Pfr. Martin Dubberke
Passionsnotiz Nr. 36 | Bild: Martin Dubberke

Anfechtungen

Inzwischen liegen sechsunddreißig Tage Fastenzeit hinter uns. Wir nähern uns allmählich der Vierzig-Tages-Grenze. Damit möchte ich dich und mich heute an die Geschichte von Jesu Fasten in der Wüste erinnern. Vierzig Tage hatte er in der Wüste gefastet, war allein. Die einzige Anfechtung, die es gab – wenn ich jetzt mal von mir ausgehe – war die vorzeitige Heimkehr.

Erst nach vierzig Tagen stand der Versucher vor Jesus und hielt ihn nun wohl für eine leichte Beute. Aber weit gefehlt. Der Versucher, ein absoluter Profi auf seinem Gebiet, hatte nicht mit der Präsenz, dem starken Willen und vor allem nicht mit seiner Loyalität Gott gegenüber gerechnet. Unverrichteter Dinge musste er sich aus dem Staub machen.

Wie ist es denn eigentlich dir ergangen? Hast du schon Besuch vom Versucher gehabt?

Nein? Das glaube ich dir nicht. Komm, lüg‘ mich nicht an. Ich sehe es an deinen Augen. – Ach, du meinst, ich soll zuerst liefern? Na gut. Ja, natürlich gab es Momente, in denen ich versucht war, etwas von den Dingen zu brechen, die ich mir vorgenommen hatte. Der Duft von Lakritze ist schon eine Versuchung, wenn auch keine glaubensentscheidende, aber das Gefühl, dem Duft und damit dem Naschen zu widerstehen, das gab und gibt mir ein bescheidenes Gefühl von Stärke. Ich bin selbst überrascht, wie leicht es mir dieses Mal fällt, mein Fastenversprechen zu halten.

Was, Du meinst, ich sei ein Heiliger? Das meinst du nicht ernst. Nein, weißt, du, die eigentliche Herausforderung, die kommt ja erst nach Ostern.

Wie, das verstehst du nicht?

Na, das ist doch ganz einfach. Während der sieben Wochen leben wir doch ohne die Dinge, die nicht gut für uns sind, von denen wir aber glauben, dass wir ohne sie nicht können. Während dieser Zeit, haben wir den Schutz der Fastenzeit. Wenn uns ein Versucher am Wegesrand begegnet und eine leckere Currywurst oder einen guten Wein oder unsere Lieblingsschokolade anbietet, dann lächeln wir ihn freundlich an und sagen: „Nein, Danke! Sieben Wochen ohne.“ Der Versucher lächelt verständnisvoll bewundernd zurück und sagt: „Verstehe.“ Aber insgeheim denkt er, still nach innen lächelnd: „Meine Zeit wird kommen.“

Während der sieben Wochen entwickeln wir das Gefühl, auch danach ohne leben zu können. Unser Selbstbewusstsein wächst in dieser Zeit. Doch mit Ostern fängt die eigentliche Zeit der Herausforderung, der Versuchung, der Bewährung an, im neuen Leben auch neu zu leben.

Jesus antwortete damals dem Versucher, dem Satan, als er ihn nach vierzig Tagen Fastenzeit in der Wüste versuchte:

Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen. Da verließ ihn der Teufel. Und siehe, da traten Engel zu und dienten ihm. Matthäus 4, 10f

Wenn wir uns in der Situation der Versuchung daran erinnern, wird es auch uns gelingen, den Versucher in die Flucht zu schlagen.

Passionsnotiz Nr. 36 vom 5. April 2017