Pfr. Martin Dubberke

…und schon ist wieder alles in Ordnung

Ich weiß nicht mehr, wie alt ich war, als mich meine Mutter zum ersten Mal alleine in den Keller schickte. Ich sollte noch etwas Holz für den Ofen holen. Sie drückte mir den Schlüssel in die Hand und ich musste zum ersten Mal alleine in den Keller, den dunklen Keller, den unheimlichen Keller. Schon allein die Stahltür mit ihren scharfen Kanten und Stellen, die von den Bombensplittern herrührten war mir nicht geheuer. Sie musste mit einem Backstein gesichert werden, damit sie nicht zufiel, bevor man im Keller den Lichtschalter erreicht hatte und man ganz im Finstern stand. Es war ein langer Keller der mehrere Häuser miteinander verband. Und es konnte leicht passieren, dass jemand aus einem der anderen Häuser auch in den Keller kam, ihn wieder verließ und dann das Licht ausschaltete. Denn das Licht konnte immer nur für den ganzen Keller ein- oder ausgeschaltet werden und dann stand man in der Finsternis. Und genau das passierte mir an jenem Tag. Und  schon spielten sich in meinem fantasiebegabten Kopf wahre Horrorszenarien ab, alle heimlich durch das Schlüsselloch mitgeguckten Drakulafilme entfalteten nun ihre Wirkung, während ich mich durch das pechschwarze Dunkel zur Tür tastete, mein Herz vor Angst pochte und ich immer vorsichtig fragte: „Ist da jemand?“

Irgendwie musste ich an diese alte Geschichte denken, als ich die Losung für heute las:

«Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst, und er antwortete mir.» Jona 2,3

Als Jona zum Herrn rief, saß er im dunklen Bauch des Walfisches. Und er muss eine wahnsinnige Angst gehabt haben, in diesem Fisch zu verrecken und verdaut zu werden. Er wollte noch nicht sterben.  Drei Tage und drei Nächte verbrachte er im Bauch des Wahlfisches. Er schrie und jammerte, fühlte sich verlassen, hilflos, ohnmächtig.

Ich glaube, solche Situationen kennt jeder von uns. Es muss nicht unbedingt der dunkle Keller oder Wahlfischbauch sein. Es gibt viele Situationen in unserem Leben, in denen wir mit unserer eigenen Ohnmacht konfrontiert werden, wir uns überfordert fühlen, wo uns zum Schreien zu Mute ist.

Und was ist dann mit der Antwort? Eigentlich ist die ganz einfach. Wir müssen uns nur einmal Jonas Gebet vollständig anhören:

Jonas Gebet

Aber der HERR ließ einen großen Fisch kommen, Jona zu verschlingen. Und Jona war im Leibe des Fisches drei Tage und drei Nächte. Und Jona betete zu dem HERRN, seinem Gott, im Leibe des Fisches und sprach: 

Ich rief zu dem HERRN in meiner Angst und er antwortete mir. Ich schrie aus dem Rachen des Todes und du hörtest meine Stimme. Du warfst mich in die Tiefe, mitten ins Meer, dass die Fluten mich umgaben. Alle deine Wogen und Wellen gingen über mich, 

dass ich dachte, ich wäre von deinen Augen verstoßen, ich würde deinen heiligen Tempel nicht mehr sehen. Wasser umgaben mich und gingen mir ans Leben, 

die Tiefe umringte mich, Schilf bedeckte mein Haupt. Ich sank hinunter zu der Berge Gründen, der Erde Riegel schlossen sich hinter mir ewiglich.  

Aber du hast mein Leben aus dem Verderben geführt, HERR, mein Gott! 

Als meine Seele in mir verzagte, gedachte ich an den HERRN, und mein Gebet kam zu dir in deinen heiligen Tempel. Die sich halten an das Nichtige, verlassen ihre Gnade. 

Ich aber will mit Dank dir Opfer bringen. Meine Gelübde will ich erfüllen dem HERRN, der mir geholfen hat. 

Und der HERR sprach zu dem Fisch und der spie Jona aus ans Land. 

Haben Sie es gemerkt? Ja, sicherlich, Jona hat innegehalten. Er hat mit dem Gebet sein Leben mit Gott Revue passieren lassen. Und ihm wurde dabei bewusst, dass Gott ihn immer wieder in seinem Leben gerettet hat, dass Gott immer in seiner Nähe war. Und er stellte noch etwas fest: Wer sich an das Nichtige hält, der verlässt die Gnade. Das Nichtige, das Oberflächliche, das Unwesentliche – auch wenn wir uns immer wieder gerne über Nichtigkeiten aufregen. Aber die Nichtigkeiten sind nicht das, worauf es ankommt. Im Mittelpunkt steht der Dank, weil nichts selbstverständlich ist.

Also, halten wir fest: Wenn ich in eine Situation gerate, die Angst  bei mir auslöst, dann ist das ok, dass ich Angst bekomme. Wenn ich Angst bekomme, dann ist es gut, innezuhalten, sich nicht an Nichtigem zu orientieren, sondern zu überlegen, wie es sonst war, wenn ich Angst bekommen habe?  Welchen Weg hat mir Gott dann eröffnet? Wir können es auch Beten nennen oder das Gespräch mit Gott suchen. Und was dann passieren kann, das sehen wir ja beim guten Jona: Der Wal spuckt ihn aus und schon ist wieder alles in Ordnung. Wenn das keine gute Botschaft ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

Amen.