Pfr. Martin Dubberke

Satt und doch nicht satt – oder wie?

Kennen Sie das? Sie essen etwas, schlingen es vielleicht sogar gierig in sich hinein und haben danach das Gefühl: Ich bin noch nicht wirklich satt. Oder Sie öffnen eine Flasche kühles Pilsener. Mit dem Flaschenöffner heben Sie den Kronkorken an, es zischt, Sie freuen sich auf das wohlverdiente und erfrischende Hopfengebräu, setzen die Flasche an und das köstliche Getränk rinnt durch ihre Kehle in den Bauch… Doch statt eines genussvollen „Aahs“ halten Sie inne und spüren, dass da noch etwas fehlt, der Durst nicht wirklich gelöscht ist.

Und dann fragen Sie sich, was mit dem Bier oder dem Essen, das Sie – wie man in Berlin so gerne sagt – für teuer Geld erworben haben, nicht ok war, was gefehlt hat.

Gut, Sie könnten sich vielleicht die Frage stellen, ob die Ursache dafür darin gründet, dass Sie zuvor kein Tisch- oder Dankgebet gesprochen haben. Aber ist es das wirklich?

Satt und doch nicht satt, Durst gestillt und doch noch durstig.

Die für heute gezogene Losung aus Jesaja 55, 2 nimmt dieses Motiv auf:

Der HERR spricht: Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen. Jesaja 55,2

Das klingt ein wenig danach: Iss doch statt eines Schlabber-Burgers eine anständige Vollkornstulle. Trink statt einer süßen Coke ein Mineralwasser. Und dann kommt der Tipp des Ernährungsberaters – in diesem Fall Gott höchst persönlich:

„Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen.“

Um das, was Gott damit wirklich meint, erfassen zu können, ist es hilfreich, sich den ersten Vers einmal anzuschauen:

Wohlan, alle, die ihr durstig seid, kommt her zum Wasser! Und die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch!

Lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen „die ihr kein Geld habt, kommt her, kauft und esst! Kommt her und kauft ohne Geld und umsonst Wein und Milch.“

Was glauben Sie wohl, was da bei den Menschen los war? – Also, wenn heute Aldi oder Netto, oder wie sie alle heißen, sagen würden: Kommt her und kauft ohne Geld! – Der Laden wäre nach dem Ansturm der Leute wohl nicht nur leergeräumt, sondern wahrscheinlich ob des Andrangs ziemlich verwüstet.

Also, was lernen wir daraus? Was will uns Gott damit sagen? – Schmeißt die EC-Karten weg! Geld ist doch sowieso überflüssig! Oder: Was Ihr braucht, um satt zu werden, könnt ihr nicht kaufen.

Genau: Was ihr braucht, um satt zu werden, könnt ihr nicht kaufen: Gnade und Freiheit.

Dazu ist es wichtig, zu wissen, in welcher Situation Gott die Menschen hier anspricht. Es ist das babylonische Exil. Die Israeliten leisten Frondienste, ohne auch nur das Geringste davon zu haben. Sie zahlen Abgaben, also Steuern, ohne etwas davon zu haben. Keine Rechte, keine Freiheiten: Arbeitstiere, die von den Babyloniern ausgenutzt und ausgelutscht werden. Keine Achtung, keine Wertschätzung.

Das können wir auch schon im 5. Mose 8, 3 nachlesen:

„…der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht…“

Wasser, Wein und Milch sind hier nicht als bloße Nahrungs- oder Genussmittel gemeint. Sie stehen für die Erquickung, die geistliche Neubelebung. Sie sind hier Gaben der göttlichen Gnade. Und Gnade ist ein Geschenk Gottes. Gnade ist die Nähe und die Gegenwart von Gott. Mit seiner Nähe erinnert er uns daran, dass es Dinge gibt, die man nicht kaufen kann, sondern geschenkt bekommt. Und er erinnert uns daran, dass wir, um wirklich satt zu werden, nicht nur etwas für den Bauch brauchen, sondern auch für die Seele. Denn nur, wenn die Seele satt ist, geht es uns wirklich gut.

Amen.

 

Wochenandacht über die Tageslosung vom 29. September 2016 aus Jesaja 55, 2 im LAFIM