Pfr. Martin Dubberke

Eine Gardinenpredigt

Sie wissen, was eine Gardinenpredigt ist? Da steht man in der Regel als Kind vor seiner Mutter oder seinem Vater und dann wird einem gesagt, was man alles falsch gemacht hat, obwohl einem doch gesagt worden ist, wie man es richtig zu hätte.

Und dann steht man da so und dann gibt es immer mehrere Varianten, wie man damit umgeht. Zum einen Wegducken und Weghören, also einfach über sich ergehen lassen wie einen Regenschauer, der über einen kommt. Danach geht man dann weiter, als sei nichts gewesen. Dann gibt es noch die Möglichkeit, es sich zu Herzen zu nehmen, weil man einfach Angst davor hat, beim nächsten Mal nicht nur eine Gardinenpredigt hören zu müssen, sondern vielleicht harte Strafen zu bekommen. Und schließlich gibt es dann noch die Einsicht, wenn man erkennt, dass man wirklich Mist gebaut hat und Muttern ja recht hat, weil sie schon immer gesagt hat, dass man das nicht tun soll.

Das ist eine Erfahrung, die – ich bin mir sicher – jeder von uns schon gemacht hat. Und soll ich Ihnen was verraten, solche Gardinenpredigten gibt es auch in der Bibel. Und die Losung von heute, stammt aus so eine Predigt:

Das alles hast du dir doch selbst bereitet, weil du den HERRN, deinen Gott, verlässt, sooft er dich den rechten Weg leiten will.  Jeremia 2,17 

Ich weiß gerade nicht, mit welcher Seite es leichter fällt, sich zu identifizieren: Mit der des Gardinenpredigers oder des Empfängers dieser Predigt.

Versuchen wir es mit der Seite des Predigers. Der klingt so, als wäre er schon ziemlich sauer und seine Geduld mächtig strapaziert, weil es nicht das erste Mal ist, dass er so ein erstes Gespräch führen muss. Als Eltern oder leitende Mitarbeitende kennen wir alle solche Situationen. Und hier hört es sich ja auch schon so an, als wäre er mit seiner Geduld ziemlich am Ende. Dabei meint man es doch so gut mit dem anderen. Nicht umsonst heißt es bei Jeremia „sooft er dich auf den rechten Weg leiten will.“

Wollen wir mal schauen, wem hier die Gardinenpredigt gehalten wird? – Es ist kein einzelner Mensch, sondern gleich ein ganzes Volk, dem hier gewaltig der Kopf gewaschen wird.

Nebenbei gesagt, bei Jeremia wird dem Volk Israel über ganze fünf Kapitel der Kopf gewaschen. Die Theologen nennen das „Gerichtsworte“. Geholfen hat es aber nichts. Am Ende wird Jerusalem von den Babyloniern erobert.

Der Lehrtext aus Matthäus 7, 27 bringt die Konsequenz ganz deutlich auf den Punkt:

Jesus sprach: Wer meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute.  

Und damit komme ich wieder an den Anfang: Das kleine Kind und die Gardinenpredigt. Manchmal sind wir Menschenkinder  – und damit meine ich die Erwachsenen – so sehr auf unseren eigenen Kopf und Willen bedacht, dass wir taub sind für das Wort Gottes und die Mahnung Jesu und alles, was wir geschafft und aufgebaut haben, dafür riskieren. Dabei könnten wir aus der Geschichte Gottes mit seinem Volk soviel lernen. Und ich frage mal ganz ehrlich: Wer will schon von den Babyloniern erobert werden?

Morgenandacht für die Leitungsrunde der DMA im LAFIM am 20. November 2014