Pfr. Martin Dubberke

Mehr Gottvertrauen als Angst

Meine früheste Erinnerung an Angst, ist eine Folge von „Mit Schirm, Charme und Melone“. Ich weiß gar nicht mehr, wie alt ich damals gewesen bin. Das war so eine Folge, in der es so einen Robotermenschen gab, vor dem man nicht fliehen konnte. Mit seinem Stahlarm durchschlug er jedes Hindernis. Und so träumte ich dann auch von ihm. Ich erinnere mich noch, wie ich ihn im Traum kommen höre und vor ihm versuchte zu fliehen. Aber wohin ich auch floh, fand er mich. In meiner Verzweiflung floh ich in den mit Angst besetzten Keller mit seiner Stahltür, in der noch immer die scharfen Spuren der Bombensplitter zu sehen und zu fühlen waren. Doch auch diese von Bomben nicht in die Knie gezwungene Stahltür öffnete er als sei sie aus Butter. Ich floh durch den dunklen Gang in den noch dunkleren Keller und versuchte mich hinter den Kohlen zu verstecken. Als er vor der aus Latten bestehenden Kellertür steht und ich das Beil als letzte Hoffnung mit meinen beiden kleinen Händen umschließe, steht plötzlich meine große Schwester neben mir und rettet mich. Ich weiß nicht mehr wie sie es angestellt hat, aber sie tut es.

Die Folge? Ich habe mich nicht mehr alleine in den Keller getraut und für lange Zeit ist ein Unwohlsein zurückgeblieben, sich in dunkle Räume zu begeben.

Das Unwohlsein kann man auch Angst nennen. Angst ist ein wichtiges Signal, das uns das Überleben sichern soll. Und häufig bin ich in meiner Angst scheinbar alleine. Es gehört zu uns Menschen, dass wir nicht gerne darüber reden, weil wir – genau – weil wir Angst davor haben, als schwach durchzugehen. Dabei ist unsere Angst etwas, was uns eigentlich auszeichnen und adeln sollte. Doch stattdessen gibt es  Menschen, die einen als Angsthasen bezeichnen. Solche Menschen ignorieren  ihre Angst kaltschnäuzig, was am Ende des Tages gefährlich sein könnte.

Wir erinnern uns an das, was ganz am Anfang der Bibel steht, als Gott die Erde schuf. Jedes Mal, wenn er einen weiteren Meilenstein seines Mammutprojekts Erderschaffung erreicht hatte, heißt es: Und Gott sah, dass es gut war.

Das bedeutet ja, dass alles von ihm perfekt durchdacht und perfekt gemacht war. Und wenn der Mensch perfekt angelegt war oder ist, gehört auch die Angst als eine Gabe dazu. Es hat also einen Sinn, dass uns Gott damit ausgestattet hat.

Und dann gibt es aber noch etwas, das uns Gott mit auf den Weg gegeben hat, dass wir im Grunde keine Angst vor der Angst zu haben müssen, weil es ja ihn gibt. Und an der Stelle kommt jetzt Psalm 23, aus dem die Losung stammt, zum Tragen:

Ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Psalm 23,4

Jetzt können Sie natürlich fragen: „Warum pflanzt er dann die Angst in uns, wenn wir sie eigentlich nicht brauchen?“

Stimmt. Sie könnten mit der Frage fast Recht haben. Die Angst ist ein wichtiges Regulativ. Es kann uns davor bewahren, übermütig und gottvergessen zu werden.

Paulus bringt das mit seinem Lehrtext sehr schön auf den Punkt:

Wir sind bedrängt, aber nicht in die Enge getrieben, ratlos, aber nicht verzweifelt, verfolgt, aber nicht verlassen. 2. Korinther 4,8-9

Es gibt so viele Situationen, in die wir Menschen geraten können. Man kann uns Christen bedrängen, wir können ratlos sein, wir können verfolgt sein. Das ist alles schlimm, und es passiert uns immer wieder. Aber warum überleben wir das? Weil uns der Glaube, das Wissen um Psalm 23,  dass es jemanden gibt, der uns mit Stecken und Stab tröstet und aus der Bedrängnis herausführt, der mich nicht verzweifeln lässt und mich nicht verlässt.

Gott taucht immer da auf, wo ich schon fast nicht mehr mit ihm gerechnet habe. Das ist genauso wie in meinem Traum, den ich am Anfang geschildert habe. Und genau das sind die Momente, in denen ich mich frage, warum meine Angst gerade stärker war als mein Gottvertrauen…

Und mit dieser Frage schicke ich Sie nun in den Tag.

Amen.

Morgenandacht über Losung und Lehrtext am 29. Januar 2015 im LAFIM