Pfr. Martin Dubberke
Erntedank 2024 | © Bild: Martin Dubberke

Alles, was Gott geschaffen hat

Liebe Geschwister, können wir überhaupt noch dankbar sein? Sind wir überhaupt noch dankbar? Und wenn ja, wofür sind wir dankbar?

Wofür bin ich dankbar? – Diese Frage stellte mir vergangene Woche eine Journalistin für das Sonntagsblatt. Und so erzählte ich Ihr eine kleine Begebenheit aus dem Sommer. Weil es regnete, hatte ich mit ausnahmsweise eine Taxe bestellt und war nicht mit meinem Radl unterwegs. Während wir unterwegs sind, sage ich dass es doch für die Natur und auch die Landwirtschaft gut sei, dass es jetzt regnen würde. Der Taxifahrer, der sich mir als Bauer im Nebenerwerb zu erkennen gab, sagte dann, dass ich an diesem Tag der erste Fahrgast gewesen sei, der sich nicht über den Regen aufgeregt hätte, sondern dankbar sei. Und so antwortete ich mit den Worten: „Na, da können wir doch dem lieben Gott dankbar sein, dass er er‘s heute regnen lässt.“ Woraufhin von vorne aus tiefster Seele ein „Amen“ kam.

Wofür bin ich dankbar?

Wofür seid Ihr dankbar?

Ich bin dankbar für meine Frau, die seit bald zwei Jahrzehnten ihr Leben mit mir teilt.

Ich bin dankbar für unsere Söhne, die uns gut gelungen sind.

Ich bin dankbar für meine Gesundheit.

Ich bin sogar dankbar dafür, hier in dieser Gemeinde Pfarrer sein zu dürfen, auch wenn das nicht immer ein Honigschlecken ist.

Ich bin dankbar für manchen Gegenwind, weil der mich wissender macht, weil ich durch ihn neue Erkenntnisse und Einsichten gewinne.

Auch dafür, dass ich nicht hungern muss und in unserem Land in Frieden und Freiheit leben kann, bin ich dankbar.

Und ich bin noch für so vieles andere dem lieben Gott dankbar. Gott hat mich in einem Leben sehr reich beschenkt. Nicht reich an Geld. Gut, ich habe ein gutes Gehalt, aber das meine ich nicht. Man kann auch mit Geld sehr einsam dran sein. Dass es mir gut geht, ist keine Selbstverständlichkeit. Das macht mich dankbar und demütig, denn ich weiß ja, wem ich dafür dankbar sein darf, nämlich dem lieben Gott. Dass es mir, dass es meiner Familie gut geht, ist ein Geschenk Gottes, das ich wertschätze.

Und wie sieht es mit Euch aus?

Wofür seid Ihr dankbar?

Das ist jetzt keine rhetorische Frage, sondern vollkommen ernst gemeint. Wofür seid Ihr dankbar?

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Unser Altar ist heute wieder reich geschmückt. Im Vorfeld gab es die Frage, ob man denn auch Kekse und Schokolade dazustellen darf, weil die ja nicht auf dem Feld wachsen. Das Brot wächst ja auch nicht so einfach auf dem Feld. Aber, wenn wir gute Schokolade oder Kekse haben wollen, brauchen wir auch die Zutaten, die in Gottes wunderbarer Natur wachsen.

Wir schmücken den Altar mit den Früchten des Feldes, um zu zeigen, wofür wir alles dankbar sind und um zu sehen, was alles mit Gottes Hilfe gewachsen und geworden ist. Wie z.B. dieser Rosenkohl.

Ich persönlich liebe ja Rosenkohl. Rosenkohl ist mein Lieblingskohl. Und Rosenkohl erinnert mich auch an meine Kindheit, wenn meine Mutter Kartoffelbrei, mit Boulette – also Fleischpflanzerl – und Rosenkohl gemacht hat. Ich habe es geliebt, wenn das auf den Tisch gekommen ist.

Neulich hatten wir jede Menge Rosenkohl an der Tafel. Wir haben den wie Sauerbier angeboten. Keiner wollte die kleine Kohlkugeln haben. Die Menschen konnten nichts damit anfangen. Erst als ein paar ältere Frauen kamen, ging der Rosenkohl weg, weil sie wussten, wie man ihn kocht und was man so alles aus ihm machen kann.

Ja, es ist ein wenig mühsam, den Rosenkohl zu putzen. Das geht eben nicht so schnell wie eine Fertigpizza oder ein paar Nudeln mit Pesto.

Kochen ist aus meiner Sicht nicht nur etwas, um sich zu ernähren, sondern auch etwas, bei dem ich die Vielfalt der Schöpfung Gottes erfahren und begreifen kann. Kochen ist etwas, bei dem ich einen kleinen Teil von dem erfahren kann, was Gott damit gemeint hat, wenn im Schöpfungsbericht steht, dass das, was Gott sah, gut war.

Ich erkenne, wenn ich koche, wie weise Gott diese Welt geschaffen hat. Ein Kohl ist ein Kohl. Eine Kartoffel ist eine Kartoffel, Korn ist Korn, Apfel ist Apfel und Birne ist Birne.

Wenn ich so im Supermarkt an der Kasse stehe, schaue ich mir gerne an, was die Menschen vor mir aufs Band legen. Da sind echt spannende Lebensmittel dabei: Tiefkühlpizza, Fertiggerichte, Pizzabaguette, Chicken Nuggets, Fertigfleischpflanzerl, Proteinriegel… ach, die abenteuerlichsten Lebensmittel sind in der Regel im Wagen. Und wenn ich mir die Zutatenliste mancher Lebensmittel anschaue, habe ich das Gefühl, mir die Bestandsliste meines alten Chemiebaukastens anzuschauen.

Und damit komme ich nun endlich zum Predigttext aus dem Ersten Brief an Timotheus:

Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; 5 denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
1. Timotheus 4,4-5

Was ist der Hintergrund dieser Verse? – Warum könnte Paulus Timotheus diese Zeilen geschrieben haben? Ich lese Euch mal den Kontext vor:

1 Der Geist aber sagt deutlich, dass in den letzten Zeiten einige von dem Glauben abfallen werden und verführerischen Geistern und Lehren von Dämonen anhängen, 2 verleitet durch Heuchelei der Lügenredner, die ein Brandmal in ihrem Gewissen haben. 3 Sie gebieten, nicht zu heiraten und Speisen zu meiden, die Gott geschaffen hat, dass sie mit Danksagung empfangen werden von den Gläubigen und denen, die die Wahrheit erkannt haben.

In der Gemeinde sind einige Menschen unterwegs, die falsche Enthaltsamkeit predigen. Und mit dieser falschen Enthaltsamkeit ist eine große Gefahr verbunden. Sie führt am Ende dazu, dass die Menschen vom Glauben abfallen, dass sie Verführern anhängen und folgen, weil sie durch Heuchelei und Lügenredner verleitet und verführt werden. Ein Schelm, der jetzt an Politikerinnen und Politiker denkt.

Und natürlich geht es hier auch um die Ernährungsgebote, ob man wirklich alles essen kann oder ob man z.B. auf bestimmte Fleischsorten verzichtet.

Paulus ist da sehr eindeutig und auch sehr einfach gestrickt:

Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; 5 denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
1. Timotheus 4,4-5

Alles, was Gott in und auf seiner Erde hat wachsen lassen ist gut und deshalb darf ich es auch essen. Aber Achtung, es gibt noch ein ganz wichtiges Begleitprogramm: Ich sollte es mit Danksagung empfangen, weil es eben nicht selbstverständlich ist. Für meine Eltern und Großeltern gab es eine Zeit in unserem Land, in der das tägliche Brot nicht selbstverständlich war, in der das, was man mit den Lebensmittelmarken bekam, nicht reichte, um wirklich satt zu werden. Meine Oma sagte immer, wenn sie darüber sprach: „Zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben.“

Ich muss Euch nicht sagen, wie viele Regionen es in unserer Welt gibt, wo das tägliche Essen nicht selbstverständlich ist, wo der Hunger auf dem täglichen Speiseplan steht.

Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; 5 denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.
1. Timotheus 4,4-5

Paulus schreibt Timotheus, wenn er das die Menschen in seiner Gemeinde lehrt, wird er ein guter Diener Jesu Christi sein, genährt durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre, der er folgt.

Die Gaben Gottes mit Dankbarkeit zu empfangen, verändert unsere Lebenshaltung. Gerade gestern gab es pünktlich zum Erntedank in den Nachrichten die Meldung, dass Butter so teuer ist wie nie. Man spricht von einem Allzeithoch. Und was sind die Gründe dafür? Vor zwei Jahren war es der Krieg in der Ukraine. Und heute ist der Regen daran schuld. Das verfütterte Heu sei zwar durch den Regen reichlich gewachsen aber ohne Sonne und deshalb weniger nährstoffreich, was dazu geführt hat, dass der Fettgehalt der Rohmilch gesunken ist. Damit stecken in der Milch weniger Fett und Eiweiß. Die Kuh produziert also gewissermaßen Magermilch. Dann kommt die Blauzungenkrankheit dazu und noch ein paar andere Faktoren, wie z.B. die Hitzewellen. Kühe mögen es eher kühl und bei hohen Temperaturen drosselt ihr Körper die Milchproduktion. Die Milch oder die Butter stehen eben nicht selbstverständlich im Regal. Dass das so ist, hängt eben von vielen Faktoren ab.

Die Gaben Gottes mit Dankbarkeit zu empfangen, verändert unsere Haltung zu den Lebensmitteln. Die Dankbarkeit verändert unser Bewusstsein und lässt uns das, was auf unsere Tische und in unseren Magen kommt wertschätzen. Es macht uns nicht nur satt, sondern nährt uns aus.

Das Beispiel mit dem Butterpreis macht doch deutlich, dass auch wir Menschen uns gut ernähren müssen, wenn am Ende etwas Gutes dabei rauskommen soll. Wir wollen uns doch nicht an unseren Lebensmitteln, wie Martin Luther vor fünfhundert Jahren mal gesagt hat, den Tod anessen.

Die Dankbarkeit für das, was auf unseren Feldern wächst, lässt uns auch erkennen, wie wichtig der Frieden ist. Denn Krieg vernichtet die Felder, die Ernte, vergiftet die Böden. Wer dankbar für die Gaben Gottes ist, wird auch den Frieden suchen, den Frieden mit seinem Nächsten und damit am Ende auch zwischen den Völkern. Wer aufrichtig dankbar für die Gaben Gottes ist, wird nicht mehr engstirnig sein und nicht mehr nur seinen eigenen Horizont im Blick haben können.

Wer dankbar für die Gaben Gottes ist, wird keinen Futterneid entwickeln und damit nicht empfänglich sein für die Lehren des populistischen Egoismus, der so gar nichts mit dem zu tun hat, was wir glauben und wofür uns Jesus Christus die Augen geöffnet hat.

Wer dankbar für die Gaben Gottes ist, wird sich daran erinnern, dass Gott am Ende seines Schöpfungswerks gesagt hat, dass es sehr gut ist und für alle reicht. Wenn es jetzt nicht für alle reicht, dann wird daran deutlich, was wir falsch gemacht haben. Mit dieser Einsicht erkennen wir dann, wie dringend es geboten ist, umzukehren und sich auf die Gebote Gottes zu besinnen und sie aktiv zu leben, wenn wir Gottes Schöpfung nicht endgültig an die Wand fahren wollen.

Und so, wie wir diese Erntegaben, die unseren Altar heute schmücken, mit der Tafel teilen, so sollten wir auch unseren Glauben mit allen Menschen teilen, denn die Früchte unseres Glaubens nähren die Welt mit Liebe, Freiheit und Frieden. Amen.

Euer

Pfr. Martin Dubberke

Predigt am Erntedanksonntag, 6. Oktober 2024, über 1. Timotheus 4,4-5, Perikopenreihe VI, in der Johanneskirche zu Partenkirchen

Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke
Pfarrer Martin Dubberke | Bild: Johannes Dubberke

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