Die Frau nahm von der Frucht und aß
und gab ihrem Mann, der bei ihr war,
auch davon und er aß.
1.Mose 3,6
Ach ja, nichts ist schwieriger, als sich Gedanken über einen Text zu machen, der so bekannt ist wie dieser, so oft zitiert und missbraucht wurde.
Das erste, was mir einfiel, als ich den Text las, war: Mitgefangen, mitgehangen oder mitgegangen, mitgefangen, in den sauren Apfel beißen, alles haben und sein zu wollen, Schuld, Mitschuld, sie hat ihn mir doch hingehalten, ist doch nichts passiert…
Sie merken, man kann mit diesem kleinen Vers eine Menge anstellen. Der kleine Vers ist wie ein ganzer Roman, weil er so viele Bilder auslöst. Da sehe ich auf der einen Seite einen Mann, der erlebt, wie seine Frau in die verbotene Frucht beißt und erst einmal schaut, ob sie nicht vielleicht tot umfällt oder der Blitz in sie hineinfährt. Nein, es passiert erst einmal nichts. Na, dann kann er es ja auch mal probieren. Und sollte die Frucht doch giftig sein, bleibt er wenigstens nicht alleine zurück.
Es gibt immer Menschen, die einen Schritt vorausgehen und Menschen, die es einem dann nachtun. Die Frau war in diesem Fall mutiger, vielleicht auch leichtsinniger als der Mann und der Mann war vielleicht ein wenig träger oder auch gleichgültiger. Wir wissen es nicht. Beiden gemeinsam ist aber, dass sie die von Gott gesetzte Grenze überschritten haben und beiden ist es nicht gut bekommen. Sie haben alle Annehmlichkeiten verloren.
Es erinnert mich auch an die omnipräsente Werbung. Sie können hier ja mal ein Experiment machen und am Ende eines Tages aufschreiben, wo Sie überall Werbung gesehen oder gehört haben und wofür geworben wurde. Das fängt morgens im Radio an, geht über die Zeitung, die Straßen, die Tankstelle, den Bus, die S-Bahn, die Straßenbahn, den Zeitungsladen, wenn Sie im Büro den Rechner hochfahren und etwas im Internet recherchieren und dann immer wieder das gleiche Produkt eingeblendet wird, wo Sie mal ein paar Tage vorher einen Preisvergleich gemacht haben, ihre Mails bearbeiten und wieder zwanzig Werbemails durch den Spamfilter gerutscht sind und abends, wenn Sie nach Hause kommen, liegen dann noch Werbebriefe und Prospekte in ihrem Briefkasten. Die Schlange ist überall. Es ist fast wie eine Gehirnwäsche, der man sich tagtäglich kraftvoll widersetzen muss.
Die Versuchung ist omnipräsent. Die Versuchung kann auch ein Schokoriegel, eine Zigarette oder ein Glas Rotwein sein. Jeder weiß, dass es eigentlich nicht gut ist, dass es ungesund ist und dennoch tun wir es. Wir erliegen tagtäglich Versuchungen, großen und kleinen. Manchmal sind wir ein paar Tage stark, widerstehen dem Griff nach der Zigarette. Es gibt uns sogar ein gutes Gefühl. Das Gefühl stark zu sein.
Der kleine Vers, die kleine Geschichte von der Frucht, von der Eva und Adam gegessen haben ist – glaube ich – ist der eigentliche Beginn des Menschseins. Zum Menschsein gehört die Versuchung. Sie ist die Teststrecke meiner Willensstärke, meiner Glaubensstärke. Und zum Menschsein gehört auch das Erliegen. Und es gehört noch etwas dazu: Jedes einer Versuchung Erliegen hat eine Konsequenz für mein Leben. Und damit stellt sich jedes Mal die Frage: Will ich diese Konsequenz in Kauf nehmen? Und welche Konsequenz hat das für andere?
Und genau an dieser Stelle gibt es eine ganz klare Richtlinie und die verrät uns der Lehrtext aus dem 2. Korinther 11, 3:
„Ich fürchte aber, eure Gedanken könnten abgelenkt werden von der ungeteilten Hinwendung zu Christus, so wie es der Schlange gelang, Eva mit ihrer List zu betrügen.“
Die Versuchung darf uns nicht von Jesus abwenden oder entfernen lassen. Das ist der Maßstab.