Pfr. Martin Dubberke

Als wenn es gar nichts wär

Ich bin heute Abend im Friedrichstadt-Palast bei Klaus Hoffmann gewesen. Drei Stunden Wohlfühlen. Drei Stunden Sentimentalität. Drei Stunden Seele streicheln. Drei Stunden Therapie.

Klaus Hoffmann nimmt einen – wie immer – auf eine Reise in das eigene Innere zurück. Man fängt an, sich plötzlich an Dinge zu erinnern, an die man schon lange nicht mehr gedacht hat. Ich sage ganz bewusst erinnern und nicht vergessen.

Hoffmann verfügt über eine ganz besondere Gabe. Er kann Berlin – insbesondere das alte West-Berlin mit seinem Charlottenburg – so wunderbar beschreiben, dass ich plötzlich die alten Gerüche in der Nase habe.

Er spielt mit meiner Sehnsucht, meinen Erinnerungen und Ängsten, gerade, wenn er von seinen Eltern erzählt und auch über ihr Sterben spricht. Wenn ich nur das Lied “Als wenn es gar nichts wär” nehme. Hier beschreibt er das Erwachsenwerden, den Verlust der kindlichen Welt, das Kinderparadies, das man zugunsten der Klugheit und Vernunft aufgibt, um etwas Graues zu werden. Mit einem Male wird das kleine Kind in mir wach und ich spüre, was vergangen ist. Für fünf Minuten spüre ich plötzlich wieder die Freiheit des Kinderparadieses, laufen fröhliche und traurige Bilder vor meinem geistigen Auge ab. Das ist – nebenbei gesagt – etwas, was er mit Woody Allen gemeinsam hat. Ein paar Minuten später singt er:

Mein Weg ist mein Weg ,
ist mein Weg

und kein Schritt führt mich jemals mehr zurück

mein Weg ist mein Weg ,
ist mein Weg

mit Schatten und mit Tränen

mit Lachen und mit Glück

mein Weg ist mein ureigener Weg

Damit führt einen wieder in die Gegenwart zurück und macht deutlich, dass alles zusammengehört und nur in der Ganzheit der Mensch das ist, was er ist. Wer Kinderparadies, Sehnsucht, Klugheit und Vernunft zusammenbringen kann, ohne das andere zu ignorieren, ist auf dem richtigen Weg.

Er lässt uns mitsingen, gibt unseren Gefühlen weiten Raum, wir können manches geradezu lautstark raussingen. In drei Stunden kitzelt er alles aus uns heraus, was in der gleichen Zeit keinem Therapeuten gelingt. Auch heute habe ich wieder sein Konzert in dem Gefühl verlassen, als hätte sich etwas geklärt.