Pfr. Martin Dubberke

Bevor es zu spät ist

Säet Gerechtigkeit und erntet nach dem Maß der Liebe!
pflüget ein Neues, so lange es Zeit ist, den Herrn zu suchen,
bis er kommt und Gerechtigkeit über euch regnen lässt!
Hosea 10,12

Beim ersten Lesen des Monatsspruchs frage ich mich, welches Bild Hosea heute nehmen würde, um das zu sagen, was er mit einem Bild aus der Landwirtschaft zu verdeutlichen sucht. Welches Bild würde Hosea heute nehmen, weil wir in unseren Tagen ja eher von der Stadt, dem Supermarkt und der digitalen Welt geprägt sind als von der Erfahrung des Säens und Erntens.
Was da wie ein Gartentipp daherkommt, ist in Wahrheit eine Ansage an die Zeit, ja schon fast ein Ultimatum. Vorher schildert Hosea nämlich, was so alles schief gelaufen ist:

„Israel, du hast seit den Tagen von Gibea gesündigt; dabei sind sie geblieben. Wird darum nicht in Gibea der Krieg über sie kommen wegen der bösen Leute?“ (Hosea 10,10)

Und worin bestand die Sünde? Auch das verrät Hosea:

„Ihr habt Frevel gepflügt, Übel geerntet.
Und Lügenfrüchte gegessen.“ (Hosea 10,13)

Ein Schelm, wer jetzt Parallelen in die Gegenwart zieht. Sind Lügenfrüchte nicht das viel schönere Wort für Fake-News? Weil sie so viel deutlicher machen, dass sie giftig sind und damit gefährlich?

Das landwirtschaftliche Bild vom Unterpflügen des Frevels versteht auch heute noch jeder. Und so versteht auch jeder, dass man in so einem Fall nur Übel ernten kann. Ich weiß ehrlicherweise nicht, ob es mich beruhigen soll oder nicht, dass es auch in dieser Beziehung nichts Neues unter der Sonne gibt. Und ich stelle mir natürlich die Frage, ob Menschen auch aus ihrem
Fehlverhalten lernen? Oder, wenn ja, wie viele Generationen es braucht, bis der Lerneffekt wieder verflogen ist?

Ich habe das Gefühl, dass wir wieder in einer Zeit leben, wie Hosea sie beschreibt. Ich will hier hier gar keine Namen nennen, weil sie jeder selbst kennt und tagtäglich in der Zeitung lesen kann oder ihre Bilder im Fernsehen sieht. Im Moment laufen wir wirklich Gefahr, dass wir alles aufs Spiel setzen, was wir erworben haben, weil die Lügenfrüchte so lecker aussehen und von
Wahrheitsfrüchten nur noch schwer zu unterscheiden sind. In die Ackerfurchen von Twitter, Facebook und Co wird der Frevel eingepflügt und so seine Lügenfrüchte milliardenfach unters Volk gebracht, indem sie geteilt, geliket und retweetet werden und so ihr Gift immer weiter seine Wirkung entfalten kann.

Und das schlimmste daran ist, dass wir wissen, wie es funktioniert. Wir sehen die Folgen – weltweit. Also, was würde Hosea heute vorschlagen? Meldet Euch alle aus Twitter, Facebook und Co ab? Nein, er würde genau das sagen, was er in unserem Monatsspruch sagt. Ich kann in jedem Gespräch, dass ich führe, Gerechtigkeit säen, indem ich meinem Gegenüber eine neue Perspektive eröffne, ihn mit der Frucht der Wahrheit konfrontiere.

Und dann würde er vielleicht noch hinterherschicken: Macht das, bevor es zu spät ist! Und seine Ansage gilt nicht in erster Linie den Regierenden, sondern dem Volk. Er fordert das Volk auf, Gerechtigkeit zu säen, bevor es zu spät ist. Und der Hinweis, nach dem Maß der Liebe zu ernten bedeutet, dass einzig und alleine die Liebe das Maß aller Dinge ist. Und damit meint Hosea nicht die ausschließende Liebe, die an den eigenen Landesgrenzen halt macht, sondern
die Liebe, wie Gott sie meint, die die ganze Schöpfung liebevoll in den Arm nimmt. Und da können wir von Gott noch eine Menge lernen, bevor es zu spät ist. Noch ist Zeit, den Herrn zu suchen, bis er kommt und Gerechtigkeit über uns regnen lässt.

Also, lasst uns miteinander Gerechtigkeit säen!
Ihr
Pfr. Martin Dubberke

Monatswort über den Monatsspruch aus Hosea 10, 12 für den Spener-Boten der Königin-Luise-Silas-Gemeinde für den Juli 2018