Mein Herz hält dir vor dein Wort: »Ihr sollt mein Antlitz suchen.« Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz. (Psalm 27,8) Ich weiß nicht wie Gottes Antlitz aussieht. Auch Mose wußte es nicht, auch wenn er mit Ihm gesprochen hat, Ihm gegenüber stand.
Die Gegenwart Gottes nahm er als ein Brausen wahr. Das Antlitz hätte er nicht schauen können, weil der Glanz ihn Blind gemacht hätte. Es gibt so viele Bilder, die Menschen sich von Gott gemacht haben, auch wenn man sich kein Bild machen sollte. Sie reichen vom brennenden Dornenbusch, in dem Gott Mose begegnet ist über das Auge Gottes, den alten Mann mit weißem Bart bis hin zu abstrakten Bildern in denen Farben ineinander gehen und ein Licht in einer Kirche erzeugen, daß man sich geborgen und getragen fühlt.
Mir geht das zumindest so, wenn ich im Kölner Dom sitze. Wann immer ich nach Köln komme, nehme ich mir eine Stunde Zeit und setze mich auf eine Kirchenbank – irgendwo in diesem riesigen Kirchenschiff. Das ist für mich immer ein wenig wie Gott zum Anfassen.
Ich komme dort zur Ruhe, auch wenn in dieser Kirche ein Geschäftigkeit und Hektik herrscht wie auf einem Bahnhof. Aber ist es nicht auch so im Leben? Menschen kommen an, besuchen einander und fahren dann wieder weiter. In so einem Dom wie dem Kölner schauen täglich tausende von Menschen vorbei, besuchen Gott und selbst wenn Sie nicht an ihn glauben, sind Sie von der Größe, dem Licht, der Atmosphäre überwältigt. Und dann ist es gelungen, was die Erbauer des Doms einmal beabsichtigt haben, ein Haus zur Ehre Gottes zu bauen, das der KABOD Gottes gerecht wird. KABOD ist ein hebräisches Wort und beschreibt die Eigenschaften Gottes, die Größe, die Herrlichkeit, die Gewichtigkeit, den Glanz.
Aber wie ist es, wenn ich wieder aus dem Dom rauskomme? Ich kann ja nicht jedes Mal, wenn ich seine Nähe suche und sein Antlitz ahnen möchte nach Köln fahren. Er hat mir doch zugesichert, daß er überall ist. Und da geht mir dann ein Vers aus dem 1. Mose durch den Kopf:
Gott ist mir dir in allem, was du tust. (1. Mose 21, 22)
Das ist die Erinnerung daran, dass wir alle Ebenbilder Gottes sind. Gott schuf uns nach seinem Bilde und blies uns das Leben ein. Jeder von uns, so wie wir hier sitzen, egal ob Christ oder nicht, ist ein Teil des Angesicht Gottes. Und das ist doch was ganz Wunderbares.
Und wenn Sie jetzt vielleicht sagen wollen: Ja, Dubberke, das ist ja ganz schön gedacht, aber was hilft es mir?
Dann antworte ich darauf: Schau mal, der andere kann noch so ein Stinkstiebel sein, aber in ihm wohnt ein Funke Gottes. Also kann ich nicht anders, als ihn zu lieben.Und wenn Sie sagen: Jetzt spinnste aber Dubberke!
Dann sage ich nur: Recht haben Sie. Aber was soll ich machen? Jesus hat mir keine andere Wahl gelassen, nachdem er die Parole vom Doppelgebot der Liebe ausgegeben hat: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.
Es geht immer um die gleiche Frage: Was will Gott wirklich von uns? Und das ist die Annahme, den anderen so anzunehmen, wie Gott uns angenommen hat, im anderen wie auch an uns, einen Teil des Angesichts Gottes zu entdecken, so dass wir uns selbst und deshalb auch den und die anderen lieben können und deshalb verspricht der Beter im Psalm:
Mein Herz hält dir vor dein Wort: »Ihr sollt mein Antlitz suchen.«
Darum suche ich auch, HERR, dein Antlitz.
Amen.