Pfr. Martin Dubberke

Wer nur den lieben Gott lässt walten…

Gedanken zu Losung und Lehrtext vom 26. September 2011

Losung

HERR, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind sehr tief.
Psalm 92,6

Lehrtext

Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen?
Römer 9,21

„Wie schön ist es, dem Herrn zu danken, deinen Namen Du Höchster zu singen.“ So beginnt der Psalm, aus dem die Losung stammt.

Der Psalmsänger ist tief erfüllt von Dankbarkeit, von fröhlicher Dankbarkeit. Zur zehnsaitigen Laute, Harfe, zum Klang der Zither singt der Psalmist sein Gotteslob: „Denn du hast mich durch deine Taten froh gemacht; Herr, ich will jubeln über die Werke deiner Hände.“

Das ist ganz große Oper.

Der Psalmist hat ein tiefes Tal durchschritten. Er deutet das eher in Floskeln an, als dass er ins Detail geht: Menschen ohne Einsicht, Frevler, Feinde. Alles Leute, den Gott Einhalt geboten hat. Und der Sänger hat es überlebt, weil Gott ihn stark wie einen Stier gemacht und mit frischem Öl gesalbt hat.

Alle Stärke kommt her von Gott dem Herrn. „HERR, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind sehr tief.“

Die Sache mit Gott ist nichts, was so einfach mal an der Oberfläche stattfindet, sondern sie geht tiefer. Sie durchdringt alle Dimensionen unseres Lebens.

Der Böse, denkt nicht weiter. Das kann ich Ihnen aus jahrelanger Arbeit mit gewalttätigen Menschen bestätigen. Ich habe da Männer kennengelernt, die hatten mit Mitte zwanzig dreißig Vorstrafen. Sie haben nie weiter gedacht als maximal bis zur nächsten Tat. Das macht sie gefährlich aber auch zugleich verletzbar. Plötzlich sind sie vierzig und haben die vergangenen zwanzig Jahre fast ausschließlich im Knast verbracht, haben nicht gesehen, wie ihre Kinder aufgewachsen sind, sind alleine in ihren Betten eingeschlafen. Das Leben findet auf zwei mal vier Metern Fläche statt.

So einem Menschen mangelt aus vielerlei Gründen an Einsicht. Er kann nicht erkennen, wie groß die Werke Gottes sind und wie tief die Gedanken Gottes sind. Hätte er es gekonnt, wäre er wohl nicht im Knast gelandet.

An dieser Stelle stolpere ich über den Lehrtext aus Römer 9, 21: „Hat nicht ein Töpfer Macht über den Ton, aus demselben Klumpen ein Gefäß zu ehrenvollem und ein anderes zu nicht ehrenvollem Gebrauch zu machen?“

Bedeutet das, der Mann im Knast hat nicht im Geringsten die Chance, aus dem Teufelskreislauf herauszukommen? Sollte es wirklich so sein, wie viele Täter es gerne sagen: „Ich bin unschuldig. Es ist einfach über mich gekommen.“

Ich stoße mich an dieser Aussage von Paulus, weil diese doch eigentlich heißt: Buße ist überflüssig, weil das Gefäß zu nicht ehrenvollem Gebrauch geschaffen wurde…

Nein, und hier sieht man mal wieder, wie gefährlich es sein kann, wenn man so einen Vers, losgelöst vom Kontext lesen würde. Auch hier bei Paulus geht es wieder um die großen Taten Gottes und die Tiefe seiner Gedanken. Es hat wenig Sinn, mit Gott zu rechten, denn der Mensch ist ein Geschöpf Gottes. Der Mensch – wie ein tönernes Gefäß aus einem Klumpen Erde von Gott geschaffen und durch seinen Odem zum Leben erweckt – kann den Spieß nicht umdrehen und Gott die Welt erklären.

Gott ist der Töpfer und er entscheidet über den Ton.

Und darin wird der große Unterschied deutlich: Gott denkt tiefer. So tief kann kein Mensch denken. Bei allem, was Gott tut, denkt er sich etwas und unser Job ist es, im Gebet, im Lesen der Schrift, im tiefen Glauben, die Dimension der Tiefe der Gedanken Gottes auszuloten und erfahrbar zu machen.

Nichts, absolut nichts im Leben ist selbstverständlich, auch nicht das Erbarmen Gottes. Ich muss mich mit Haut und Haaren auf Gott einlassen. Und genau diese Erfahrung hat der Beter unseres Psalms gemacht. Auch er war ungeduldig in seiner Not und machte Druck. Gott sollte sofort da sein und sofort das tun, was er von ihm wollte. Doch so geht es nicht, ich kann mit Gott nicht rechten, ihm nichts vorschreiben, sondern ich kann nur in Demut und in Anerkennung seiner Größe darum bitten.

Ob er es tut oder nicht, liegt allein in seiner Hand. Und wie meine Söhne, meine Hand suchen, wenn Gefahr droht, weil ein Hund in der Nähe ist, so suche auch ich immer wieder die Hand meines Gottes, mit Bitte mich zu leiten und zu bewahren. Wer nur den lieben Gott lässt walten. AMEN.