Pfr. Martin Dubberke
8. Trinitatis 2025 | Bild: Martin Dubberke©

Aufbruch. Veränderung. Versöhnung.

Liebe Geschwister, wir haben es gerade im Evangelium nach Matthäus gehört: Wir haben das Licht, das uns Aufbruch und Richtung durch Jesus Christus weist. Das Licht, das alles und auch uns selbst verändert. Das Licht, aus dem unsere christliche Haltung erwächst und die kennt nun mal keine üble Nachrede, die kennt keinen Hass, die kennt keinen Vernichtungswillen, die kennt keine Kriegslust, sondern nur Lebens- und Liebeslust.

Dieses Licht lässt uns die Lügen erkennen, die man uns in Form von Fake News, alternativen fakten und ideologischem Realitätsverlust auftischen will. Dieses Licht lässt uns erkennen, wann man uns hinters Licht führen möchte.

Dieses Licht kann uns davor bewahren, von dieser vergifteten Kost zu essen.

Dieses Licht zeigt uns, worauf es ankommt. Dieses Licht zeigt uns, worauf es wirklich ankommt, nämlich die Liebe, mit der uns Jesus Christus begegnet ist, die Liebe, die uns verändert und weil sie uns verändert, die Welt verändert. Und genau deshalb sollen wir unser Licht nicht unter einen Scheffel stellen.

Die Situation in unserer Welt hält uns aber auch zugleich vor Augen, dass wir unser Licht unterm Scheffel halten, weil nämlich sonst die Welt, die sich uns zeigt, eine andere Welt wäre.

Paulus mahnt uns ja in seinem Brief an die Epheser, zu prüfen, was dem Herrn wohlgefällig ist und keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis zu haben, sondern vielmehr diese aufzudecken. Also keine Vereinnahme, sondern das genaue Gegenteil. Wir dürfen als Christinnen und Christen nicht schweigen. Das Licht bedeutet aber auch, nicht an der Oberfläche zu bleiben, sondern tief hinein zu leuchten, um zu verstehen, wie die Dinge zusammenhängen, um schließlich, wie es Dietrich Bonhoeffer sagt, „dem Rad in die Speichen zu fallen“.

Im Lichte Jesu Christi betrachtet, dürfen wir erkennen, wo man uns verführen möchte und auch wozu man uns verführen möchte und auch, warum und vor allem auch warum wir selbst immer wieder dafür verführbar sind, welche persönlichen Egoismen, welche persönlichen Ängste manches Mal größer und stärker als unser Gottvertrauen und unsere Gottesliebe sind.

Vielleicht hilft uns hier der Blick auf den Predigttext aus dem Buch des Propheten Jesaja, Kapitel 2, die Verse 1-5:

1 Dies ist das Wort, das Jesaja, der Sohn des Amoz, schaute über Juda und Jerusalem. 2 Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des HERRN Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, und alle Heiden werden herzulaufen, 3 und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufgehen zum Berg des HERRN, zum Hause des Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen Steigen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des HERRN Wort von Jerusalem. 4 Und er wird richten unter den Nationen und zurechtweisen viele Völker. Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen machen und ihre Spieße zu Sicheln. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen. 5 Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!

Wir befinden uns mit diesem Predigttext mitten im 8. Jahrhundert vor Christi Geburt. An Jesus Christus und sein Liebes- und Erlösungswerk war noch nicht im Geringsten zu denken. Das Nordreich stand kurz vor dem Untergang durch die Assyrer im Jahr 722 vor Christus. Eine interessante Jahreszahl, wenn man bei 722 vor unfreiwillig an 2022 nach Christus denkt. Und neben dem Nordreich war auch das Südreich Juda politisch und geistlich in einer Krise. Die Menschen entfernten sich von Gott – so wie heute auch – , soziale Ungerechtigkeit und Götzendienst – also die Rettung in Ideologien – wuchsen und nahmen von Tag zu Tag zu. Diese Verse, diese Vision des Jesaja, entstanden also in einer Zeit politischer Unsicherheit und sozialer Spannungen, die uns auch heute nicht fremd sind, sondern ganz im Gegenteil, uns näher und vertrauter sind, als wir es vor wenigen Jahren noch zu denken gewagt hätten. Während auf einer Seite die Gefahr groß ist, dass ein Land fallen wird und auch fallen gelassen wird, erleben wir eine politische Krise nach der anderen, erleben wir, wie eine politische Ordnung, die nach dem Inferno des zweiten Weltkriegs gewachsen ist, in Unordnung gerät, sich geradezu pulverisiert und das in einem rasanten Tempo, das uns atemlos werden lässt. So wie Jesaja, leben auch wir heute in einer Zeit großer Unsicherheit und Bedrohung.

Die Vision des Jesaja ist ein starkes Gegenbild zur Realität: Statt Angst, Krieg und Misstrauen sieht Jesaja eine von Gott geeinte und gerechte Welt, in der Frieden herrscht. Die Botschaft ist nicht nur tröstend, sondern fordert dazu auf, sich schon jetzt an Gottes Weisung zu orientieren und in seinem Licht zu gehen.

Aus dieser Vision lassen sich aus meiner Sicht drei Kernaussagen ableiten:

Erstens Zukunftshoffnung: Trotz aller Not verheißt Gott eine Zeit, in der alle Völker zu ihm kommen werden. Und ich glaube allen Ernstes, dass es den Menschen im 8. Jahrhundert vor Christus genauso schwergefallen ist, das zu glauben, wie es uns heute schwerfällt. Aber niemand hat gesagt, dass Glaube leichtfällt. Auch Jesus Christus hat immer wieder betont, wie groß die Herausforderung sei, ihm zu folgen. Auch, wenn es gerade schwerfällt, genau das zu glauben, spüre ich aber aus den visionären Worten des Jesaja die Kraft der Zuversicht heraus. Ja, ich glaube ganz fest daran, dass alle Völker zu ihm kommen werden und das gibt mir jeden Tag neue Kraft, nicht an der Situation irre zu werden.

Zweitens Frieden: Diese berühmten Worte „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen machen … und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“ beschreiben eine Welt ohne Krieg – ein Bild für den Frieden, den Gott schaffen wird. Ich bin – und da fühle ich mich nicht alleine – weiß Gott, kein Friedensromantiker. Dafür bin ich zu alt und habe in meinem Leben zu viel gesehen und erlebt. Aber ich bin ein unverbesserlicher Hoffer, jemand der die Hoffnung auf Frieden und die Einsicht in die Notwendigkeit des Friedens nie aufgegeben hat. Und Frieden fängt nicht zwischen der Ukraine und Russland oder Gaza und Israel an, sondern zuerst bei uns. Wenn wir uns eingestehen, wie schwierig es manchmal ist, in der eigenen Familie in Frieden zu leben, im eigenen Ort oder eigenen Land, wird erkennen, wie schwierig, aber auch wie wichtig Frieden ist.

Und drittens die Einladung: Jesaja schließt ja seine Vision mit dem Aufruf:

„Kommt nun, ihr vom Hause Jakob, lasst uns wandeln im Licht des HERRN!“

Das ist eine Einladung, schon jetzt nach Gottes Wegen zu fragen und im Licht zu leben. Und so ist auch dieser 8. Sonntag nach Trinitatis mit all seinen Lesungen und Texten eine einzige Einladung zu dem schon am Anfang dieses Gottesdienstes angesprochen Dreischritts von Aufbruch, Veränderung und Versöhnung.

Wir dürfen aufbrechen und uns dieser Vision anschließen und für diese Vision eintreten.

Doch dafür dürfen wir uns verändern, nämlich nicht mehr unser Licht untern Scheffel zu stellen und alles, was uns daran innerlich hindert, ablegen.

Und dann wird das Schwierigste von allem notwendig: Die Versöhnung. Jedem Frieden geht die Versöhnung voraus. Und Versöhnung ist kein Deal, sondern geschieht aus einer inneren Haltung heraus, die entsteht, wenn wir aufbrechen und uns mutig und freudig durch Jesus Christus verändern lassen, so dass wir als Kinder des Lichts wandeln. Und die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

Amen.

Pfr. Martin Dubberke

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke

Predigt am 8. Sonntag nach Trinitatis in der Johanneskirche zu Partenkirchen am 10. August 2025, Perikopenreihe I, Jesaja 2, 1-5

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