Manch einer sagt, dass Facebook und die anderen sozialen Medien oberflächlich und blabla sind. Heute las ich einen Post von einer Kollegin, die zwei Begriffe in die Runde gab: „Auf Augenhöhe“ und „sprachfähig“. Zwei Begriffe, die ihr immer weniger behagen würden und sie deshalb von uns erfahren wolle, wie wir das empfinden und vor allem, wie wir die beiden Begriffe deuten. Es gab schon eine Reihe von Kommentaren, als ich diesen Post sah, die alle ein kritisches Verhältnis zu diesen Begriffen hatten. Komisch, mir ging es anders und so schrieb folgenden Kommentar:
Ich bleibe am Begriff „auf Augenhöhe“ hängen. Dieser bedeutet für mich, eine bestimmte Haltung in einem Gespräch einzunehmen, die ich auch Zugewandtheit nennen kann. Es bedeutet für mich nicht, von einem Podest zu sprechen und dann davon herabzusteigen. Auf Augenhöhe bedeutet für mich, meinem Gegenüber beim Gespräch in die Augen schauen zu können. Das kann ein Kind sein, bei dem ich in Hocke gehe, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein. Das kann auch der alte Mensch im Rollstuhl sein, zu dem ich mich runterbeuge, um mit ihm auf Augenhöhe zu sein, wenn ich mich mit ihm unterhalte. Das kann auch bedeuten, dass ich von meinem Bürostuhl aufstehe, wenn ein Kollege mein Büro betritt, um mit mir zu sprechen. Bei all den Beispielen bedeutet „auf Augenhöhe“ Höflichkeit, Wertschätzung, Achtung, zugewandt sein.
Das gleiche betrifft auch meine Sprache. Dem anderen sprachlich auf Augenhöhe zu begegnen, heißt dann, dass ich mein Gegenüber nicht mit Sätzen und einer Wortwahl wie von Barth oder Mann zutexte, sondern verständlich spreche. Das ist eine hohe Kunst, die zuweilen für uns Theologen eine große Herausforderung darstellt. Und genau an dieser Stelle kommt für mich der Begriff der „Sprachfähigkeit“ ins Spiel. Sprachfähig ist für mich nicht der Mensch, der in schlauen, gedrechselten Sätzen mit einer Fülle von Fremdworten sprechen kann und rhetorisch das siebte Weltwunder ist, sondern, wer sich sprachlich auf sein Gegenüber einstellen kann. Das bedeutet für mich „sprachfähig“. Und auch hier handelt es sich wieder um das Thema Achtung, Wertschätzung und Zugewandtheit.
Eigentlich in beiden Fällen eine christliche Selbstverständlichkeit, die nicht solcher Begriffe bedarf.