Liebe Geschwister, die Heilige Nacht ist da und Ihr seid von zu Hause oder aus Euren Ferienwohnungen oder Hotels zu uns in die Johanneskirche gekommen. Eure Wege sind den Glocken gefolgt, so wie die drei Weisen aus dem Morgenland dem Stern zur Krippe gefolgt sind. So, wie die Hirten einst dem Ruf der Engel gefolgt sind. Nun seid Ihr hier in der Wärme unserer Kirche angekommen, schaut auf unseren wunderschönen Christbaum und die Krippe, die wir als Symbol für die Geburt Jesu Christi mitten in unsere Welt und Wirklichkeit hinein vor dem Altar aufgebaut haben.
Ihr seid jetzt hier, ganz bei dem Kind, von dem wir uns seit mehr als zweitausend Jahren so viel erhoffen. Wir kommen hierher mit all unserer Sehnsucht, mit all unserer Hoffnung, all unseren romantischen Vorstellungen, die geprägt sind durch unsere Kindheit, durch romantische Weihnachtsfilme, wie sie die vergangenen Wochen im Fernsehen gelaufen sind und auch noch ein paar Tage laufen werden. Weihnachten ist wohl das romantischste Fest, das wir kennen. Ein Fest, das uns zu Herzen geht. Und das ist auch gut so, weil Gott durch Jesus Christus unsere Herzen, unser Innerstes erreichen möchte, um uns damit in Bewegung zu setzen, damit wir mit ihm gemeinsam das Gute in dieser Welt bewirken.
Ja, Weihnachten ist das romantischste Fest und damit geht von der Heiligen Nacht eine ganz besondere Energie auf uns Menschen über, eine Energie, die wir brauchen, um in dieser Welt zu leben und überleben zu können, in ihr zu bestehen.
Die Heilige Nacht ist aber auch zugleich der vollkommene Kontrast zu der Welt, in der wir leben. Und das ist nicht nur heute der Fall, sondern war auch schon so vor 2025 Jahren, als Jesus in einem Stall in Bethlehem geboren wurde und Gott in dieser Nacht Mensch wurde.
Und genau darin liegt die besondere Bedeutung dieser Nacht. Es ist eine Nacht der Befreiung. Diese Nacht ist eigentlich der Beginn einer Revolution, eines globalen Herrschaftswechsels. Diese Nacht hat die Macht uns von der Nacht zu befreien, die uns umgibt.
Wir haben es ja gerade erst gesungen:
Tochter Zion freue dich,
jauchze laut Jerusalem!
Sieh, dein König kommt zu dir,
ja, er kommt der Friedefürst,
Tochter Zion freue dich.
Ich weiß nicht, wie es Euch gerade geht. Ich fühle mich an den Einzug Jesu in Jerusalem erinnert. Als die Menschen begeistert seinen Einzug als Einzug eines Königs feierten. Und Jesus ist dieser König, der uns befreit, wenn wir mit ihm mitziehen, wenn wir ihm nachfolgen.
Die Wurzel dieses Liedes findet sich beim Propheten Sacharja. Von ihm stammt auch der der Predigttext, der für heute Nacht vorgesehen ist, ein Text, der in unserer Luther-Bibel mit den Worten „Das Geheimnis des Glaubens“ überschrieben ist:
Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR. Und es sollen zu der Zeit viele Völker sich zum HERRN wenden und sollen mein Volk sein, und ich will bei dir wohnen. – Und du sollst erkennen, dass mich der HERR Zebaoth zu dir gesandt hat. – Und der HERR wird Juda in Besitz nehmen als sein Erbteil in dem heiligen Lande und wird Jerusalem wieder erwählen. Alles Fleisch sei stille vor dem HERRN; denn er hat sich aufgemacht von seiner heiligen Stätte!
Sacharja 2,14-17
Die Tiefe dieses Textes erschließt sich aus der historischen Situation, in der Sacharja diese Worte aufgeschrieben hat. Es war die Zeit um 520-518 vor Christus. Das Volk Israel war aus dem Exil zurückgekehrt und lebte in einer Phase der Unsicherheit und des Wiederaufbaus. Sacharja spricht in eine müde, enttäuschte Stadt hinein: Heimkehr nach dem Exil, aber nichts ist so glänzend, wie man es erhofft hatte. Jerusalem ist klein, arm und bedroht, der Tempel eine Baustelle, die Herzen sind voller Fragen: Ist Gott wirklich noch bei uns?
Ja, auch wir stellen uns heute die Frage, ob Gott noch bei uns ist. Aber soll ich Euch was verraten? Gott ist bei uns. Die Frage, die sich uns heute stellt, ist doch eher die, ob wir bei Gott sind.
Damals wie heute ruft uns Sacharja zu:
Freue dich und sei fröhlich, du Tochter Zion! Denn siehe, ich komme und will bei dir wohnen, spricht der HERR.
Er will unter uns wohnen und durch die Geburt Jesu Christi, durch seine Menschwerdung wohnt er schon längst mitten unter uns, die wir uns besonders in diesen Zeiten schwach, angefochten und den Zeiten ausgeliefert fühlen, einer Zeit, in der unsere Sehnsucht nach Frieden uns manchmal schmerzt.
Gott ruft in dieser Nacht weltweit allen Menschen in Erinnerung, dass er bei uns ist. Und das darf uns Mut machen. Wir sind nicht allein. Und das können wir in der Power, die in der Melodie des Liedes „Tochter Zion“ steckt spüren. Die Kraft und die Zuversicht, die Freude über das Versprechen Gottes fühlen wir, wenn wir dieses Lied singen, dieses wunderbare Mut machende Lied. Und genau darin liegt das Geheimnis des Glaubens, die Kraft die aus der Freude kommt, dass Gott mitten unter uns wohnt.
Inmitten einer zerrissenen Welt singen wir von einem König, der nicht mit Gewalt kommt, sondern als Friedefürst. Es mag sein, dass uns das „Freue dich“ nach Nachrichten von Krieg, Terror, persönlichen Krisen vielleicht nicht so leichtfällt. Aber der Predigttext erinnert: Die Freude gründet nicht in unseren Umständen, sondern in Gottes Entscheidung, bei uns zu wohnen.
In dieser Heiligen Nacht sind alle Menschen, die in dieser Nacht, ihrer Sehnsucht und ihrer Freude über Gottes Entscheidung unter uns Menschen zu wohnen, dem Ruf der Glocken in die Kirchen dieser Welt gefolgt sind, miteinander vereint. Unser Glaube, unsere Sehnsucht und das Versprechen Gottes unter uns zu wohnen eint uns über jede Nationalität hinweg. Das ist es, was Sacharja meint, wenn er sagt:
Und es sollen zu der Zeit viele Völker sich zum HERRN wenden und sollen mein Volk sein, und ich will bei dir wohnen.
Genau daran werden wir in dieser Heiligen Nacht erinnert, dass in der Krippe eine andere Herrschaft beginnt – leise, aber unaufhaltsam.
Amen.
Pfarrer Martin Dubberke
Predigt in der Christmette in der Heiligen Nacht – am 24. Dezember 2025 in der Johanneskirche zu Partenkirchen, Perikopenreihe II mit einer Predigt über Sacharja 2,14-17.
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