgottesdienst abzunehmen, damit wir im kommenden Jahr mehr Platz auf der Bank miteinander hätten.
Es dauerte nicht lange und die Stimmung in der Reihe hinter uns drohte zu eskalieren. Dort waren sechs Plätze reserviert und wurden von einem nassforschen jüngeren Mann verteidigt. Eine 63jährige Frau – sie nannte ihr Alter – wollte einen der freien Plätze und der junge Mann, offensichtlich ein Ein-mal-im-Jahr-Gottesdienstbesucher, verteidigte seine Plätze, was bei ihm schließlich in dem Satz mündete: „Sie wissen doch, dass es Weihnachten ist und da ist die Kirche nun einmal voll. Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten.“
Ja, und da ging mir dann doch Lukas 2, 7 durch den Kopf:
„…denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“
Und mit einem Male musste ich schmunzeln, denn das eigentliche Krippenspiel fand nicht vorne auf der Bühne statt, sondern mitten in der Gemeinde. Und die Menschen haben es nicht gemerkt.
So, wie vor zweitausend Jahren. Hätte der HERR nicht seinen Engel zu den Hirten geschickt, hätte damals wohl auch niemand gemerkt, welches Wunder da in dem kleinen Stall in Bethlehem passiert ist. Und so hoffe ich, dass möglichst vielen Menschen heute Nacht, der Engel des HERRN erscheint und das Herz für die Botschaft der Heiligen Nacht öffnet.